Ein "Weibliches Multiversum" gibt es jetzt im Domherrenhaus zu entdecken. Die Verdenerin Belinda di Keck hat es errichtet und zeigt damit Ausschnitte aus 30 Jahren ihres künstlerischen Schaffens. Die Besucher erwartet, so di Keck, "eine Zeit- und Gedankenreise von den Urmüttern aus dem Paläolithikum über Göttinnen des alten Ägypten, der Antike und der Mythen bis in die heutige Zeit".
Für Frauke Müller, die vor zwei Monaten die Leitung des historischen Museums aus den Händen des scheidenden Museumschefs Björn Emigholz übernahm, ist diese Ausstellung sozusagen die erste offizielle Amtshandlung. Und darüber freue sie sich gleich doppelt: "Zum einen ist es sehr erfreulich, dass die Veranstaltung, die zweimal verschoben werden musste, endlich stattfinden kann." Zum anderen sei es schön, dass ihre neue Aufgabe gerade mit einer Bilderausstellung beginne, findet die studierte Kunstwissenschaftlerin, die viele Jahre lang Ausstellungen bedeutender Künstler in verschiedenen großen Betrieben organisierte. In der Reihe "Blue Thursday" hatte sie seit 2015 auch im Domherrenhaus verschiedene Künstler vorgestellt, und so war ihre Beziehung zu dem musealen Kleinod entstanden, in dem sie jetzt Hausherrin ist.
Große Finissage geplant
"Schade, dass wir keine schöne Vernissage haben können", sind sich Belinda di Keck und Frauke Müller einig. "Aber dafür soll es eine große Finissage geben", ergänzt die neue Chefin. Denn die Ausstellung solle bis zum 24. April bestehen und bis dahin werde sich die Lage hoffentlich entspannt haben. Im Zuge der Ausstellung soll es verschiedene Angebote geben, wie zum Beispiel ein Bildersuch-Rätsel für Kinder, verschiedene kreative Ferienpass-Angebote sowie Gruppenführungen zu unterschiedlichen Themen. Geplant ist auch das Kulturevent „Sternenklang und Farbenspiel“, bei dem Belinda di Keck live zur Musik des Hang und anderer Klanginstrumente, gespielt von Otto Maier, malen wird.
Die Bandbreite der Exponate reicht von winzigen Treibholzskulpturen, wie zum Beispiel einem kleinen Boot, dass über die Todeslinie des Styx treibt, bis hin zu großen, leuchtenden Ölgemälden. Kleine Frauenporträts aus aquarellierten Kugelschreiber-Zeichnungen, Göttinnen-Köpfe aus verschiedenen Materialien und geschnitzte hohe Holzskulpturen voll mythischer Symbolik sind den thematischen Abteilungen "Kraft", "Seele", "Liebe" und "Magie" zugeordnet.
Recherche auf dem Nil
Bildnisse der geheimnisvollen Urmütter aus aller Welt sowie Göttinnen-Bilder antiker Gesellschaften zeigen "die Verwurzelung der Frauen in der Geschichte", erläutert di Keck, die für ihre Recherchen unter anderem eine Nilkreuzfahrt unternommen hat und in zahlreichen historischen Tempeln unterwegs war. "Es war mir wichtig zu zeigen, dass es in allen Kulturen ähnliche Entwicklungen in der Göttinnenwelt gegeben hat." In den ältesten Fassungen der Bibel sei selbst Maria noch als Himmelsgöttin benannt gewesen.
"Die Liebe zwischen den Menschen ist untrennbar mit der Liebe zur Schöpfung verbunden", ergänzt sie. "Darum werden die Göttinnen in meinen Bildern als lebensfreundlich und eins mit der Natur gezeigt."
Wie eine Sonne erstrahlt ein Mandala-artiges Gemälde, dessen Zentrum ein kleiner Fötus bildet. Die Ornamente sind bei näherem Hinsehen kleine Morulae und Blastocysten, die frühesten embryonalen Stadien der menschlichen Entwicklung.
Leuchtend helle Göttinnendarstellung
Spannend und auch künstlerisch wirklich gelungen ist eine leuchtend helle Göttinnendarstellung vor rotem Hintergrund, deren Unterleib der Kopf einer Löwin ist. Ihr Titel "Die Lichtbringerin" lenkt den Betrachter aus der so naheliegenden Vorstellung der "Vagina Dentata", dem Mythos der bezahnten Vagina, in eine freundlichere Richtung. Solche und ähnliche Symbolik steht in vielen Bildern im Vordergrund, so auch bei der "Begegnung mit den Ahninnen", in der die vorherigen Frauen-Generationen wie mit leuchtenden Tentakeln mit ihren Nachkommen verbunden sind. "Vor dem Malen dieser Bilder bin ich in Meditation gegangen", erklärt di Keck, "und danach habe ich es einfach fließen lassen".
Sich selbst sieht sie als eine reinkarnierte Seele. Insofern gehe ihre Wahrnehmung, ihr Leben und ihr Bewusstsein über das Irdische hinaus. "Durch meine Bilder treten immer wieder Energien aus anderen Ebenen durch", weiß di Keck, und das solle für den Betrachter zu spüren sein.
Leben in verschiedenen Universen
Den Titel "Multiversum" habe sie gewählt, weil ihr zum einen die Theorie plausibel scheine, dass viele Universen parallel nebeneinander existieren, und weil zum anderen die Frau selbst als Tochter und Mutter, als Liebende und Schaffende in vielen verschiedenen Universen lebe.
Das Multiversum Belinda di Kecks kann zu den Öffnungszeiten des historischen Museums bis zum 24. April besucht werden. Termine für Führungen werden auf der Internetseite www.domherrenhaus.de angekündigt.
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