Die Menschen runter vom Sofa und hinein ins Restaurant zu holen, wo sie mit Freunden zusammenkommen, gemeinsam Spaß haben und das Essen genießen können – das ist laut Gördt Glander, dem Vorsitzenden des Dehoga-Kreisverbands Verden, das Ziel eines jeden Gastronomen. Und dafür lebt auch er. Doch ganz so einfach ist es momentan nicht, regelmäßig gibt es neue Corona-bedingte Restriktionen für das Gastronomiegewerbe. Derzeit gilt die 2G-plus-Regel für Menschen, die noch nicht geboostert sind, oder alternativ eine maximale Platzbelegung von 70 Prozent.
Viele der Gäste des Restaurants im Hotel Höltje seien stark verunsichert, berichtet Glander. Erst seien etliche der bereits gebuchten Weihnachtsfeiern abgesagt worden, dann habe es Absagen für Tischreservierungen an Weihnachten gegeben. Eine Auslastung von über 70 Prozent könnten aktuell die wenigsten Gastronomen erreichen, weshalb für die meisten Betriebe, seinen eingeschlossen, die 2G-plus-Regel gar nicht in Kraft treten müsse.
Schlimmer als 2G-plus, beziehungsweise die 70 Prozent-Auslastung, sei, dass man keine größeren Gesellschaften bewirten dürfe, klagt Glander. Maximal zehn Erwachsene könnten noch zusammen essen gehen (plus Kinder), was jedoch an normalen Weihnachts- oder Silvestertagen schnell überschritten werde. „In diesem Bereich gibt es folglich die viel größeren Einbußen für uns.“ Immer mehr komme bei ihm und seinen Angestellten das Gefühl auf, arbeitslos zu sein oder genauer: "zu Arbeitslosen gemacht zu werden“. Wenn seitens der Politik Maßnahmen beschlossen würden, die für eine bestimmte Berufsgruppe zu Einbußen führen, dann müsse auch der Staat für einen unkomplizierten Ausgleich für eben jene Betroffene sorgen, „das ist meine Forderung“.
Natürlich bedeute die 2G-plus-Regelung einen weiteren Einschnitt, der den Menschen einmal mehr vor Augen führe, in welcher Situation man sich zur Zeit befinde, findet der Geschäftsführer der Domschänke in Verden, Martin Fenzau. „Spontane Restaurantbesucher gibt es quasi nicht mehr, wer zu uns kommt, hat das von langer Hand geplant.“ Wenigstens könne, wer bereits dreifach geimpft sei, auch weiterhin ohne negativen Testnachweis kommen, so dass sich die Einbußen insgesamt noch in Grenzen hielten. Dennoch müsse das Restaurant mit mindestens 30 Prozent weniger Umsatz leben, da in der Vorweihnachtszeit beispielsweise viele gebuchte Weihnachtsfeiern letztendlich doch nicht stattgefunden haben. „Aber Hauptsache ist, dass keine Kurzarbeit mehr für die Angestellten angemeldet werden muss, und das ist bislang glücklicherweise nicht der Fall“, sagt Fenzau.
Von größeren Umsatzeinbußen, um die 40 Prozent, kann auch Jörg Rosenbrock vom Gasthaus Waidmannsheil in Diensthop berichten: „Die Gäste sind einfach verunsichert und wollen kein zusätzliches Risiko eingehen.“ Hinzu komme, dass oftmals Unklarheit darüber herrsche, welche Regelungen momentan eigentlich gelten, da es viele, oftmals kurzfristige, Änderungen gegeben habe. Dass, wer geboostert sei, auch ungetestet in den Genuss eines Restaurantbesuches kommen könne, sei bei vielen noch gar nicht angekommen. Sowohl an Weihnachten als auch an Silvester habe er jedoch kaum Absagen entgegen nehmen müssen. Trotzdem sei es nicht immer ganz einfach, die benötigten Mengen an Lebensmitteln zu planen. „Wir haben aktuell einen sehr großen Lagerbestand. Auch tiefgekühlt gibt es mehr Vorräte als üblich, aber wenigstens verdirbt dank der modernen Vorratshaltung nicht mehr so viel.“
Noch im November habe es sehr gut für ihr Restaurant ausgesehen, erzählt Birgit Breuers von der Situation ihres Verdener Bio-Restaurants Liekedeeler: „Der Weihnachtsbrunch war ausverkauft, sowohl für den ersten als auch für den zweiten Weihnachtstag.“ Doch nur wenig später habe dann die Stornierungswelle eingesetzt. „Mit 2G-plus kam auch die Leere im Lokal.“ Statt zwei Tage Brunch wurde nur noch einer angeboten. Erst als sich Gastronomiebetriebe alternativ für eine maximale Platzvergabe von 70 Prozent entscheiden konnten, habe sich die Lage wieder etwas normalisiert. Planbar seien die Gästezahlen aber überhaupt nicht, an einem Tag kämen viele, am nächsten wiederum kaum jemand. „Ich kann es meinen Gästen nicht verdenken, überall herrscht große Verunsicherung.“ Leider könne nicht verhindert werden, dass derzeit mehr weggeworfen werde als üblich, auch wenn sie mehr als sonst an die Verdener Tafel weiterleite. „Mir geht das alles ziemlich an die Nieren.“
Zu der ungewollten Lebensmittelverschwendung hinzu komme für sie und ihr Team eine Rolle, für die sie weder gewappnet noch bereit seien, denn leider werde das „Corona-Kontrollsystem“ komplett an die Gastronomen abgegeben. „Bevor ich meine Gäste auch nur nach ihren Wünschen für Essen und Trinken fragen kann, spiele ich den Kontrolleur und fordere ihren Impfnachweis, den Personalausweis und erinnere an die Luca App“, erzählt Breuers und betont einmal mehr die belastende Situation, in der sich Gastronomen momentan befinden.