Sie hat im Domherrenhaus bereits das Universalgenie Leonardo da Vinci und die Malerin Niki de Saint Phalle verkörpert, jetzt wird Frauke Müller nicht nur für die Reihe Blue Thursday auf der Bühne stehen, sondern die Leitung des ganzen Museums übernehmen. Offiziell folgt sie Björn Emigholz zwar erst am 1. Dezember auf diesem Posten nach, tatsächlich ist sie aber bereits seit drei Wochen an Bord und arbeitet sich ein. Wie berichtet, geht der langjährige Museumsleiter in den Ruhestand und hatte am vergangenen Freitag seinen letzten Arbeitstag.
Frank Voßhardt, Vorsitzender des Vereins Domherrenhaus, betonte, dass er froh sei, mit Frauke Müller eine besonders qualifizierte Nachfolgerin gefunden zu haben. Die gebürtige Elmshornerin studierte Kunstgeschichte in Karlsruhe und Paris und war während des Studiums im Bereich der Denkmalpflege tätig. Nach dem Studium arbeitete sie als Kunstberaterin. "Wir haben Unternehmen beraten, wie sie ihre Firmenräume mit Kunst ausstatten können", erzählt sie. "Im Grunde habe ich versucht, möglichst viel Geld aus der Wirtschaft an die Künstler weiterzugeben." Das sei eine schöne und vielfältige Aufgabe gewesen.
Familienpause und Wanderjahre
Anschließend folgte wegen der drei Kinder eine Familienpause sowie das, was Frauke Müller ihre "Wanderjahre" nennt. Denn wegen des Berufs ihres Ehemanns zog die Familie mehrmals um, unter anderem nach Österreich. 2006 wurde die Familie dann in Verden sesshaft. "Hier fühlen wir uns wohl und sind mit Verden verbunden", sagt Frauke Müller, die mit der Sesshaftigkeit allmählich auch wieder berufstätig werden wollte. Von 2009 bis zum vergangenen September leitete sie Integrationskurse, mit dem Schwerpunkt Alphabetisierung für Migranten. 2017 wurde sie dann nach eigenen Angaben von Julia Nehus angesprochen, die museumspädagogische Angebote im Domherrenhaus organisiert. Aus diesem Gespräch resultierte die Beteiligung von Frauke Müller an der Blue-Thursday-Reihe, in der berühmte Persönlichkeiten verkörpert und dem Publikum nähergebracht werden.
"Dadurch habe ich gemerkt, dass ich beruflich wieder in den Kunstbereich zurückkehren möchte", erzählt Frauke Müller. Als sie dann hörte, dass Björn Emigholz in den Ruhestand gehen würde, bewarb sie sich auf eine Ausschreibung "in den üblichen Museumskanälen". Laut Frank Voßhardt gab es insgesamt vier Bewerber für den Posten, drei davon wurden zu Gesprächen eingeladen. "Am Ende hat sich Frauke Müller durchsetzt", sagt Voßhardt.
"Vielfältige Aufgabe"
"Die Museumsleitung ist eine vielfältige Aufgabe, ich fühle mich, wie in eine neue Welt geworfen", zieht Frauke Müller eine erste Bilanz. Einen schöneren Arbeitsplatz könne er sich kaum denken, ergänzt Frank Voßhardt. Ein paar Ideen für das nächste Jahr hat die neue Leiterin bereits entwickelt. So soll es Ende Januar eine Ausstellung mit Werken der Verdener Künstlerin Belinda di Keck geben. Auch eine Retrospektive mit Arbeiten des Künstler Lothar Bührmann ist im Domherrenhaus geplant. "Das Museum soll ja auch den Landkreis repräsentieren", betont Frauke Müller. Es gehe jetzt darum, mit vielen Menschen in Kontakt zu kommen. "Das Domherrenhaus als lebendiger Ort für die Besucher soll viele Aspekte der Stadt beleuchten." Das sei die Aufgabe eines historischen Museums, denn Geschichte sei nie abgeschlossen und sollte möglichst einen Bezug zu den Menschen aufbauen. Und nicht zuletzt sei die Erhaltung des betagten Gebäudes eine große Aufgabe. Die Leiterin hofft, im kommenden Jahr mit der Sanierung der Westfassade beginnen zu können.

Die Rückseite des Domherrenhauses: Die Erhaltung des historischen Bauwerks ist aufwendig. Im nächsten Jahr soll die Sanierung fortgesetzt werden.
Soweit es die Corona-Pandemie zulässt, sollen auch die Veranstaltungsreihen Red Wednesday, mit Porträts berühmter Frauen, und Blue Thursday, mit Vorstellungen berühmter Persönlichkeiten fortgesetzt werden. "Ich hoffe auch, dass wir begleitend zu den Domfestspielen im kommenden Jahr etwas machen können", so die neue Leiterin. Das sei aber noch nicht spruchreif und erstmal nur eine Idee. Und in der Reihe Blue Thursday wird auch Björn Emigholz ins Domherrenhaus zurückkehren – als Darsteller der einen oder anderen berühmten Persönlichkeit, wie er es in der Vergangenheit auch schon öfter getan hat. Der Museumsleiter auf der Bühne, das war für ihn bisher kein Widerspruch. Und für den Ruheständler könnte die Verkörperung einer fremden Berühmtheit eine willkommene Abwechslung sein. "Ich bin jedenfalls froh, dass er uns die Treue halten will", sagt Frauke Müller. Ihr sei durchaus bewusst, als neue Leiterin des Domherrenhauses in große Fußstapfen zu treten.