Um dem hohen Bedarf an Feuerbestattungen auch künftig gerecht zu werden, soll das Verdener Krematorium langfristig gesehen um eine Einäscherungslinie erweitert werden. Nahziel ist jedoch erstmal der Anbau eines Foyers, das als Aufenthaltsraum für Angehörige dienen soll. Die Mitglieder im Ausschuss für Stadtentwicklung sowie die Beigeordneten im Verwaltungsausschuss haben bereits grünes Licht für die Pläne gegeben.
Einzugsbereich des Verdener Krematoriums sind sowohl Teile von Bremen als auch die Landkreise Verden, Rotenburg, Osterholz-Scharmbeck, Delmenhorst, Nienburg und der Heidekreis. Krematoriums-Vorstand Willy Hilling wirft einen Blick in die Zahlen und macht daran den Bedarf für die kommenden Jahre fest: "Vor 20 Jahren waren lediglich 20 Prozent aller Bestattungen Feuerbestattungen, heute liegt die Einäscherungsquote bereits bei 73 Prozent." Vor 15 Jahren hat das Krematorium am Verdener Waldfriedhof den Betrieb aufgenommen. Lag die Zahl der Feuerbestattungen 2006 noch bei 1200, waren es im vergangenen Jahr bereits 6000. "2021 rechnen wir mit rund 6500 Einäscherungen", erläutert die kaufmännische Leiterin Birgit Bischoff. Bedingt durch den demografischen Wandel erhöhe sich die jährliche Sterberate im Einzugsbereich des Krematoriums künftig von 10.000 auf 14.000.
Die Änderung des Bebauungsplanes (B-Plan) soll es der Feuerbestattungen Verden GbR als Betreiberin des Krematoriums also auf Sicht ermöglichen, die Anlage in östlicher Richtung dem Bedarf entsprechend zu erweitern. "Dafür müssen keine Bäume gefällt werden", betont Stephanie Thies aus dem Verdener Rathaus. Entsprechende Ausgleichsflächen sollten aber geschaffen werden, wie und in welcher Form sei allerdings noch nicht klar.
Verläuft alles nach Plan – Stichwort Pandemie, Witterung, Handwerker- und Baustoffmangel – könnte der Anbau mit dem rund 100 Quadratmeter großen Foyer bereits im nächsten Herbst im Zuge eines Tages der offenen Tür eingeweiht werden. "Die Zahl der Abschiednahmen verfünffacht sich", erläutert Birgit Bischoff. Damit die Angehörigen in angemessenem Rahmen auf die feierliche Zeremonie warten können, soll ihnen also künftig ein lichtdurchflutetes Foyer mit bodentiefen Fenstern, Sitzecke und eingebauter Teeküche zur Verfügung stehen.
Der Natur voraus
Zwischen 20 und 30 Einäscherungen gibt es täglich im Verdener Krematorium an der Lindhooper Straße. Elf Mitarbeiter, inklusive Überführungsdienst, bereiten den Angehörigen dort einen würdevollen Abschied.
Wenn die Milchglasscheibe im Abschiedsraum auf Knopfdruck durchsichtig wird, ist es soweit: Nachdem sich die Schamottsteine erhitzt haben, entzündet sich der Sarg. "Ein Einäscherungsvorgang dauert ungefähr eine Stunde", sagt Willy Hilling. Das niedersächsische Bestattungsgesetz schreibe eine zweite Leichenschau, die sogenannte Kremationsleichenschau durch den Amtsarzt im Krematorium vor. Anschließend werde der Leichnam zur Einäscherung freigegeben. Während des Einäscherungsvorganges verschwinden alle DNA-Spuren des Verstorbenen. Damit seine Identität aber trotzdem festgestellt werden kann, werden seine persönlichen Daten sowohl auf der biologisch abbaubaren Aschekapsel als auch auf dem Schamottstein, der in die Kapsel gegeben wird, vermerkt.
Die Vorteile einer Feuerbestattung seien finanzieller (30 Jahre Grabpflege) und ökologischer Natur, sagt Hilling. Es dauere im Schnitt 15 bis 20 Jahre bis eine Leiche vollständig verwest sei und sich der Sarg komplett zersetzt habe. Im Krematorium vollziehe sich dieser Vorgang quasi binnen einer Stunde. Edelmetalle, die sich noch im menschlichen Körper befunden haben, werden nach der Verbrennung sorgfältig aus dem Aschekasten gefiltert. 182.000 Euro (2019) sowie rund 160.000 Euro (2020) hat das Krematorium aus dem Erlös wieder an gemeinnützige Einrichtungen gespendet, unter anderem an das Hospiz in Rotenburg.
Birgit Bischoff hat beobachtet, dass auch die Zahl der Seebestattungen – das Krematorium verschickt die Aschekapsel in diesem Fall an die Reederei – oder die Bestattungen im Ruheforst zunehmen. Übrigens: Ohne den ausdrücklichen Wunsch eines Verstorbenen darf dieser nicht eingeäschert werden. "Im Idealfall wird noch zu Lebzeiten eine Bestattungsverfügung hinterlegt", gibt Birgit Bischoff einen Tipp.