Mit Literatur, Musik, Theater und einem israelisch-arabischen Essen wollte sich das Dokumentationszentrum Verden im 20. Jahrhundert (Doz 20) bereits im vergangenen Jahr dem Thema "Jüdisches Leben in Verden" widmen. Doch die Corona-Krise machten den Plänen in weiten Zügen einen Strich durch die Rechnung. In diesem Jahr wagen die Ehrenamtlichen einen neuen Anlauf. Das Programm soll ähnlich wie im vergangenen Jahr aussehen. Nur auf das kulinarische Erlebnis müssen Interessierte verzichten. Stattdessen gibt es geistige Kost: eine Lesung israelischer und palästinensischer Texte.
Die Neuauflage der Veranstaltungsreihe beginnt im September mit drei Vorträgen im Domherrenhaus, gibt die Planungsgruppe Einblick. Den Anfang macht am 9. September Inge Hansen-Schabeg. Sie leitet die Cohn-Scheune, ein jüdisches Museum mit Kulturwerkstatt in Rotenburg (Wümme). Sie wird entgegen dem Titel der Veranstaltungsreihe über das jüdische Leben im Rotenburg des 20. Jahrhunderts sprechen. Für den zweiten Vortrag kommt am 15. September wieder ein Gast von außerhalb. Peter Schulze aus Hannover wird allerdings über einen Verdener referieren. Siegmund Seligmann war jüdischen Glaubens und wuchs wenige Meter vom Rathaus auf. Nach dem Abitur verließ er die Allerstadt, um in Hannover beim Reifenproduzenten Continental zu arbeiten. Er machte die Firma zum Weltkonzern.
Für den dritten Vortrag, der für den 30. September geplant ist, konnte das Doz Andrea Kampen vom Finanzamt Nordenham gewinnen. Sie nimmt sich im Domherrenhaus der Themen Reichsfluchtsteuer und Judenvermögensabgabe an.
Im Oktober wandert das Geschehen in Verden wieder zurück in den Fokus. Gemeinsam mit dem Bremer Peter Christoffersen begeben sich Interessierte am 14. Oktober auf die Spuren der 1941 deportierten Bremer und Verdener Juden. Ebenfalls aus Bremen kommt die Shakespeare Company. Bereits im vergangenen Jahr sollte sie in Verden das Stück "Keine Zuflucht. Nirgends. Die Konferenz von Evian und die Fahrt der St. Louis" zeigen. Als neuer Termin wurde nun der 20. Oktober auserkoren. Im Domgymnasium werden die Schauspieler ihr Publikum in die Jahre 1938 und 1939 entführen. Damals beschäftigten sich Vertreter verschiedenster Länder und Hilfsorganisationen mit dem raschen Anstieg der jüdischen Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich. Die St. Louis war eines der Passagierschiffe, das Schutzsuchende von Hamburg aus auf die andere Seite des Atlantiks brachte.
Hermann Deuter vom Doz lädt Interessierte für den 26. Oktober zu einem Stadtrundgang unter dem Titel "Orte jüdischen Lebens in Verden" ein. Das Datum, ein Dienstag, wurde bewusst gewählt, um nicht mit anderen Führungen zu kollidieren. Zwei Tage später ist das Doz im Landgericht zu Gast. Dort ist eine szenische Lesung geplant. Der Ort ist Programm: Es geht um den Prozess um den Synagogenbrand in Verden am 9. November 1938. Zum Abschluss des Monats folgt eine Lesung mit israelischen und palästinensischen Texten im Ratssaal am 31. Oktober.
Ebenfalls auf Initiative des Doz ist im Cine City am 3. November das komödiantische Drama "Das Schwein von Gaza" zu sehen. Am 6. November präsentieren Thomas Denker und Sibylle Hellmann unter dem Titel "Zur Heimat erkor ich mir die Liebe" vertonte Lyrik von Mascha Kaleko im Alten Schulhaus Dauelsen.
Die Veranstaltungsreihe endet am 8. November mit einem Vortragsabend unter dem Titel "Jüdisches Leben im Nationalsozialismus" im Gymnasium am Wall. Begleitend ist eine Ausstellung geplant.
Im Dokumentationszentrum am Holzmarkt laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Bei ihren regelmäßigen Treffen in ihren Räumen am Holzmarkt verteilen die Doz-Mitglieder Aufgaben, suchen nach Rednern und passenden Texten. Jeweils montags und mittwochs sind die Dozlerinnen und Dozler von 16 bis 18 Uhr in ihrem Büro anzutreffen. Die Mitglieder sind per E-Mail an doz20-verden@ewe.net sowie unter der Rufnummer 0 42 31/ 9 28 15 53 zu erreichen.
Wer die Arbeit des Dokumentationszentrums unterstützen möchte, kann dies auch mit einem Gang auf den Dachboden oder in den Keller tun, sagt Mitglied Jochen Benner. Mit "Erinnerungen aller Art" können sich Interessierte an das Doz wenden. Von Interesse sind für die Gruppe Fotos und Schriftstücke, aber auch mündlich überbrachte Erinnerungen.