Es darf wieder gesungen werden! Die Chöre im Landkreis Verden haben im Freien oder auch in Innenräumen ihre Proben wieder aufgenommen. Auch in den Kirchen wird es wieder musikalisch, die ersten Programme und Projekte werden in Angriff genommen. Nach vorne schauen heißt die Devise, auch wenn die Richtlinien mit all ihren Auflagen von Institution zu Institution unterschiedlich sind und sich von Woche zu Woche ändern.
Christiane Artisi, die die Chöre von St. Johannis und ihren eigenen weltlichen Chor No Wonder leitet, hat zu ihrer Erleichterung wieder alle Hände voll zu tun. Bereits seit mehreren Wochen probt der Johannischor, allerdings zurzeit noch draußen. Doch mit Abstand ist das Singen nun auch in der Kirche erlaubt. Man studiert Musik für eine Andacht am 7. Juli und für einen Abendgottesdienst am 18. Juli ein. Nun könne man wieder langfristig planen. Zum Frühjahr 2022 sollen ein weltlicher Chorliederabend sowie eine moderne Messe gemeinsam mit dem jungen Chor von St. Johannis und einem Streicherensemble vorbereitet werden. "Endlich kann ich auch wieder mit dem Kinderchor proben", freut sich Artisi. Da es zurzeit nur zwölf Kinder sind, könne ohne Probleme in der Kirche geprobt werden. Aktuell bereiten die jüngsten Sänger von St. Johannis einen Familiengottesdienst im Haus am Oderplatz am 11. Juli vor. Auch der junge Chor probt in der Kirche – mit Abstand, versteht sich. "Natürlich geht es auch im Freien", so Artisi, "aber mit Klavierbegleitung und dem tollen Klang in der Kirche macht es viel mehr Spaß." Mit sechs bis acht Sängern hatten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen während der ganzen Coronazeit in den Gottesdiensten gesungen. Jetzt sei es ein tolles Gefühl, wieder komplett zu sein. Geplant sind ein Matineekonzert im September sowie ein Pop- und Gospelkonzert gemeinsam mit dem Kinderchor. "Wir hoffen sehr, dass dann ein Chorkonzert mit Publikum möglich ist", sagt Artisi.
Die Sänger und Sängerinnen des Chores Ver-Voices sind mit ihrer Leiterin Martina von Ahsen wieder ins Sängerheim Bella Vista eingezogen. Bei knapp 30 Mitgliedern gibt es für sie noch nicht mal Probleme mit dem Abstand. Auch die 16-köpfige Chorgemeinschaft Aller Cappella um Chorleiter Dale Provost probt bereits seit mehreren Wochen, meistens draußen und bei schlechtem Wetter in der Kirche. "Termine haben wir vorerst nicht; wir müssen erst wieder etwas Regelmäßigkeit und Normalität haben, bevor wir Konzerte planen", so Provost.
Junge Sänger gut vernetzt
Für die älteren Sänger ist der Regel-Wirrwarr ein besonders großes Problem. Weniger vernetzt als die junge Chören, blicken sie zum Teil schlicht nicht durch, was erlaubt ist und was nicht. Draußen zu proben komme für sie nicht in Frage, wie Kreischorleiter Hans Schröder erklärt: erstens, weil es keine Sitzgelegenheiten gibt und zweitens, weil man sich auf das Wetter nicht verlassen könne.
Doch Schröder und seine Chorfreunde Achim haben sich kürzlich mit einem Kaffeetrinken bei Meyer Bierden getröstet. "Das war so schön, sich wiederzusehen. Alle waren da, außer wenigen Kranken, und wir konnten zwei Jubilare ehren." Mehr als 30 Aktive kamen zusammen, doch mit dem Singen wollen sie sich noch zurückhalten: "Wir warten einfach bis nach der Sommerpause." Immerhin könne man sich schon mal auf das Adventskonzert freuen – wenn alles gut geht.
Es gibt viel aufzuholen
Der Verdener Männerchor hingegen ist just in sein Sängerheim Bella Vista am Burgberg zurückgekehrt. "Wir haben bei überraschend guter Beteiligung, nämlich mit 26 Sängern, wieder mit den Proben begonnen und werden das unter Beobachtung der Corona-Einschränkungen auch fortsetzen", so der Vorsitzende Rainer Heitmann. Die Erleichterung und Freude sei Chorleiterin Anna Koch-Zimmermann ebenso wie ihren Sängern anzumerken gewesen. "Zunächst geht es jetzt erstmal darum, die Stimmen und das zuletzt Eingeübte überhaupt wieder zum Leben zu erwecken", erklärt Heitmann.
Der Verdener Shanty-Chor hingegen zögert noch. Mehr als ein erstes informelles Treffen im Dorfgemeinschaftshaus in Scharnhorst, wo der Chor in besseren Zeiten seine Auftritte vorbereitet, ist nicht geplant. "Wir müssen erstmal versuchen, unsere 'Truppen' wieder auf die Beine zu bringen", sagt Chorleiter Günter Ampf. Das sind derzeit um die 40 Mitglieder, von denen jedoch einige während der allzu langen Pause krank oder gebrechlich geworden sind. Wie es mit den Proben Corona-konform ablaufen könnte, sei ja eine komplizierte Angelegenheit. "Man kann tagelang lesen und weiß dann immer noch nicht genau Bescheid", sagt Ampf. Und weil viele der Sänger über 80 Jahre alt sind, könne man auch nicht mehr so flexibel planen und agieren. Allerdings sind bereits 28 der Aktiven fertig geimpft, und die restlichen Zweitimpfungen werden bis Anfang August erledigt sein. Es gibt also Licht am Horizont – zumindest, wenn vollständige Impfung tatsächlich auch die vollständige Aufhebung der Auflagen bedeutet.
Auch Kirchenmusikdirektor Tillmann Benfer ist guter Dinge. Alle drei Chöre, Domchor, Seniorenchor und Posaunenchor proben wieder im Dom. Allerdings können sich die Sänger bei den erforderlichen Abständen nicht gut genug hören, um konzentriert zu arbeiten. "Die Probeneffizienz ist überschaubar", sagt Benfer und lacht, "aber trotzdem ist die Stimmung gut. Alle haben einen unglaublichen Japp, wieder singen zu können."