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Landgericht Verden Bewährung für berauschte Fahrerin

Wegen Trunkenheit im Verkehr, Fahrens ohne Führerschein, Unfallflucht und Beleidung muss sich eine 40-Jährige vor dem Landgericht Verden verantworten.
09.01.2022, 13:45 Uhr
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Von Angelika Siepmann

Der umfangreiche Auszug aus dem Bundeszentralregister (BZR) sprach eindeutig dafür, dass sich die Angeklagte bislang weder von mehr oder weniger hohen Geldstrafen noch von Freiheitsstrafen auf Bewährung beeindrucken ließ. Ungeachtet ihrer zahlreichen einschlägigen Vorverurteilungen und der Tatsache, dass sie gerade mal wieder keine Fahrerlaubnis besaß, hatte sie sich im Juli 2020 erneut stark alkoholisiert ans Steuer gesetzt, einen Unfall verursacht und sich um die Folgen nicht geschert. Dass das Amtsgericht sie für sieben Monate ins Gefängnis schicken wollte, hat die 40-Jährige dann jedoch veranlasst, endlich mit aller Kraft die Notbremse zu ziehen.

Ihre nachweisbaren Bemühungen, die Alkoholsucht mit fachkundiger Unterstützung energisch zu bekämpfen, haben ihr in der Berufungsverhandlung Pluspunkte eingebracht. Zudem hielt ihr die 6. kleine Strafkammer des Landgerichts besonders zugute, dass sie trotz einiger Erinnerungslücken ein „vollumfängliches“ Geständnis abgelegt hatte. In erster Instanz, im Mai vergangenen Jahres, hatte sie noch beharrlich zu den diversen Vorwürfen geschwiegen. Unter dem Strich kam die Kammer zu dem Schluss, dass die Angeklagte nunmehr auf einem hoffnungsvollen Weg sei und noch eine Chance verdient habe: Die Haftstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Mit 2,2 Promille am Steuer

Verurteilt wurde die gelernte Kauffrau wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr, unerlaubten Entfernens vom Unfallort, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie Beleidigung in zwei Fällen. Letzteres beruhte darauf, dass sie Polizeibeamte sehr unflätig tituliert hatte, als diese sie an jenem Freitag zur Blutabnahme ins Krankenhaus brachten. Auch der diensthabende Arzt soll ihren drastisch formulierten Unmut zu hören bekommen haben. Das Ergebnis der Blutprobe besagte jedenfalls, dass sie bereits vormittags mit rund 2,2 Promille in ihrem Wagen unterwegs gewesen war.

Was sie veranlasst hatte, die etwa vier Kilometer lange Fahrt von ihrem Zuhause nach Hutbergen zu unternehmen, kam in der Verhandlung auch zur Sprache: Sie wollte Hinweisen nachgehen, wonach ihr Lebensgefährte sich bei einer anderen Frau aufhalten könnte. Die Nachforschungen vor Ort blieben allerdings erfolglos. Die Tür des Hauses, in dem sie den Mann vermutete, wurde trotz Klingelns nicht geöffnet. Als die Angeklagte wieder vom Hof fahren wollte, rammte sie beim Zurücksetzen einen dort abgestellten Transporter. Was sie aber nicht hinderte, ihren unheilvollen Weg fortzusetzen. Dumm nur, dass sie von Anwohnern, die einen „lauten Knall“ vernommen hatten, beobachtet wurde. Die Meldung an die Polizei erfolgte prompt.

Unter laufender Bewährung

Und es dauerte auch nicht lange, bis Ordnungshüter die mutmaßliche Unfallverursacherin an der ermittelten Wohnanschrift aufsuchten. Die Motorhaube ihres Autos war noch warm. Sie sei aber gar nicht selbst gefahren, behauptete sie – vergeblich. Die Beamten hielten es für dringend geboten, bei der deutlich unter Alkoholeinfluss stehenden Frau eine Überprüfung ihres „Pegels“ vornehmen zu lassen. Das besagte Resultat und die weiteren Ermittlungen hatten die Anklage und den Prozess am Amtsgericht zur Folge. Nichts Neues für die Frau, die es bis dato schon auf 19 Eintragungen im BZR gebracht hatte und zur Tatzeit unter laufender Bewährung stand.

Dass ihr nun erstmals der Gang hinter Gitter drohen sollte, dürfte bei der 40-Jährigen zur nachhaltigen Ernüchterung geführt haben. Seit Anfang Juni, so beteuerte sie, sei sie abstinent, habe keinerlei Alkohol mehr angerührt. Außerdem unterzieht sie sich seit Oktober einer ambulanten Therapie. Die zuständige Therapeutin war jetzt als sachverständige Zeugin geladen und bestätigte die Angaben der Angeklagten. Die Berufungskammer zeigte sich angetan. Nach Aktenlage habe er anfangs gezweifelt, ob Bewährung überhaupt noch in Betracht kommen könnte, sagte der Vorsitzende Richter. Man sei „positiv überrascht von der Entwicklung“.

"Glaubhafte Veränderung"

In ihrem Plädoyer befürwortete schließlich auch die Vertreterin der Staatsanwaltschaft die vom Verteidiger beantragte Strafaussetzung zur Bewährung. Bei der Angeklagten sei eine „glaubhafte Veränderung“ festzustellen. Anders als der Anwalt hielten es aber weder Staatsanwaltschaft noch Gericht für nachvollziehbar, dass die Frau damals gar nicht gemerkt haben will, gegen den Transporter gefahren zu sein. Der Verteidiger hatte argumentiert, in ihrem emotional aufgeladenen Zustand habe seine Mandantin davon nichts mitbekommen und auch erst später eine Beschädigung am eigenen Pkw gesehen.

Die Kammer verhängte zusätzlich eine zweijährige Sperre bis zur möglichen Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Die 40-Jährige muss außerdem 500 Euro an den Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr zahlen und muss die begonnene Therapie unbedingt fortsetzen.

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