Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Corona-Pandemie Landgericht Verden plant weiter mit der Stadthalle

Der große Saal am Holzmarkt soll auch im neuen Jahr für größere Prozesse genutzt werden. 2021 hat sich das Landgericht mit rund 2820 Fällen befasst.
30.12.2021, 15:41 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Angelika Siepmann

Der gläserne Eingangsbereich ist mit Plakaten versehen, die auf diverse unterhaltsame Veranstaltungen aufmerksam machen. Gelegentlich kommt es auch vor, dass neben der Tür zur Stadthalle nur ein vergleichsweise unauffälliges Blatt im DIN-A-4-Format klebt. Es signalisiert, dass der Betrieb an diesem Tag keineswegs ruht, allerdings nichts Vergnügliches auf dem Programm steht. Denn dann tagt mal wieder das Landgericht Verden im riesigen Raum mit der verhängten Bühne. Aus der Corona-Not geboren, fand hier Anfang Mai 2020 die erste Gerichtsverhandlung statt. Viele Fortsetzungen folgten, und bei der großen Filiale soll es auch vorerst bleiben.

Was zunächst für sechs Monate geplant war, ist inzwischen schon mehrfach verlängert worden. Nach Angaben von Landgerichtsvizepräsident Stefan Koch, zugleich stellvertretender Pressesprecher, laufen die Vorbereitungen dafür, dass die Halle am Holzmarkt auch im neuen Jahr genutzt werden kann. Vom Landesministerium wird eine Vertragsverlängerung bewilligt werden, ist Koch optimistisch. Vor allem in Strafverhandlungen mit vielen Beteiligten hat sich die improvisierte Zweigstelle als geeignete Alternative zu den Sitzungssälen im Justizzentrum am Johanniswall erwiesen. Es dient an bestimmten Tagen als willkommenes Ausweichquartier und erleichtert dem Landgericht die Abwicklung seines umfangreichen Prozesspensums.

Mikrofonanlage optimiert

Mittlerweile, betont Koch, sei ja auch die – justizeigene – Mikrofonanlage optimiert worden. Diese hatte mitunter Anlass zu Kritik gegeben, nicht zuletzt im rund achtmonatigen Verfahren im Fall „Weserleiche“. Besonders Zuhörern auf der Besuchertribüne war das Verstehen des Gesagten mitunter nicht möglich. Die weitläufige Dependance in ein paar Hundert Metern Entfernung hat das Gericht jedenfalls weiterhin auf dem Plan. Die Kooperation mit der Hallenverwaltung klappe hervorragend, sagt Koch. „Wir bilden ja auch eine Art Schicksalsgemeinschaft mit der Stadthalle“. Dort falle wegen Corona etliches flach, „und wir brauchen die Halle“.

Das Landgericht hat sich noch weiter ausgedehnt. Auch Räumlichkeiten im Hause der Außenstelle des Landessozialamtes an der Marienstraße, wo zwei der insgesamt elf Zivilkammern angesiedelt sind, sowie das Arbeitsgericht im Gebäudekomplex der Polizei an der Bürgermeister-Münchmeyer-Straße zählen seit einiger Zeit schon dazu. Innerhalb des eigentlichen Gerichtsstandortes, der auch aufgrund von Sanierungs- und Umbauarbeiten nicht voll belegbar ist, sind mit Beginn der Pandemie alle verfügbaren Säle – im Landgericht wie auch im Amtsgericht – genau vermessen, mit zahlreichen Plexiglasscheiben zur Personentrennung und mobilen Luftreinigern ausgestattet worden. Die Verteilung für anstehende Verhandlungen erfolgt gezielt über das neu eingeführte „Saalmanagement“, das zwei Richter vornehmen. Diese Art der Organisation werde man wahrscheinlich auch weiterhin pflegen, sie habe sich bewährt, so Koch.

Einen Technologieschub habe das Gericht zwangsläufig ebenfalls erfahren, so der Vizepräsident. Nicht nur die Verwaltung ist technisch hochgerüstet worden. Es besteht jetzt beispielsweise in Zivilsachen auch die Möglichkeit, Videoverhandlungen abzuhalten. Die nötigen Voraussetzungen für Bild- und Tonübertragungen sind bislang in zwei Sitzungssälen geschaffen worden. Diese Zeit und eine ressourcensparende Verhandlungsform trage mit dazu bei, die „Erledigungszahlen hochzuhalten“.

Von Achim bis Walsrode

Und zu erledigen gab es auch im zu Ende gehenden Jahr wieder jede Menge Prozesse beim Landgericht, dessen Einzugsbereich allein rund 700.000 „Gerichtseingesessene“ und zehn Amtsgerichte von A bis Achim bis W wie Walsrode umfasst. Hochgerechnet habe sich das Gericht 2021 mit insgesamt gut 2820 Fällen zu befassen gehabt, ließ sich Koch kürzlich in die Zahlen blicken. Dies bezieht sich auf die elf Zivilkammern, von denen zwei auf Handelssachen konzentriert sind, sowie die zehn Strafkammern, davon vier große.

Bei denen landeten etwa 90 Fälle der Schwerstkriminalität, die direkt hier angeklagt und erstinstanzlich verhandelt wurden. Auch gut 210 Berufungssachen erhöhten die Aktenstapel. Zusammengezählt kamen die einzelnen Kammern auf rund 380 Verhandlungstage. Insgesamt könne man von einer „hohen Belastung“ sprechen, so Stefan Koch, die aber bewältigt worden sei. Die personelle Besetzung bezeichnete er als „auskömmlich“. Nachdem einige Stellen hinzukamen, waren 110 Richterinnen und Richter im Einsatz. „Im Vergleich zu anderen Landgerichten sind wir gut aufgestellt."

Nachdem bei der Justiz lange nur Maskenpflicht für Besucherinnen und Besucher sowie Verfahrensbeteiligte bestand, gilt seit einigen Wochen auch die 3G-Regel. Über die Einhaltung wachen am Eingang Justizbeamte. „Der Zutritt zu Verhandlungen kann im Einzelfall abweichend geregelt sein“, heißt es aber auch in den Hinweisen. Und sogenannte OP-Masken reichen nicht mehr, es müssen nun welche nach den Standards KN95/ N95 oder FFP2 sein.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)