Die Verdener City zukunftssicher zu gestalten, ist Ziel des Masterplans Innenstadt. Bei einem digitalen Auftaktworkshop haben Fachleute und interessierte Bürger sich mit der Frage beschäftigt, was Menschen in die Innenstadt zieht und wie sich die Situation in Verden verbessern lässt. Die Ergebnisse sollen in eine Bewerbung für das Förderprogramm "Resiliente Innenstädte" des Landes Niedersachsen einfließen. Mehr als 3,9 Millionen Euro winken den Kommunen, die von der Jury ausgewählt werden.
In den vergangenen Jahren haben Projekte wie die Probierstadt, die unter anderem Raum für Pop-up-Stores bietet, sowie verschiedene stadteigene Förderprogramme kurz- und mittelfristig dem Kernort zu mehr Attraktivität verholfen. Der Masterplan soll nun langfristig Spuren im Herzen Verdens hinterlassen.
"Wir müssen nicht nur wegen Corona Innenstädte neu denken", gab Bürgermeister Lutz Brockmann den fast 60 Teilnehmenden der digitalen Tagung mit auf den Weg. Denn neben der Pandemie sorgen auch der Online-Handel und der gesellschaftliche Wandel für Leere in den Innenstädten. Doch Verden habe viele Potenziale, zeigte sich Brockmann überzeugt.
Langfristige Wirkung
Der Masterplan Innenstadt soll dabei helfen, "über die nächsten zehn Jahre hinaus zu denken", erklärte im Anschluss Fabian Fortmann, der Wirtschaftsförderer der Stadt. Das Areal, das im Masterplan im Fokus steht, reicht vom Nordertorkreisel im Norden bis zum Domgymnasium im Süden. Während im Westen die Aller beziehungsweise die Untere Straße und Domstraße das Gebiet begrenzen, sind es in östlicher Richtung die Obere Straße sowie das Holzmarktgelände. Die Grenzen seien allerdings noch nicht in Stein gemeißelt. Erweiterungen sind möglich.
Beispiele dafür, was im Innenstadtbereich passieren könnte, brachte Klaus Mensing vom Hamburger Büro Convent mit. Er hatte bereits das Pop-up-Store-Projekt in Verden begleitet, sorgte mit seinen Ideen allerdings auch schon in vielen anderen Städten für mehr Leben.
Beispiele aus dem Kreis Osnabrück
In Bramsche (Kreis Osnabrück) werde unter dem Titel Lokalhelden Gastronomie im Außenbereich gefördert, nannte Mensing ein Beispiel. Attraktivität bringe zudem ein Beleuchtungskonzept: Scheinwerfer zeichnen auf das Pflaster der einstigen Tuchmacherstadt kleine Schafe – ein Hingucker, findet Mensing. Insbesondere im Sommer ein Anziehungspunkt seien auch Wasserspiele. "Sie bringen Spaß und verbessern das Klima", erläutert der Diplom-Geograf. Aus Bramsche mitgebracht hat er auch eine weitere Idee: Kinderbürgermeister durften dort die Stadt erkunden und zeigen, was ihnen nicht gefiel. Ein Punkt: Sämtliche Infotafeln hingen für kleine Besucher zu hoch.
Corona habe den Strukturwandel im Einzelhandel erheblich beschleunigt, sagte Mensing. Büroarbeitsplätze wurden zum Teil für längere Zeit ins Homeoffice verlagert und könnten dort möglicherweise in Teilen bleiben. "Die Zentren von morgen werden mit weniger Handel, weniger Büros und weniger Verkehr auskommen müssen", erklärte der Fachmann. Das biete neue Chancen, aber auch Risiken. Gastronomie und Kultur könnten künftig einen größeren Stellenwert bekommen. Geschäfte wiederum könnten zudem ihr Online-Angebot ausbauen.
Neue Nutzungen
"Was kommt, wenn der Handel geht?", lautet eine Kernfrage. Die Antwort seien neue Nutzungen wie Kindertagesstätten und Angebote rund um Freizeitgestaltung, Kultur und Gesundheit, erläuterte Mensing. Aber auch Flächen zum Coworking, Handwerk und Wohnräume könnten verwaiste Innenstädte beleben. Es gelte aber immer: "Der Impuls muss aus dem Rathaus kommen." Verden bringe mit seinem sehr engagierten Wirtschaftsförderer beste Voraussetzungen mit. Ihm müsse es nun nur gelingen, private Akteure und kreative Stadtmacher mitzunehmen.
Für die Bewerbung muss sich die Stadt mit den drei Handlungsfeldern Soziales, Ökonomie und Ökologie beschäftigen. Zu den sozialen Aspekten gehören unter anderem die Schaffung von öffentlichen Erholungs- und Rückzugsorten sowie die Belebung öffentlicher Plätze. Ökonomische Aspekte beziehen sich beispielsweise auf neue Modelle der Arbeitsorganisation – Stichwort: Coworking. Ökologische Aspekte schließen unter anderem eine CO2-neutrale Nahlogistik sowie Regionalisierung und die Verbesserung von innenstädtischen Grünflächen ein.
Gruppen arbeiten Ideen aus
Zu jedem Handlungsfeld wurde während des Auftaktworkshops eine Gruppe gegründet, um Verbesserungsvorschläge zu sammeln. Die Ideen bleiben vorerst allerdings unter Verschluss, schließlich sollen sie anderen Kommunen nicht als Inspiration dienen, erklärte Birgit Koröde, Leiterin des Fachbereichs Stadtentwicklung, den Ausgang der Gruppenarbeiten.
Am 25. Februar haben die Teilnehmenden der Auftaktveranstaltung und weitere Interessierte die Möglichkeit, sich an einem Vertiefungsworkshop zu beteiligen, ehe die zuständige Steuerungsgruppe und der Rat der Stadt das letzte Wort haben. Bis zum 20. April müssen die Bewerbungsunterlagen eingereicht werden. Im Laufe des Sommers entscheidet eine Jury über die Aufnahme der Programme.
36 Städte und Gemeinden sind niedersachsenweit antragsberechtigt, teilte Daniela Steinhoff vom Amt für regionale Landesentwicklung (ArL) Lüneburg mit, die die Stadt Verden bei der Bewerbung unterstützt. 15 Kandidaten werden für das Programm ausgewählt. Die Finanzspritze, die vergeben wird, stammt auf dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Ziel ist "die Bewältigung der wirtschaftlichen, ökologischen, klimatischen, demografischen und sozialen Herausforderungen" der Innenstädte.