Im Zuge der Energiewende treibt Netzbetreiber Tennet seit Jahren neben der Suedlink-Trasse auch den Neubau der rund 40 Jahre alten Stromleitung von Stade nach Landesbergen (Landkreis Nienburg) voran. Während Suedlink von Scheeßel (Landkreis Rotenburg) südwärts durch den Heidekreis Richtung Hannover verlaufen soll und den Landkreis Verden nicht berührt, führt die geplante Trasse der neuen 380-kV-Leitung durch die Landkreise Verden und Rotenburg. Ziel ist die Ertüchtigung der bestehenden Leitung auf 380 Kilovolt. "Das Raumordnungsverfahren ist abgeschlossen, der grobe Trassenverlauf steht fest", sagt Birgit Koröde, Fachbereichsleiterin für Stadtentwicklung im Verdener Rathaus. Jetzt stehe die genaue Detailplanung im Mittelpunkt. Die öffentliche Auslegung der Pläne im Zuge des sogenannten Planfeststellungsverfahrens in Verden ist bereits abgeschlossen. Auch die Stadt habe dazu eine Stellungnahme abgegeben, so Koröde.
Kompensation vor Ort
In der Stellungnahme der Stadt zu dem Projekt fordert die Verwaltung "für die erheblichen Eingriffe in das Landschaftsbild" eine Kompensation vor Ort in den betroffenen Gemarkungen Groß Hutbergen und Döhlbergen. Denn mit dem Leitungsbau sei ein erheblicher Eingriff in das Landschaftsbild sowie in andere Schutzgüter (Mensch, Tiere und Pflanzen, kulturelle Sachgüter, Boden) verbunden. Gemäß der vorgelegten Unterlagen sind erforderliche Kompensationen in Form einer Ersatzpflanzung in der Gemarkung Eitze, östlich der Autobahn 27 sowie durch eine sogenannte Ersatzgeldzahlung an den Landkreis Verden geplant. Die Verwaltung fordert jedoch einen Ausgleich an Ort und Stelle. Sinnvoll sei aus städtischer Sicht das Anpflanzen von Baumreihen und Hecken als landschaftstypischer Blickfang vor den Leitungen. "Dies ist auch auf geeigneten stadteigenen Flächen möglich, die für diese Kompensationsanpflanzungen gegen Kostenerstattung angeboten werden können", so die Verwaltung. Zudem seien auch die Seitenräume vieler städtischer Wegeparzellen bisher nicht überall mit Bäumen oder Hecken bestanden.
Der Neubau der Leitung ist nötig geworden, weil aufgrund der Energiewende die bestehende Leitung immer wieder an ihre Kapazitätsgrenze stößt. Um künftig insbesondere mehr Windstrom vom Norden in den Süden Niedersachsens transportieren zu können, soll die bestehende 220-Kilovolt-Leitung komplett abgebaut und durch die neue 380-Kilovolt-Leitung ersetzt werden. Etwa die Hälfte der Trasse bleibt nach den aktuellen Planungen unverändert. Die andere Hälfte soll neu geplant werden. Aufgrund der mittlerweile gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstände zu Siedlungsbereichen und Einzelgebäuden musste der bisherige Trassenverlauf teilweise geändert werden.
So haben die Planer nach Angaben des Amts für Regionale Landesentwicklung in Lüneburg in der Umgebung von Ortschaften und Siedlungen neue Streckenführungen gefunden, um die Abstände zu den Wohnbereichen zu vergrößern. Zukünftig werde ein noch größerer Anteil der Leitung (89 Kilometer), entlang – und somit in Bündelung – mit schon existierenden Stromleitungen verlaufen. Entlang der rund 150 Kilometer langen Strecke lagen bisher 998 Gebäude des Innenbereichs näher als 400 Meter an der Freileitung. Das werde mit der Neuplanung auf noch 18 Gebäude reduziert. Weitere 202 Gebäude lagen im Außenbereich näher als 200 Meter an der bestehenden 220-kV-Freileitung, zukünftig sind es nur noch 29 Gebäude.
Sieben Abschnitte
Um das Genehmigungsverfahren und die Planungen zu vereinfachen und übersichtlicher zu gestalten, wurde die Gesamtstrecke in sieben Abschnitte unterteilt. Die Stadt Verden ist von den Planungen direkt betroffen, denn die Leitung wird im Abschnitt vier von Sottrum über Hellwege und Langwedel nach Verden gebaut, wo sie zwischen den Ortschaften Hinter Hönisch und Döhlbergen endet. Ab Döhlbergen wird die Bestandsleitung etwas nach Westen verschwenkt, um einen ausreichenden Abstand zu der geschützten Reiherkolonie am Meyerhof einzuhalten. Im Planungsabschnitt fünf wird die Leitung von Verden bis nach Hoya weitergebaut. Baubeginn in diesem Bereich soll laut Tennet im zweiten Quartal 2022 sein. Als Jahr der Inbetriebnahme gibt Tennet 2026 an, anschließend ist der Abbau der bestehenden Leitung vorgesehen. Der vierte Planungsabschnitt von Sottrum nach Verden ist im Verfahren noch nicht so weit, hier ist als Baubeginn das vierte Quartal 2022 angegeben.
Auf Verdener Gebiet ist nur in einem Teilstück der Einsatz von Erdkabel vorgesehen, wie Birgit Koröde erzählt. "Irgendwo zwischen Hönisch und Hutbergen gehen die Kabel in die Erde und zwischen Dauelsen und Eissel kommen sie wieder heraus. Ansonsten werden überirdische Leitungsmasten verwendet." Die Gründe für die Verwendung von Erdkabeln liege zum einen daran, dass sie unter der Aller hergeführt werden müssen. Zum anderen handele es sich bei dem Teilstück um ein Naturschutz- und FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat).