So viel Einigkeit für ein Großprojekt ist in der Politik nicht selbstverständlich, und selbst Kai Rosebrock (Freie Wähler) konnte sich in der jüngsten Sitzung des Verdener Stadtrats am Dienstag zu einem Lob durchringen. "Dieses Vorhaben überzeugt mich, zumal ich die früheren Planungen potthässlich fand. Aber vor allem das Kleinteilige an diesem Modell gefällt mir gut", sagte Rosebrock und stimmte am Ende mit den anderen Fraktionen für den Bebauungsplan zur neuen Stadtkante. Bekanntlich ist auf dem Gelände der ehemaligen Kaufhalle am Allerufer ein neues Quartier mit Wohnungen, Supermarkt, Gastronomie und einem Hotel geplant.
Mit dem einstimmigen Votum wird das Planverfahren mit der Asset Verden als neuer Investorengesellschaft (wir berichteten) fortgesetzt. Außerdem wird die Verwaltung beauftragt, einen städtebaulichen Vorvertrag auszuarbeiten, in dem sich Stadt und Investor "über die Ziele, Aufgaben und Kostentragung verständigen und diesen den politischen Gremien zur Beratung vorlegen", wie es im Beschluss heißt.
Mehr Variationen
Bürgermeister Lutz Brockmann (SPD) erinnerte eingangs daran, dass der Siegerentwurf der zweiten Ausschreibung dem Stadtrat vor fünf Monaten vorgestellt worden sei. "Damals gab es viel Zustimmung, und es ist erstaunlich, wie schnell die Empfehlungen der Jury im Entwurf umgesetzt wurden", sagte der Verwaltungschef. Vor allem in der Giebelgestaltung sei es gelungen, mehr Variationen hereinzubringen, zudem wurden mehr Abstellflächen für Fahrräder vorgesehen. "Wenn jetzt der Rat zustimmt, kann die Fleißarbeit mit dem städtebaulichen Vertrag starten, damit es 2023 losgehen kann", warb Brockmann um die Unterstützung der Fraktionen.
Für die CDU äußerte sich Jens Richter positiv zu dem Vorhaben. Es sei zu wünschen, jetzt schnell in die Realisierungsphase zu kommen. Sein Parteifreund Lars Brennecke gab allerdings zu bedenken, dass dem Rat und vor allem der Verwaltung in der nächsten Zeit noch sehr viel Arbeit bevorstehe. Er appellierte daran, "das große Engagement auch in dieser Phase beizubehalten".
Laut Carsten Hauschild ist auch die SPD-Fraktion "begeistert von dem Entwurf". Letztlich habe die Stadt den richtigen Weg eingeschlagen. Johanna König (Grüne) rief ins Gedächtnis, dass die Planungen für die neue Stadtkante bereits vor fünf Jahren begonnen hätten. Das sei eine lange Zeit, aber jetzt liege ein "lebendiges und überzeugendes Konzept" auf dem Tisch. "Spannend ist, dass hier ein Klimaschutzquartier entsteht. Das haben wir in Verden noch nicht", schwärmte Johanna König. "Der Raum gehöre den Menschen und nicht den Autos, so muss eine moderne Stadtplanung aussehen". Das neue Quartier werde ein gutes Aushängeschild für Verden.

Früher stand auf dem Gelände die Kaufhalle, mit dem architektonischen Charme der 1970er-Jahre.
Funktion und Ästhetik
Für Henning Wittboldt-Müller (FDP) sind im neuen Entwurf Funktion und Ästhetik gut verbunden. "Das ist eine echte Verbesserung. Hier hat jemand Lust, etwas Schönes zu bauen." Wittboldt-Müller erinnerte in diesem Zusammenhang an das Aussehen der Kaufhalle. "Das war hässlich, aber so hat man in den 1970er-Jahren gebaut." Er hätte an dem Standort auch mit "Wohnhäusern wie im Fischerviertel" leben können, der Stadtrat habe aber auch etwas für die Nahversorgung tun wollen, deshalb der Supermarkt. "Wenn die Autos zudem unter die Erde sollen, wird es teurer und aufwendiger", argumentierte er. Die Tiefgarage sei jetzt laut Entwurf gut versteckt, die Funktion sei aber erhalten geblieben.
Das Grundmotiv des Konzepts zeichnet sich durch ortstypische giebelständige Häuser aus, in denen zukünftig Wohnungen, Einzelhandel und ein Hotel untergebracht werden sollen. Nach Ansicht von Stadt und Jury sei die Einbindung des Quartiers in das Umfeld besonders gelungen, "indem die Qualität öffentlicher Räume und Wegeverbindungen, etwa im Bereich des Syndikatshofs, von vornherein eingeplant wurden". Zur Aller hin ist ein öffentlicher Platz vorgesehen, dessen Gestaltung noch weiter konkretisiert werden soll. Pkw-Stellplätze sind in einer gemeinsamen Tiefgarage mit Zufahrt von der Straße Am Nordertor vorgesehen. Nach Informationen der Verwaltung kann das Bauleitplanverfahren beschleunigt ablaufen.