15 Monate – so lange hoffen Menschen aus der Veranstaltungsbranche darauf, endlich wieder Konzerte, Partys und andere Events begleiten zu können. Doch allen Lockerungen zum Trotz sehen sie noch keinen Silberschweif am Horizont. Um auf ihre prekäre Lage aufmerksam zu machen und Solidarität mit Unternehmen, die die Krise nicht überstanden haben, zu bekunden, setzen Veranstaltungstechniker an diesem Dienstag, 22. Juni, bundesweit Gebäude in Szene. In Verden werden der Dom sowie das historische Rathaus ab 22 Uhr in rotem Scheinwerferlicht erstrahlen.
Es ist bereits die zweite "Night of Light", die auf die Initiative Alarmstufe Rot, ein Zusammenschluss von in der Veranstaltungsbranche Tätigen, zurückgeht. Bereits im vergangenen Jahr wurden, ebenfalls am 22. Juni, die Verdener Stadthalle, das Domgymnasium und das Gemeinde- und Begegnungszentrum St. Nikolai ab 22 Uhr in rotes Licht getaucht. Dass sich seitdem nicht viel an der Situation der Betroffenen geändert hat, sei ärgerlich, findet Daniel Brettschneider. Der Verdener ist hauptberuflich bei einer Veranstaltungsagentur in Bremen beschäftigt und seit über einem Jahr in Kurzarbeit. Nebenberuflich ist er mit seinem Mitstreiter Marian Rohlfing als Team Selfmade aktiv, das ebenfalls Veranstaltungen verschiedener Größenordnungen organisiert.
Spärliche Termine
In den vergangenen Monaten waren allerdings auch die nebenberuflichen Termine spärlich gesät, erzählt Brettschneider. Unter anderem bei der Autodisco in Verden und einem Konzert vor dem Gemeinde- und Begegnungszentrum St. Nikolai zeigte das Duo sein Können. Rathaus und Dom setzt es gemeinsam mit den Veranstaltungstechnikern Max Arlt, Christoph Mahlstädt und Nils Kamermann in Kooperation mit der Verdener Stadthalle in Szene.
"Es gab Hilfen, aber die waren eher ein Tropfen auf den heißen Stein", kritisiert Brettschneider die finanziellen Mittel, die vom Bund bereitgestellt wurden. "Uns geht es noch halbwegs gut", sagt er, meint damit sich und seinen Kollegen Rohlfing. Doch andere, die im Hauptgewerbe Veranstaltungen organisieren, gingen schon lange auf dem Zahnfleisch. Von Aufatmen könne also trotz der langsamen Rückkehr von Kulturveranstaltungen noch keine Rede sein. "Was jetzt stattfindet, sind geförderte Veranstaltungen", sagt Brettschneider. Denn Konzerte und Theateraufführungen rechnen sich unter den aktuellen Bedingungen für Veranstalter kaum. "Man kann ja keine 300 Euro für ein Ticket nehmen."
Die Organisatoren der "Night of Light" wollen allerdings nicht nur die Politik auf ihre prekäre Situation aufmerksam machen, sondern auch alle anderen auf ihre gefährdete Existenz hinweisen. "Grundsätzlich scheuen sich viele Menschen, einen Veranstaltungstechniker zu buchen", lautet Brettschneiders Erfahrung. Dabei richte sich deren Angebot nicht nur an Veranstalter von Großveranstaltungen. "Wir machen alles, auch eine Gartenparty."
80 bis 90 Scheinwerfer kommen am Dienstagabend in Verden zum Einsatz. Sie erleuchten das historische Rathaus sowie die Südseite des Doms. Auch dessen Eingangsportal soll in dramatisches Licht getaucht werden. Von 22 bis 1 Uhr werden die Fassaden beleuchtet. Ein besonderes Augenmerk liegt dann auch auf dem Turm des Doms, der auch aus der Ferne sichtbar sein wird.
Neben dem Dom und dem Rathaus in Verden sollen in ganz Europa mehr als 1000 Gebäude beleuchtet werden, heißt es auf der Internetseite von Alarmstufe Rot. "Trotz zarter Öffnungsschritte und der Hoffnung auf ein baldiges Ende der Pandemie ist jetzt schon klar: Auf große Wirtschafts-, Kultur- und Sozialveranstaltungen werden wir noch lange warten müssen", stellt die Initiative fest. Viele Event- und Kulturschaffende würden daher am längsten unter der Pandemie leiden.