Offiziell ist Petra Müller zwar erst ab 1. August in Rente – von den Kolleginnen und Kollegen im Ortsamt, „ihren“ Beiratsmitgliedern und auch so einigen Bürgerinnen und Bürgern hat sich die für Walle verantwortliche Stadtteilsachgebietsleiterin aber bereits Ende Mai verabschiedet.
Denn es hatten sich etliche Urlaubstage angesammelt, die die Findorfferin nun schon in vollen Zügen genießt. „Mitten in der Woche einfach mal spontan woanders hinfahren oder eine Einladung annehmen – das ist schon toll. Ich genieße es total, selbst bestimmte Zeit zu haben und sie so zu verwenden, wie es gerade kommt. Das ist ein Privileg“, sagt sie. „Denn mit den Abendterminen sind es im Ortsamt schon immer lange Arbeitstage gewesen. Und zum Schluss musstest du dann sehr konzentriert sein, zum Beispiel im Bauausschuss, wo ja oft viele 'kleine' Themen und Anträge moderiert werden müssen.“
Auf ihre gut elf Jahre im Ortsamt blickt die 63-Jährige durchweg mit positiven Gefühlen zurück. „Manchmal klappt etwas nicht oder die Behörden denken anders als man will – aber die Arbeit im Stadtteil und der Stadtteil selbst, das hat mir immer Spaß gemacht. Ich finde Walle lebendig, bunt, interessant und vielfältig – und das hat sich auch nicht geändert.“
Etwas bedauere sie allerdings sehr: „Dass es nicht möglich war, mehr Stadtteilprojekte zu initiieren, durchzuführen und zu begleiten, weil aus meiner Sicht die Verwaltungstätigkeiten zugenommen haben.“ So sei etwa die Stelle der Globalmittel-Bearbeiterin schon seit mittlerweile dreieinhalb Jahren nicht mehr besetzt. Seitdem sorgen die Stadtteil-Kräfte dafür, dass Einrichtungen in Findorff, Walle und Gröpelingen weiterhin mit Globalmitteln unterstützt werden können. „Die Beratung zu den Anträgen im Stadtteil ist eindeutig unsere Arbeit“, findet Müller. Die weitere Bearbeitung eingegangener Anträge allerdings wäre ihrer Ansicht nach bei einer darauf spezialisierten Fachkraft besser aufgehoben: „Denn das Zuwendungsrecht ist kompliziert. Man muss da jedes Mal wieder rein finden und die Anträge gut prüfen. Das sind schließlich Steuermittel.“
Und, so Müller: Je mehr solcher Verwaltungstätigkeiten hinzukämen, desto weniger Zeit bleibe für den Stadtteil, für Jugendbeteiligung, Bürgerbeteiligung und Projekte: „Das ist das, was ich gut kann und gerne gemacht habe. Es gibt in Walle viele engagierte Menschen, die sich einbringen. Aber es ist schade, wenn es in einem so lebendigen Stadtteil nicht möglich ist, mal was Neues auszuprobieren.“ So wie es zum Beispiel beim Platz der Generationen noch der Fall war, der 2015 beim Haferkamp im Grünzug eingeweiht werden konnte, nachdem sich verschiedene Akteure jahrelang für eine Umgestaltung des Grünzugs an dieser Stelle eingesetzt hatten: „Da musste man sich treffen und vernetzen und wir haben da das erste Mal Sponsoring ausprobiert.“
Der gestiegene Verwaltungsaufwand gehe aber auch zulasten der Beiräte, unterstreicht Müller: „Ich habe immer sehr gerne mit den Beiräten zusammengearbeitet. Die machen ihre Arbeit ehrenamtlich und dürfen auch eine professionelle Begleitung durch das Ortsamt erwarten. Da muss sich die Senatskanzlei überlegen, was sie will und was geht.“
In den einzelnen Fachausschüssen jedenfalls habe sie stets ein hohes Maß an Kompetenz wahrgenommen: „Es gibt da viel Erfahrungswissen – aber auch Spezialwissen, das die Beiräte sich erarbeitet oder aufgrund ihrer Profession haben.“ Was ihr außerdem gefallen habe: Dass die Zusammenarbeit mit den Ortspolitikern stets kollegial gewesen sei und man sich auf die Beiräte verlassen konnte – auch wenn sie gelegentlich, insbesondere bei neuen Mitgliedern des Stadtteilparlaments, Unverständnis darüber registriert habe, wie eine Behörde agiere: „Da ist es dann auch die Aufgabe des Ortsamtes, ein bisschen zu vermitteln. Denn es muss eine Arbeitsebene erhalten bleiben, da man ja später auch wieder zusammenarbeiten muss. So geht es dann erstmal darum, dass man sich ins Benehmen setzt und versucht, einen Kompromiss zu finden.“
Als Stadtteilsachgebietsleiterin hat Müller die abendlichen Sitzungen des Beirats und mehrerer Fachausschüsse vorbereitet, moderiert, protokolliert und nachbereitet und weiß, was den Beiräten abverlangt wird: „Gerade im Bauausschuss ist das richtig viel Arbeit. Dessen Mitglieder bekommen jede Woche richtig viel Material, das durchgearbeitet werden muss.“
Auch sie habe durch ihre Tätigkeit im Ortsamt viel dazu gelernt, sagt Müller – sei es im Baurecht oder auch darüber, wie Kommunalpolitik funktioniere. Um auf kommunaler Ebene gemeinsam etwas zu erreichen, sollte die Stadtteilpolitik vor der Parteipolitik Vorrang haben, teilt sie dabei die Einschätzung des früheren Waller Beiratssprechers Gerd-Rüdiger Kück, während dessen Amtszeit sie 2010 im Ortsamt angefangen hatte: „Der Stadtteil sollte sich nicht auseinanderdividieren lassen, wenn es hart auf hart kommt.“
Sie selbst hat sich für die Zukunft einiges vorgenommen: Müller möchte Gasthörerin an der Uni werden, wieder mehr reisen, öfter im Garten sein und eine neue Sportart ausprobieren. Und, was viele im Stadtteil freuen dürfte: Sie wird sich ehrenamtlich in einem Waller Verein im engagieren.