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Verdener Justiz Abschied von der Staatsanwaltschaft

Nach acht Jahren als Leiterin der Verdener Staatsanwaltschaft verabschiedet sich Angelika Gresel-Appelbaum in den Ruhestand. Bei ihren Mitarbeitenden verabschiedet sie sich mit einem besonderen Gruß.
19.09.2021, 16:01 Uhr
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Von Angelika Siepmann

Ein Büro mit Allerblick wird Angelika Gresel-Appelbaum (64) nicht mehr beziehen. Wenn sich ein Großteil der Staatsanwaltschaft Verden voraussichtlich im nächsten Frühjahr im früheren Stadtwerkegebäude ansiedelt, wird die gebürtige Berlinerin ihre berufliche Laufbahn bereits beendet haben. Nur noch die letzten Septembertage, dann verabschiedet sich die seit Dezember 2013 amtierende Behördenleiterin von ihren rund 135 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und geht in den Ruhestand. Wer dann in der neuen Hauptstelle an der Nordbrücke als Nachfolgerin oder Nachfolger fungieren wird, steht bislang noch nicht fest. Schade, findet die Juristin.

Sie selbst hat seinerzeit die Nachfolge von Jörg Fröhlich angetreten. Der hatte als Chef der Verdener Staatsanwaltschaft nach 16-jähriger Tätigkeit von Helmut Trentmann nur ein vergleichsweise kurzes Gastspiel gegeben. Nach nicht einmal einem Jahr zog es den beförderten Fröhlich dorthin, wo die neu berufene Leitende Oberstaatsanwältin nun herkam: Hannover. In der Landeshauptstadt hatte sich Angelika Gresel (der Doppelname entstand dann nach der zweiten Eheschließung) schon hohe Anerkennung erworben und sich für den vakanten Posten in Verden allemal empfohlen. Sie werde auch hier die Aufgabe „mit Bravour meistern“, zeigte sich die damalige Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beim offiziellen Stabwechsel im Februar 2014 überzeugt.

Wunsch nach Führungsposition

Mit der „Inthronisation“ ging für Angelika Gresel-Appelbaum nicht zuletzt ein Wunsch in Erfüllung. Eine Führungsposition anzustreben, gerade auch als Frau, lag für sie nie fern, im Gegenteil. Schon recht früh in ihrer beruflichen Laufbahn habe sie dies klar erkannt und an entsprechender Stelle auch kommuniziert. Dass sie Gehör fand und ihr beruflicher Weg auch tatsächlich weiter bergan weisen und zunehmend Verantwortlichkeit bringen sollte, stellte sich spätestens 2006 heraus. Da sollte es zwar bis zur kompletten Behördenleitung noch etwas dauern, aber immerhin avancierte Gresel-Appelbaum schon mal, nach sechs Jahren als Oberstaatsanwältin bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle, zur Abteilungsleiterin und dann auch stellvertretenden Chefin in Hannover.  

So kontinuierlich sich ihr Wunsch entwickelt hatte, einmal einer Behörde vorzustehen, so sicher war sich die junge Jurastudentin, in Bielefeld und bis zum ersten Staatsexamen in Münster, auch bald gewesen, dass sie zur Staatsanwaltschaft wollte – „der objektivsten Behörde der Welt“, wie Gresel-Appelbaum schon mehrfach zitiert wurde. Und überhaupt Rechtswissenschaften zu studieren, hatte sich auch zeitig abgezeichnet. 1957 in Berlin geboren, seit der Kindheit in Hannover beziehungsweise in der Nähe zuhause, war schon die Jugendliche begeisterte Leserin von Kriminalromanen.

Krimi-Klassiker war Initialzündung

Möglicherweise, meint Gresel-Appelbaum im Rückblick schmunzelnd, sei „Das achte Messer“ die Initialzündung gewesen. Mit 13 hat sie den britischen Krimi-Klassiker von Victor Gunn um einen tödlichen Messerwurf im Varieté und die intensiven Ermittlungen des Scotland Yard-Inspektors Cromwell verschlungen. Im Verlaufe der Schulzeit manifestierten sich die Berufspläne Richtung Jura vor allem im Zuge eines Gemeinschaftskundekurses zum Thema Recht. So nahm die Zwölftklässlerin auch an einem Projekt in der Jugendanstalt Hameln teil und hielt Gitarrensessions mit straffällig geworden jungen Menschen ab.  

Sich vielseitig zu engagieren, auch außerhalb des eigentlichen Jobs, war für Gresel-Appelbaum stets selbstverständlich. So gehörte sie bis zu ihrem Amtsantritt in Verden auch lange dem Vorstand, unter anderem als Vizevorsitzende, von Waage Hannover an, dem gemeinnützigen „Zentrum für Mediation und Konfliktschlichtung in Stadt und Region Hannover“. Zudem war sie Mitglied des Landesjustizprüfungsamtes.

Wohnsitz in der Mitte

Sich in Verden auch häuslich niederzulassen, war für Gresel-Appelbaum keine Option. Mit Ehemann Martin Appelbaum, Leiter der Zentralstelle Terrorismusbekämpfung bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle, hat sie einen Wohnsitz gewählt, der für beide Partner in puncto Entfernung zum Arbeitsplatz akzeptabel ist, nahe Bad Nenndorf. Auch wenn die Pendelei mal nervt. Oder, wie es Gresel-Appelbaum neulich widerfahren ist, sie nicht mit dem Zug loskommt, weil die Lokführer streiken.

Aber Homeoffice ist ja eine bedingt gangbare Alternative und besonders seit Corona ohnehin ein gewichtiges Thema. Die Staatsanwaltschaft Verden hatte die Zügel zwischenzeitlich sehr straff angezogen. Monatelang wurde im strikten Schichtsystem gearbeitet. „Und es wurde geknüppelt ohne Ende“, sagt die Gresel-Appelbaum, die voller Lob und Dank ist für ihr gesamtes Team. Unterm Strich habe alles „ausgezeichnet funktioniert“. Als Juristin möchte sie künftig nicht mehr fungieren. Etwa noch Anwältin zu werden, ist nicht vorgesehen. Vielmehr möchte sie vor allem mehr Zeit mit Tochter und Enkelkind verbringen, die in Frankfurt leben.

Die strengen Corona-Schutzmaßnahmen verhindern eine große gesellige Abschiedsrunde mit ihrer Behördencrew. Aber Angelika Gresel-Appelbaum wird alle noch einmal auf ihre Art verwöhnen: Jeder bekommt an ihrem letzten Tag eine Lunchbox. Die jeweiligen Wünsche hat die scheidende Chefin schon abgefragt.   

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