Nicht nur die Fördermenge von etwa 8,8 Millionen Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr im Werk Panzenberg in Scharnhorst haben die Fraktionen im Stadtrat Verden in ihrer jüngsten Sitzung kritisiert, auch die Tatsache, dass der Trinkwasserverband Verden seit 2009 keinen Antrag auf Förderung mehr eingereicht hat, sorgt bereits seit Jahren für Unmut. Bürger und Naturschützer kritisieren vor allem die Auswirkungen auf die umliegenden Gewässer und die Natur. Das Thema Trinkwasserförderung war auf die Tagesordnung des Stadtparlaments gekommen, weil der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) die Bewirtschaftungsziele für den teilweise trockengefallenen Halsebach absenken möchte. Dazu hat der Stadtrat einstimmig eine Stellungnahme verabschiedet, die unter anderem fordert, am Ziel festzuhalten, einen guten ökologischen Zustand der Halse wiederherzustellen.
Wie berichtet, soll der angestrebte Zustand des Gewässers bis 2027 in der europäischen Wasserrahmenrichtlinie nach dem Willen des NLWKN nicht mehr auf ökologisch gut, sondern auf unbefriedigend abgeschwächt werden. Aktuell wird der Zustand als schlecht eingestuft. Nach der Wasserrahmenrichtlinie soll zwar generell jedes Gewässer einen guten ökologischen Zustand erreichen. Für die Halse sollen jedoch nach dem Willen des NLWKN weniger strenge Bewirtschaftungsziele festgeschrieben werden.
Dies begründet der Landesbetrieb damit, dass bei einer Fortführung der Wasserentnahme am Panzenberg "der Halsebach so beeinträchtigt wird, dass das gute ökologische Potenzial nicht bis 2027 erreicht werden kann". Selbst durch ein verändertes Fördermanagement oder eine Brunnenverlegung sei das Bewirtschaftungsziel nicht möglich. Gleiches gelte für eine mögliche Abdichtung des betroffenen Bachbettes. Bei der Abwägung sei zudem die "elementare Bedeutung, die das Wasserwerk Panzenberg für die Trinkwasserversorgung der Großstadt Bremen besitzt, zu berücksichtigen".
Weniger strenge Ziele
Nach Angaben der Verdener Verwaltung haben die Bewirtschaftungsziele für die Halse Auswirkungen auf das Genehmigungsverfahren für das Wasserwerk Panzenberg. Um die Wasserförderung zukünftig fortführen zu können, sollen die Entwicklungsziele für die Halse weniger streng ausfallen. Gemäß der Abwägung des NLWKN seien diese zulässig, so die Verwaltung.
Im Stadtrat betonte Karin Hanschmann (SPD), dass Wasser entscheidend für das Überleben von Flora und Fauna sei. "Wir müssen die Lieferungen nach Bremen drosseln", forderte die Dauelserin. Stattdessen müsse die Wasserversorgung der Hansestadt umverteilt werden. Verden könne nicht länger der Hauptlieferant bleiben. "Aber letztlich muss jeder seinen Umgang mit Wasser überdenken", so Karin Hanschmann. Diese Ansicht vertrat auch Henning Wittboldt-Müller (FDP): "Für einen nachhaltigen Umgang mit Wasser müssen wir uns alle an die eigene Nase fassen". Entscheidend für eine Senkung der Fördermengen sei, auch die anderen Mitglieder des Trinkwasserverbandes zu überzeugen. "Verden kann das nicht alleine beeinflussen", sagte Wittboldt-Müller.
Vor allem die Scharnhorster hätten über Jahrzehnte mit ansehen müssen, wie die Halse immer mehr ausgetrocknet sei, meldete sich Rasmus Grobe (Grüne) zu Wort. "Eigentlich dürfte die Fördergenehmigung für den Panzenberg gar nicht erteilt werden", betonte er. Das "Unverständnis der Bürger" sei im Laufe der Zeit immer weiter gewachsen. "Deshalb ist es richtig, dass wir den Zustand nicht akzeptieren". Eine Verbesserung für die Natur zu erreichen, sei allerdings ein langer Prozess. Dazu gehöre auch ein Wassersparkonzept für Verden.
Für Jens Richter (CDU) sei "die Crux" eigentlich schon das langjährige Genehmigungsverfahren für die Förderung, das immer noch nicht abgeschlossen sei. "Wir haben ja nicht nur Schäden an Fauna und Flora, sondern auch an Häusern und Straßen, die teilweise abgesackt sind". Aus seiner Sicht müsse die Prüfung von Alternativen für die Versorgung Bremens verstärkt werden. Als weitere Überlegung nannte Richter den Bau eines vierten Wasserwerks, "um die Entnahmemengen besser zu verteilen".
Der neue Sprecher der SPD-Fraktion, Carsten Hauschild, erinnerte daran, dass es mittlerweile auch in Niedersachsen Probleme mit Wasserknappheit gebe. "Und wir sind ja noch nicht einmal in einem trockenen Sommer", gab er zu bedenken. Deshalb müssten auch die anderen Mitgliedskommunen des Trinkwasserverbandes Wasser einsparen. Gezielt Kritik am Vorstand des Trinkwasserverbandes äußerte Olaf Kluckhuhn (CDU). Angesichts des verschleppten Förderantrags müsse der Verband "seine Einstellung zur Ökologie sowie zu Recht und Ordnung überdenken".