Die neuen Reitplätze auf dem Verdener Turniergelände sind zwar bereits seit einem Jahr fertig, das mühsame Wässern per Wassertankwagen gehört aber erst seit Kurzem der Vergangenheit an. Buchstäblich gerade rechtzeitig vor Beginn der Internationalen Turnierwoche ist die aufwendige Bewässerungsanlage fertig geworden. Als Grund für die Verzögerung nannte Bürgermeister Lutz Brockmann bei der offiziellen Vorstellung der Technik die schlechte Wasserqualität des ersten Brunnens der in einer Tiefe von 37 Metern gebohrt wurde. "Das Wasser war moorig, und wir haben bei Tests erhöhte Werte für Eisen und Mangan festgestellt", erklärt Brockmann. Das sei für die Technik nachteilig gewesen.
Für den zweiten Brunnen wurde nur 24 Meter tief gebohrt, nachdem eine Wasserprobe keine Beanstandungen ergeben hatte. "Der Grundwasserspiegel liegt auf dem Gelände bei knapp 18 Meter Tiefe", sagt Projektleiterin Jasmin Nölker vom Fachbereich Straßen und Stadtgrün. Der Einbau des Bewässerungssystems habe etwa drei Monate gedauert, alle drei Reitplätze im Innenbereich des Turnierplatzes sind mit dem System ausgerüstet, insgesamt 16.000 Quadratmeter. Der Vorteil aus Sicht von Wilken Treu, Geschäftsführer des Hannoveraner Verbandes: "Durch den neuen Turnierplatz haben wir wesentlich mehr Möglichkeiten, um Reitveranstaltungen anzubieten. Und durch die neue Bewässerung ist der Platz deutlich leichter zu bespielen."
Trittfestigkeit des Bodens

Die Reitplätze mit Sandboden benötigen für die Trittfestigkeit eine bestimmte Wassermenge.
Denn die Pferde benötigen im Reitsport eine bestimmte Trittfestigkeit des sandigen Bodens. Durch das neue Bewässerungssystem, das von der Firma Bohlmann-Reitböden aus Kirchlinteln stammt, kann nicht nur automatisch eine bestimmte Feuchtigkeit eingestellt werden. Es kann auch jeder Reitplatz individuell gewässert werden. Dafür sorgt eine umfangreiche technische Steuerung, die auch Niederschläge berücksichtigt und per Sensor die Wasserverdunstung auf dem jeweiligen Reitplatz misst.
"Auch im Sinne der Ressourcenschonung ist die Anlage sinnvoll, denn sie verbraucht etwa 30 Prozent weniger Wasser", schildert Bohlmann einen entscheidenden Vorteil. Auch sei es der Stadt wichtig gewesen, kein Trinkwasser zu verbrauchen, sondern ausschließlich auf Brunnenwasser zurückzugreifen. Da die Bewässerung bei diesem System nicht von oben, sondern von unten erfolgt, ist zudem die Verdunstung gering, wie der technische Leiter, Martin Stäcker, betont. "Die Steuerung sorgt für ein langsames Bewässern, damit nicht mehr Wasser in den Boden gebracht wird, als er aufnehmen kann", so Stäcker. Dadurch werde kein Wasser verschwendet.
Gittersystem im Boden
Beim Einbau der Anlage wird unter dem jeweiligen Reitplatz ein Gittersystem verlegt, das zur Stabilisierung mit Sand gefüllt ist. "Dadurch sind auch schwere Lasten kein Problem", erläutert Stäcker. Benötigt der Sandboden mehr Feuchtigkeit, öffnen sich automatisch Membranen und das Wasser wird freigegeben. Der Sand zieht es dann nach oben. Für genaue Wetterdaten sorgt eine kleine metereologische Station direkt neben dem Technikkasten, der optisch an die Verteilerstation eines Telefon- oder Internetanbieters erinnert. Und da die Verdunstung im Boden des Reitplatzes kontinuierlich gemessen wird, kann schnell nachgesteuert werden, um den gewünschten Wasseranteil von 15 bis 18 Prozent im Sand zu halten.
"Das müssen wir ausprobieren, welche Einstellung für welchen Zweck geeignet ist", sagt Wilken Treu. Sicher sei für die Dressur eine andere Bodenbeschaffenheit optimal als fürs Springen. In jedem Fall seien mit 19 individuell einstellbaren Programmen für jeden Reitplatz genügend Möglichkeiten vorhanden, versichert Martin Stäcker, der in der Anfangszeit den Verband unterstützen wird. Zudem werde das Programm ständig angepasst.
Reitplätze mit einem derart ausgefeilten System gibt es nicht zum Schnäppchenpreis. Rund 1,6 Millionen Euro haben die Anlagen gekostet, inklusive der Vorarbeiten und einem größeren Bodenaustausch, wie Jasmin Nölker sagt. Die laufenden Kosten trägt der Hannoveraner Verband, wie hoch sie ausfallen werden, kann Treu nach eigenen Angaben noch nichts sagen. Ein Vorteil sei in jedem Fall, dass die Anlage an den turnierfreien Tagen auf eine Minimalfunktion heruntergefahren werden könne. Außerdem verfügt das System über eine Leckage-Erkennung und im Winter werden die Leitungen als Frostschutz automatisch entleert.