Unter den Blicken großer Kinderaugen hat die Kindertagesstätte Carl-Hesse-Straße binnen kurzer Zeit einen Anbau bekommen. Der Modulbau wurde bereits im Dezember mit einem Kran auf das freie Areal zwischen Kitagebäude und Straße gehievt und sorgte bei den Kita-Kindern in Notbetreuung für Aufsehen. Inzwischen ist der Anbau auch eingerichtet und erfreut sich bei den Kleinen großer Beliebtheit.
Ursprünglich bot die Kita fünf Gruppen Platz. Einer der Räume wurde allerdings vorübergehend zum Schlafraum für die Krippenkinder umfunktioniert. Doch inzwischen ist der Platzbedarf gestiegen, genauso wie der Druck auf die Stadt Verden, zusätzliche Betreuungsangebote zu schaffen, um den aktuellen Rechtsanspruch erfüllen zu können. „Kurzfristig und mit wenig Kosten“, so hieß es in der Ratsvorlage, ließe sich mit einem Modulanbau eine weitere Kindergartengruppe einrichten.
Zwei Schlafräume
Das Ergebnis ist „richtig schön geworden“, wie Christiane Morré vom Fachbereich Bildung und Kultur bei einem Vor-Ort-Termin urteilt. Der blaue Modulbau hat bodentiefe Fenster, die mit Jalousien ausgestattet sind. Im Inneren sind zwei Schlafräume untergebracht. Jeder von ihnen verfügt über einen Notausgang. Verbunden sind die Räume mit einem breiten Flur, der Platz zum Wickeln der Kinder bietet. Der Flur stellt auch eine direkte Verbindung zum Kitagebäude dar. Die Krippenkinder seien inzwischen im rechten Teil des Hauses untergebracht, die Kindergartenkinder beleben den linken Teil, erklärt Kita-Leiterin Stephanie Kuhlemann.
Nicht nur mit Blick auf den nun wieder nutzbaren Gruppenraum sei der Anbau praktisch, sagt Kuhlemann. Denn bis zu dessen Einweihung mussten zwei Krippengruppen sich einen Schlafraum teilen. Entsprechend unruhig ging es dort zu. Nun hat jede Gruppe ihren eigenen Raum mit jeweils 31 Quadratmetern für das Nickerchen zur Mittagszeit. Jeweils 15 kleine Betten finden dort Platz.
Exakte Positionierung
Mit Anbauten wie diesem habe die Stadt bereits in Hönisch gute Erfahrungen gemacht, erklärt Hochbauingenieur Christian Nießen. Doch an der Carl-Hesse-Straße sei der Aufbau eine besondere Herausforderung gewesen. „Der Anbau hat eine Grundfläche von 88 Quadratmetern. Der Vorgarten bietet 200 Quadratmeter Platz“, sagt er. Entsprechend exakt musste der Anbau per Kran positioniert werden. „Wie ein Puzzleteil wurde der Modulbau eingesetzt.“ Selbst die umstehenden Bäume, die das Unterfangen zusätzlich erschwerten, blieben unversehrt.
Um Ostern herum im vergangenen Jahr sei der Plan aufgekommen, erinnert sich Bürgermeister Lutz Brockmann. Die Entscheidung für die Modulbauweise sei schnell gefällt gewesen. Im Sommer stimmte der Rat dem Vorhaben zu, sechs Monate später stand der Anbau, der 260 000 Euro kostete.
Die Fenster seien besonders dick, die vorbeifahrenden Autos seien so kaum zu hören, sagt Nießen. Insgesamt sei bei dem Bau darauf geachtet worden, dass Lärm draußen und Wärme drinnen bleiben. Der grüne Fußboden soll zudem eine beruhigende Wirkung auf die Kinder haben.
Notbetrieb läuft noch
Doch Normalität kehrt nun, da der Anbau endlich da ist, noch nicht ein. Die Kita läuft, wie alle anderen auch, weiterhin im Notbetrieb. „Die Stadt Verden hat eine relativ hohe Quote an Notbetreuungen“, sagt Brockmann. In Betreuung sind aktuell Kinder, deren Eltern beide in systemrelevanten Berufen tätig sind, die bei einem alleinerziehenden Elternteil oder in sozial sehr schwierigen Verhältnissen leben. Für die Kinder, die trotz Pandemie in die Kita kommen, sei alles fast normal. „Sie vermissen nur ein paar ihrer Freunde, sonst geht es ihnen gut“, sagt Kuhlemann. Anders sehe es bei den Kindern aus, die nun den Kita-Besuch schmerzlich vermissen. Die Betreuerinnen halten zu ihnen dennoch weiter den Kontakt, packen regelmäßig kleine Tüten mit Beschäftigungsmaterial und geben es ab. „Wir versuchen, viel an die frische Luft zu gehen“, erklärt Kuhlmann. Manch ein Spaziergang führe dann auch bei anderen Kita-Kindern vorbei, die der Gruppe dann durchs Fenster zuwinken können.
„Wir dürfen jetzt keine Eingewöhnung machen“, nennt Kuhlemann einen weiteren Punkt, in dem die Pandemie den Kita-Alltag beeinflusst. Theoretisch dürften die Kinder zwar kommen, ihre Eltern müssten allerdings draußen bleiben. Außerdem bleiben die Gruppen aktuell streng getrennt. Auch das ist im Normalbetrieb anders.