Er kam aus Schweden, trumpfte in Verden drei Tage lang groß auf und wandert nun weiter in die Niederlande: Ein Rappe, der den rheinischen Spitzenvererber Escamillo zum Vater hat, erlöste am Sonnabend beim Hengstmarkt des Hannoveraner Verbandes in der Niedersachsenhalle den Höchstpreis von 700.000 Euro. Er gehört zum Sextett der sogenannten Prämienhengste, die unter den insgesamt 31 gekörten Dressurhengsten noch einmal besonders herausgefiltert und ins Rampenlicht gerückt wurden. 55 Kandidaten waren zur Körung vorgestellt worden.
Nach längerer, Corona-bedingter Pause fand in Verden mal wieder eine Präsenzauktion statt. Die Versteigerung setzte am Sonnabend den Schlusspunkt unter die erste der beiden Veranstaltungen im Zeichen der zweieinhalbjährigen Hoffnungsträger für die Zukunft der Pferdezucht. Wie es um die ausgewählten jungen Springhengste bestellt ist, wird sich Anfang Dezember zeigen. Das Dressuraufgebot des Jahrgangs 2019 präsentierte sich auf jeden Fall vielversprechend, und vor allem die von der Körkommission ganz hoch rangierten Hengste erzielten auch durchweg stattliche Preise.

Durch die Auktion führt Frederik de Backer.
26 der gekörten Hengste waren auch zum Verkauf vorgesehen. Als nach manch nervenzehrendem Bietergefecht Bilanz gezogen wurde, standen ein Nettoumsatz von 3.259.000 Euro sowie ein Durchschnittspreis von 125.346 Euro zu Buche. Er liegt nur um rund 1000 Euro unter dem Vorjahresergebnis. Die Top-Summe des Tages übertraf dagegen deutlich den vor zwölf Monaten geleisteten Höchstpreis (490.000 Euro). Erwartungsgemäß waren es wieder die prämierten Hengste, in die am meisten investiert wurde. Allen voran am Ende das Pferd mit der Kopfnummer 19.
Der Sohn des Escamillo, selbst Prämienhengst bei der Körung 2017, habe sich am letzten Tag „genauso kraftvoll und energisch“ gezeigt wie am ersten, hieß es. An Kaufinteressenten mangelte es nicht. Den Zuschlag erhielt schließlich ein renommierter niederländischer Hengsthalter, der hartnäckig per Telefon mitbot. Das teuerste Tier kommt aus der Zucht des 2010 gegründeten schwedischen Unternehmens „2M2 Horses I Bastad AB“, das laut Homepage „mit großen internationalen Verbänden in Europa“ zusammenarbeitet, so auch mit dem Hannoveraner Verband.

Schon zum Auftakt der Auktion setzt der Sprössling von Bon Coeur/ Carabas ein Preiszeichen.
Schon zum Auftakt der Auktion hatte ein Prämienhengst ein Preiszeichen gesetzt. Der schwarzbraune Sprössling von Bon Coeur/ Carabas, gezogen von Dirk Schröder, ausgestellt von Christine Klaewer (beide Lentföhrden) kostete gleich 300.000 Euro. Wohin der Weg des Youngsters aus dem Stamm des „Jahrhunderthengstes“ Weltmeyer führen wird, verkündete Auktionator Frederik de Bakker, kaum dass sein Hämmerchen “zum Dritten“ aufs Pult geknallt war: Das Niedersächsische Landgestüt Celle hat sich das Jungjuwel gesichert. Es sollte später in der Preisstatistik an dritter Stelle stehen.
Zwischen den Escamillo-Hengst und den Bon Coeur-Nachkommen schob sich noch ein kapitaler Fuchs v. Totilas/ Danciano (Züchter Josef Brinkemöller, Georgmarienhütte/ Aussteller BG Brinkemöller u. Westendarp, Wallenhorst). Der Hengst ging für 370.000 Euro an den Klosterhof Medingen (Bad Bevensen), was wiederum bestens zu der Ehrung passte, die zuvor im Schauprogramm Burkard Wahler zuteilgeworden war. Wahler, der die Leitung des Klosterhofs zu Jahresbeginn an seinen Sohn abgegeben hat, wurde mit dem Fritz von der Decken-Preis ausgezeichnet – als erfolgreichster Beschicker der Körung der letzten zehn Jahre.
Vier der gekörten Hengste wurden von der ausländischen Kundschaft ersteigert. Dazu zählt neben dem neuen Niederländer auch der Prämienhengst v. Fürst Belissaro/ San Remo (Jan Schomaker, Wischhafen/ Heinrich Giesselmann, Barver), der für 210.000 Euro nach Frankreich wechselt. Zwei Verkäufe erfolgten nach Dänemark und Belgien. Die Exportliste für die nicht gekörten Hengste umfasst sieben Positionen. Darunter sind drei Pferde, die in die Vereinigten Staaten verkauft wurden. Je eines tritt die Reise nach Kanada, Dänemark, Schweden und Spanien an.

Heike Kemmer, Hannes Baumgart und Hans-Heinrich Meyer zu Strohen bilden die Körkommission.
Unter den 22 Junghengsten, die nicht das begehrte Körurteil „gekört“ bekommen hatten, war ein weiterer Kandidat aus der Giesselmann-Zucht im Kreis Diepholz der bestbezahlte. Für den Sohn v. Secret/ Rubin-Royal ließ ein deutscher Kunde 78000 Euro springen. Ein Rappe v. Fürstbischof/ Samba Hit, ebenfalls eine schwedische Offerte, war einem dänischen Interessenten 68.000 Euro wert. Der Durchschnittspreis betrug in diesem Auktionsbereich 38.363 Euro, der Umsatz belief sich auf 844.000 Euro.
Auf die Auslandsverkäufe war nicht zuletzt Ludwig Christmann sehr gespannt. Der promovierte Agrarwissenschaftler war 37 Jahre beim Verband tätig und „als Leiter der Abteilung "Zucht International" weltweiter Botschafter des Hannoveraners“. Anlässlich der Verabschiedung in den Ruhestand erhielt Christmann die goldene Ehrennadel des Verbandes und die Gustav Rau-Medaille in Bronze der Deutschen Reiterlichen Vereinigung.
Vom 2. bis 4. Dezember werden die Springhengste auf dem Prüfstand stehen. Die Veranstaltung wird den Hannoveraner Springpferde Masters für Vier- bis Achtjährige kombiniert.