Der Stadt Verden geht es gut. Unter den Kommunen vergleichbarer Größe in Niedersachsen belegt die Allerstadt mit Blick auf die Steuereinnahmen den dritten Platz. Auch Zahlen aus dem Jahr 2020 zeigen, wie gut Verden dasteht, zeigte Kämmerer Andreas Schreiber bei der letzten Sitzung des Verdener Stadtrates in diesem Jahr auf. Erzielte Verden pro Kopf Steuereinnahmen von stolzen 2422 Euro, lag der Landesdurchschnitt mit 1160 Euro fast nur halb so hoch. Im aktuellen Jahr konnte die Stadt zudem ein Rekordergebnis bei den Steuern verzeichnen und für das kommende Jahr kostspielige Pläne schmieden. Die Begeisterung über den Verdener Haushalt teilten auch sämtliche Fraktionen im Stadtrat. Dennoch gab es nicht von allen Seiten Zustimmung für das Zahlenwerk.
Der Haushalt 2022 sei "ein Bündel voller guter Nachrichten", fand Bürgermeister Lutz Brockmann. Die Verdener Wirtschaft habe sich auch in der Corona-Krise sehr stark, robust und leistungsfähig gezeigt. "Während in vielen Gemeinden die Steuereinnahmen sinken, steigt die Verdener Steuerkraft." Das sei insbesondere den Unternehmerinnen und Unternehmern sowie die Arbeitskräften zu verdanken.
Krise traf die Innenstadt
Während für viele große Firmen das Jahr mit steigenden Gewinnen einherging, traf die Krise viele Innenstadtbetriebe besonders hart. Über eine Million Euro seien daher im Haushalt 2022 für kurzfristige Maßnahmen zur Belebung der Innenstadt eingeplant. Projekte wie die Probierstadt und das Förderprogramm zur Neuansiedlung von Geschäften werden weitergeführt, kündigt Brockmann an. Im kommenden Jahr soll zudem ein Masterplan Innenstadt erarbeitet werden. Außerdem stehen der Start der Ganztagsgrundschule Walle bevor, die Umbauplanung des Syndikatshofs und eine Bürgerbeteiligung zur Erweiterung des Allerparks bevor.
Die vorläufigen Gesamtjahresergebnisse der Jahre 2019 und 2020 sowie die vorläufige Jahresrechnung 2021 fallen sehr positiv aus, resümiert Wolf-Hertz-Kleptow (CDU), der neben dem Rat dem Finanzausschuss vorsitzt. "Diese Ergebnisse können zu vielen neuen Ideen verleiten", räumt er ein, mahnt allerdings zur Umsichtigkeit bei der Haushaltsplanung. Noch lasse sich ein Defizit durch Mehreinnahmen und Überschussrücklagen decken, doch irgendwann seien die Kassen leer. "Mit der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2022 beschließen wir einen Haushaltsplan mit einem Volumen von rund 96,3 Millionen Euro im Ergebnishaushalt und einem Investitionshaushalt von brutto rund 12,89 Millionen Euro – ein neuer Rekord!"
Richter mahnt zu Weitblick
"Diese Zahlen müssten uns die Schamesröte ins Gesicht treiben", kommentierte Jens Richter (CDU) die Steuereinnahmen der Stadt. Das heiße allerdings keineswegs, dass zu pessimistisch geplant wurde. "Anfang der 2000er-Jahre ist das Pendel in die andere Richtung ausgeschlagen", erinnerte sich Richter. Damals brachte eine große Steuerrückzahlung die Stadt in Schwierigkeiten. Es sei also sehr wohl richtig, vorsichtig zu kalkulieren. "In Verden geht es uns sehr gut, aber wir sollten nicht übermütig werden", betonte er und mahnte sich und die anderen Ratsmitglieder zu Weitblick und Demut.
Es sei schön, dass es Verden finanziell so gut gehe, fand auch Carsten Hauschild (SPD), aber das sei nicht selbstverständlich. "Nur durch vernünftiges Wirtschaften konnten die Betriebe so erfolgreich am Markt agieren und Gewinne erzielen." Für die Stadt sei die Ansiedlung verschiedenster Firmen eine glückliche Fügung. Das Geld müsse allerdings auch vernünftig eingesetzt werden. Investitionen in Wohnraum und ein gutes soziales Umfeld helfen wiederum auch, Fachkräfte in der Stadt zu halten oder an die Aller zu locken.
Viele grüne Anliegen
Gerade mit Blick auf die seit fast zwei Jahren währende Pandemie sei der Haushalt bemerkenswert, betonte Rasmus Grobe (Grüne). "Wir sind erneut als Rat in der Lage, etwas zurückzugeben." Im Haushalt 2022 hätten sich auch viele Anliegen der Grünen niedergeschlagen. Die Umrüstung auf LED-Beleuchtung, die Radverkehrsförderung und das Update für das Klimaschutzkonzept seien nur einige Beispiele.
"Der Haushalt der Stadt Verden liegt in strahlendem Licht", begann schließlich Jürgen Weidemann (FPD) seinen Kommentar zum Zahlenwerk. "Zur Wahrheit gehört: Wo Licht ist, ist auch Schatten." So seien die Ausgaben in den vergangenen Jahren extrem gestiegen. Insbesondere die Personalkosten hätten sich innerhalb von sechs oder sieben Jahren verdoppelt. "Ich will damit nicht sagen, dass die Menschen zu gut bezahlt werden", betonte Weidemann. Hinter Personal steckten schließlich auch immer Aufgaben. "Es fällt Kommunen wie Verden schwer, begonnene Leistungen zu beenden", nannte Weidemann einen für ihn nicht immer nachvollziehbaren Kostenfaktor. Er wünsche sich – beispielsweise bei der Stadtwaldfarm – eine Evaluation darüber, wie sich die Finanzspritzen auswirken. Wie in den vergangenen Jahren lehnte die FDP-Fraktion den Haushalt ab.
Die Gruppe aus Linken und Freien Wählern hingegen enthielt sich bei der Abstimmung. "Der Haushalt zeigt, dass es in Verden vorangeht", sagte Sonja Toaspern (Linke). Dennoch fehle es ihr an wichtigen Investitionen, beispielsweise in die Digitalisierung, begründete sie die Enthaltung.
Umbau beschlossen
Der Rat hatte in seiner vorweihnachtlichen Sitzung allerdings nicht nur über den Haushalt zu entscheiden. Er brachte auch den Radfahrer-freundlichen Umbau von Ostertorstraße und Herrlichkeit auf den Weg. Der Straßenabschnitt, wie er heute ist, sei eindeutig eine Fehlplanung, sagte Weidemann. "Es ist ein teurer Spaß, das auszubügeln." Er hoffe, dass die Stadt daraus lerne. Johanna König (Grüne) freute sich indes über die erhöhte Sicherheit für Radfahrer. Der Umbau von Ostertorstraße und Herrlichkeit sei ein weiterer Schritt für die Fahrradfreundlichkeit der Stadt.
Zuspruch gab es auch für den Umbau der Max-Planck-Straße, von dem neben Rad- auch Lkw-Fahrer profitieren sollen, sowie den Umbau und die Erweiterung des Feuerwehrhauses Döhlbergen-Rieda.