Seit zwei Jahren ist alles anders. Menschen, die sie nicht kennen, zucken innerlich zusammen, wenn sie ihren Vornamen hören. "Ja, ich heiße wie die Pandemie", gibt die Verdenerin Corona Bodenstab unumwunden zu, wenn sie einmal mehr auf ihren Namen angesprochen wird. Doch die Endsiebzigerin geht sportlich damit um, lässt sich von den Reaktionen der Menschen nicht ins Bockshorn jagen – im Gegenteil, denn der Name steht ihrer Ansicht nach für weit mehr als nur die Pandemie.
Beispielsweise für eine gewisse Dame, die ein besonderes Verhältnis zu Johann Wolfgang von Goethe gepflegt haben soll. Natürlich kennt Corona Bodenstab das Buch "Das Leben der Schauspielerin Corona Schröter". Der Dichterfürst hat sogar in einem Gedicht auf die Sopranistin, Mimin und Komponistin angespielt. "Ihr kennt sie wohl; sie ists, die stets gefällt: Als eine Blume zeigt sie sich der Welt (...) Es gönnten ihr die Musen jede Gunst. Und die Natur erschuf in ihr die Kunst. So häuft sie willig jeden Reiz auf sich, und selbst dein Name ziert, Corona, dich" heißt es in seiner Elegie (Klagegedicht) auf Miedlings Tod (1782).
Dem Charme der Domstadt Verden ist Corona Bodenstab jedenfalls sofort erlegen, als sie zum ersten Mal am Allerstrand weilte. Sie, die Frau, die es bis dato nie länger als eine Dekade am selben Ort gehalten hatte, lebt nunmehr seit 1989 in der Kreisstadt. Alleine fühlt sie sich nach dem Tod ihres Mannes, einem passionierten Imker, aber dennoch nicht. I wo – die muntere Dame mit dem putzigen Pudel pflegt viele Freundschaften, kümmert sich ehrenamtlich um Senioren und engagiert sich mit viel Herzblut innerhalb der Landeskirchlichen Gemeinschaft. "Der Glaube ist meine Lebensversicherung", betont Corona Bodenstab. Und das sei auch genau der Grund, warum sie sich angstfrei durch die Pandemie bewege.
Radpilgerin aus Leidenschaft
"Es ist einfach toll, in Verden zu leben. Ich bekomme so viel von den Menschen hier zurück und werde jeden Tag aufs Neue reich beschenkt", macht sie ihrer Wahlheimat eine kleine Liebeserklärung. Seit Jahrzehnten ist die Frau, die wie die Pandemie heißt, nun schon fest in Verden verankert. Sie hat es nie bereut, einen Mann mit Verdener Wurzeln zu heiraten – im Gegenteil, auf seinen Wurzeln hat sie im Laufe der Zeit ihre eigenen geschlagen. Corona Bodenstab hat gleich in mehreren europäischen Ländern gelebt und sage und schreibe drei Berufe erlernt – heute ist sie jedoch vor allen Dingen eines, nämlich überzeugte Verdenerin.
Gut, nach Mexiko, wo das bekannte Bier herkommt, das ihren Vornamen trägt, haben ihre Radpilger-Reisen Corona Bodenstab noch nicht geführt. Berge, Vulkane, Orte – unzählige tragen den Vornamen der Verdenerin, auch der Strahlenkranz (Heiligenschein) ist unter ihrem Namen bekannt. Das entsprechende Modell eines japanischen Autobauers (1957) hat die stolze Besitzerin eines Kleinpudels auch nie gefahren, sie strampelt eben lieber den Jakobsweg ab. Mit der Eurodance-Musik des italienischen Exportschlagers, der auf ihren Namen hört, kann die Verdenerin ebenso wenig anfangen – sie präferiert Kirchenmusik.
Patronin des Geldes
Stichwort Kirche – dann gibt es da ja noch die Märtyrerin namens Corona. Die heilige Corona, Patronin des Geldes. Noch heute wird in den Staaten Skandinaviens – Dänemark, Schweden und Norwegen – mit landestypischen Kronen bezahlt, denn die lateinische Übersetzung für Krone lautet gleich nochmal wie? Natürlich Corona.
Weil immer mehr Ladenketten Einzug in der Verdener Innenstadt gehalten haben und es in der Domstadt nicht mehr so viele inhabergeführte Fachgeschäfte wie früher gibt, gibt Corona Bodenstab ihre Kronen, pardon Euro, nicht mehr ganz so gerne in der City aus wie früher, als sie nach ihrem ersten Verden-Besuch sofort Heimatgefühle überkamen.
An die Tatsache, dass mittlerweile so mancher einen Schritt zurückweicht, wenn er ihren Vornamen hört, hat sich die Verdenerin längst gewöhnt. Wäre Auswandern nach Corona in Kalifornien oder Mezzocorona im Trentino eine Option für die einstige Weltenbummlerin? Niemals. Einmal Verdenerin, immer Verdenerin.