Zum zweiten Mal befasst sich eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts Verden seit Montag mit dem inzwischen mehr als neun Jahre zurückliegenden Fall einer tödlich verlaufenen Hausgeburt. Eine frühere Hebamme (62) aus Neustadt am Rübenberge muss sich wegen Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen verantworten. Die in Siedenburg, Kreis Diepholz, tagelang betreute Schwangere hatte ihre Tochter im Januar 2015 in einer Klinik in Vechta tot zur Welt gebracht.
Im ersten Prozess war die Hebamme Ende November 2022 wegen Totschlags durch Unterlassen in Tateinheit mit Körperverletzung durch Unterlassen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Knapp ein Jahr später hatte der Bundesgerichtshof (BGH) auf die Revision der Angeklagten das Urteil aufgehoben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen. Der BGH -Beschluss wurde jetzt zum neuen Auftakt noch nicht im Einzelnen thematisiert. Die Karlsruher Richter hatten befunden, der Schuldspruch halte revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.
Mutter galt als Risikopatientin
Die aus Frankfurt stammende, nicht mehr in ihrem Beruf tätige Hebamme soll die Eltern während der mehrtägigen Hausgeburt nicht in ausreichendem Maße über gesundheitliche Gefahren für Mutter und Kind aufgeklärt haben. Die 40-Jährige, die schon vier Kinder hatte, galt als Risikopatientin, der errechnete Geburtstermin war bereits überschritten. Zudem soll die ehemalige Hebamme es pflichtwidrig unterlassen haben, regelmäßig per Ultraschall die Herztöne des Babys zu kontrollieren. Laut Staatsanwaltschaft wäre auch eine lückenlose Überwachung per Wehenschreiber erforderlich gewesen sowie eine Überführung in ärztliche Behandlung.
Im erfolgreich angefochtenen Urteil war der Hebamme „kapitales Versagen“ attestiert worden. Sie hatte in ihrer Aussage beteuert, die Eltern hätten sich nach den ersten Komplikationen geweigert, in eine Klinik zu gehen. Am Montag machte die 62-Jährige noch keine Angaben. Dies könnte vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, sagte der Verteidiger.