Ein Studium auf Lehramt? Nein, danke. In ihrer Jugend hat sich Ulrike Kompch eher auf Reisen gesehen, im Vertrieb unterschiedlicher Produkte, aber keineswegs an einer Schule. Bis sie sich Jahre später doch auf den Weg gemacht und genau dort ihre Erfüllung gefunden hat. Seit 2002 lehrt die Oberstudienrätin am Cato-Bontjes-van-Beek-Gymnasium in Achim. Ihr Einsatz für Jugendliche endet dabei nicht mit der Schulglocke, sondern geht zum Beispiel im Präventionsrat der Stadt weit über das berufliche Engangement hinaus. Für ihren über Jahre bewiesenen Einsatz wurde die 59-Jährige mit dem Ehrenpreis der Stadt ausgezeichnet.
"Den Job, den ich früher einmal gemacht habe, gibt es nicht mehr", sagt Ulrike Kompch. Sie erzählt von gesamtgesellschaftlichen Kompetenzen, die vielen Schülern im Laufe der Zeit abhandengekommen seien und von einer Schere im Bildungsbereich, die immer größer werde. Sei früher meist schon im Grundschulalter erkennbar gewesen, wie der Weg der einzelnen Kinder verlaufen werde, habe sich mittlerweile eine Reihe von Faktoren ergeben, die ein Schwarz-Weiß-Denken unmöglich machten.
Als Beispiel führt sie Konzentrationsschwächen durch unkontrollierten Medienkonsum an, sieht aber auch die Probleme junger Menschen, die aus den Krisengebieten der Welt geflüchtet sind und zunächst im sprachlichen Bereich gefördert werden müssen. Wenn ein kürzlich eingereistes Kind aus Albanien kein einziges Wort deutsches Wort beherrsche, sage das noch lange nichts über Intelligenz und Bildungsstand aus, weiß Kompch und sieht die Mädchen und Jungen als Rohdiamanten, die es in ihrer Entwicklung zu unterstützen gilt; Sicherheit und Vertrauen zu vermitteln, seien dabei besonders wichtig, denn "ein falscher Satz oder Ton können dauerhaft zu Mutlosigkeit und Resignation führen", sagt Kompch.
Bildung ohne pädagogischen Zeigefinger
Da es innerhalb des Regelunterrichts nicht möglich ist, sprachliche Defizite aufzuarbeiten, wird am Cato das Fach Deutsch als Zweitsprache angeboten. Etwa sechs Fachkräfte gehören dem Team an, das sich nach Angaben von Kompch mit einem hohen Maß an Sensibilität darum bemüht, vorhandenes Potenzial zu erkennen und auszubauen. Obwohl nach dem Erwerb der Sprachzertifikate B1 und B2 umgangssprachlich kaum noch Probleme bestünden, fehle es häufig an Sprachverständnis, etwa daran, Texte im Rahmen des Geschichtsunterrichts zu interpretieren, erklärt die Achimer Lehrerin. Um eine Studierfähigkeit zu erreichen, gilt es nach ihrer Überzeugung daher, das Bildungsniveau der Jugendlichen insgesamt anzuheben, sie zu immer neuen Anstrengungen zu motivieren. "Ist das Ziel einmal erreicht, ist die Freude auf beiden Seiten groß", so Ulrike Kompch.
Gerade bei Kindern aus bildungsfernen Haushalten spiele kontinuierliche Hilfe eine nicht zu unterschätzende Rolle. Verschiedene außerschulische Projekte, wie zum Beispiel die Medienbildung ohne pädagogischen Zeigefinger sowie ein interkulturelles Integrationsprojekt, bei dem die Teilnehmer angeleitet von einem Ernährungsberater und einer Hauswirtschaftslehrerin gemeinsam kochen, bereiten ihr zusätzliche Freude. Immer wieder neue Ideen haben inzwischen dazu geführt, dass eigene Menüpläne entwickelt, Informationen zu Nährwerten und Küchenhygiene gesammelt werden und gemeinsame Gespräche zu einem positiven Miteinander führen.
Ein weiteres Feld, auf dem sich die Gymnasiallehrerin seit vielen Jahren tummelt, ist der Präventionsrat der Stadt mit seinem breiten Angebot für alle Altersgruppen. Mittlerweile als Verein unter dem Vorsitz von Bürgermeister Rainer Ditzfeld aufgestellt, widmet sich der Zusammenschluss laut Satzung unter anderem der Jugend-, Alten- und Flüchtlingshilfe, der Kriminalprävention und dem bürgerschaftlichen Engagement zugunsten zahlreicher gemeinnütziger Zwecke. "Dazu gehört auch das Projekt 'Die essbare Stadt', bei dem Obst, Gemüse und andere Nutzpflanzen angebaut werden, die den Bürgern später frei zur Verfügung stehen", verrät Ulrike Kompch. Schulen und Kindergärten nutzen einen Teil ihrer Flächen für den Anbau, Schüler übernehmen die Pflegearbeit.