Fünf Minuten lang schauen sich die Anwälte ganz genau an, was da vorne auf dem kleinen Pult am Richtertisch bereitgelegt worden ist. Der Vorsitzende Richter hatte zuvor angekündigt, was das Gericht gleich nach einer kurzen Pause zu sehen bekäme: unter anderem eine Panzerfaust-Attrappe, einen Gefechtskopf, eine Exerziergranate, ein Sturmgewehr und eine Maschinenpistole.
Gefunden wurden die Waffen vor rund eineinhalb Jahren in der ehemaligen Wohnung der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette in Berlin. Klette muss sich seit Ende März vor dem Landgericht Verden wegen 13 Raubüberfällen verantworten.
Die Vertreter der Staatsanwaltschaft, der Nebenklage und der Verteidigung haben sich an diesem Vormittag nach der Begutachtung der Waffen schon wieder auf ihre Plätze begeben, als sie noch einmal die Hälse recken. Denn der Richter möchte die in Einzelteile zerlegte Panzerfaust-Attrappe bitte einmal ganz und im Stück sehen. Also bauen Beamte das Exemplar zusammen – und das wollen sich die übrigen Prozessbeteiligten dann ebenfalls aus der Nähe anschauen. Also versammelt sich die Gruppe ein weiteres Mal am Richtertisch. Die Attrappe wird herumgereicht, jemand schultert sie sogar probeweise.
Waffenschau im Gerichtssaal – das ist nicht alltäglich, geschieht an diesem Tag aber aus einem guten Grund. Die Waffen könnten bei diversen Überfällen auf Geldtransporter von Klette und ihren beiden mutmaßlichen Komplizen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub zum Einsatz gekommen sein. Das Gericht ist seit Prozessbeginn dabei, die einzelnen Überfälle zu rekonstruieren. Kein leichtes Unterfangen, denn die Taten liegen zum Teil Jahrzehnte zurück.
Die Zeugen und die damals ermittelnden Beamten können sich heute an viele Details nicht mehr erinnern. So war es auch am Dienstag bei der Befragung von Polizeibeamten, die nach dem Überfall auf einen Geldtransporter in Cremlingen bei Braunschweig im Juni 2016 am Tatort waren. Auch an den anderen Verhandlungstagen tauchten immer wieder Fragen auf: Wie groß war die Person, die die Panzerfaust gehalten hat? War es eine Frau? Oder könnte es auch ein Mann gewesen sein? Um ein Gefühl für die Größe der Waffen und ihr Gewicht zu bekommen, hat das Gericht die Stücke aus der Asservatenkammer herbringen lassen.
Um die Waffen dürfte es auch am Mittwoch wieder gehen, wenn der Prozess in der ehemaligen Reithalle in Verden-Eitze fortgesetzt wird. Ende Dezember 2015 sollen Klette, Garweg und Staub einen Geldtransporter im Wolfsburger Stadtteil Nordsteimke überfallen haben. Beute hätten sie laut Gericht in dem Fall zwar nicht gemacht, es seien aber eine Panzerfaust-Attrappe und ein Schnellfeuergewehr zum Einsatz gekommen.