Im Prozess um die Mordserie im Landkreis Rotenburg (Wümme) hat der angeklagte Soldat am Freitag ein Geständnis abgelegt. Nach rund 20 Verhandlungstagen und sechs Monaten brach der 34-Jährige am Landgericht Verden sein Schweigen und gestand die ihm angelasteten vier Tötungsdelikte.
Die Verteidigerin verlas am Freitag vor der Schwurgerichtskammer zunächst eine vorbereitete, ausgiebige Einlassung. Anschließend sagte der Bundeswehrsoldat erstmals selbst aus und beantwortete Nachfragen. Er habe vor allem die Menschen töten wollen, die er für das Scheitern seiner Ehe verantwortlich macht. Die Taten seien geplant gewesen, allerdings habe er auf keinen Fall ein Kind töten wollen.
Die Staatsanwaltschaft legt dem aus Bad Grund (Harz) stammenden Mann zur Last, in der Nacht zum 1. März vergangenen Jahres im Kreis Rotenburg den neuen Freund (30) seiner damaligen Ehefrau, dessen Mutter (55) sowie wenig später auch die beste Freundin (33) der Frau sowie deren dreijährige Tochter erschossen zu haben. Der Angeklagte beteuerte, er habe erst später bei der Haftbefehlsverkündung durch einen Verdener Amtsrichter erfahren, dass durch ihn auch ein Kind ums Leben gekommen sei. „Ich hätte mich nicht gestellt, wenn ich es vorher gewusst hätte“, hieß es, er hätte sich sonst selbst erschossen. „Ich wollte niemals einem Kind etwas antun“.
Nach der bisherigen Beweisaufnahme, bei der auch eine Videoaufnahme des Tatgeschehens in dem Haus in Bothel von Belang ist, könnte hinsichtlich des getöteten Mädchens eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung in Betracht kommen. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft gab jetzt eine entsprechende Erklärung ab, der sich die Nebenklage anschloss. Das Gericht erteilte bald darauf einen rechtlichen Hinweis. Beim zweiten Tatkomplex sei eine Verurteilung wegen Mordes an der Mutter in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung des Kindes in Erwägung zu ziehen.
Soldat soll aus Wut und Rache getötet haben
Die Staatsanwaltschaft geht ansonsten durchweg von den Mordmerkmalen der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe aus. Laut Anklage handelte der Soldat aus Wut und Rache, als er Menschen tötete, die seiner – inzwischen geschiedenen – Frau nahestanden. Die 33-jährige Mutter zweiter gemeinsamer kleiner Kinder hatte am Dienstag wider Erwarten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.

Will noch im Februar das Urteil verkünden: der vorsitzende Richter Volker Stronczyk.
In seiner Einlassung schilderte der Angeklagte den Verlauf der Beziehung zu der Frau, die er im Herbst 2018 kennengelernt hatte. Sie habe ihm nach einem aufreibenden Bundeswehreinsatz im Ausland („Ich kam als emotionsloser, gleichgültiger Zombie nach Hause…“) und der Trennung von der Freundin wieder zurück ins Leben geholfen. Mitte November 2023 habe ihm seine Frau erstmals mitgeteilt, dass sie sich scheiden lassen wolle.
Die ausführliche Darstellung der letzten Monate der Beziehung, die er noch zu retten gehofft habe, führte vor allem auf einen Punkt zu: eine Gefährderansprache durch zwei Polizeibeamten einige Tage vor der offenbar akribisch vorbereiteten Tötungsserie. Der neue Partner seiner Frau hatte Anzeige erstattet – und dabei falsch ausgesagt, wie der Angeklagte meinte. Er habe den Mann nicht bedroht. „Mit diesen Falschaussagen hätten sie mich nicht nur aus unserem Haus rausgeschmissen, sie hätten mir damit auch meinen Job, meine Hobbys und meine Zukunft ruiniert“. Und das Schlimmste: Er hätte seine Kinder nicht mehr gesehen.
Gericht will Ende Februar urteilen
Als treibende Kraft hinter allem Ungemach vermutete der Angeklagte die 33-jährige Vertraute seiner Ex-Frau. In der Nacht vom 26. auf den 27. Februar habe er sich schließlich entschieden, „mein Leben durch Selbstmord zu beenden, weil ich die Depressionen nicht mehr aushielt“. Aber vorher habe er die Freundin und den neuen Partner der Frau „auf jeden Fall mitnehmen“ wollen – „weil sie meine Familie zerstört haben“. Die 33-Jährige habe Beziehung und Ehe über fünf Jahre „sabotiert“ und seine Frau auch überredet, „mich abzuzocken“. Er habe monatelang versucht, „alles friedlich und fair zu lösen“. Aber diese Menschen hätten ihn „in den Wahnsinn getrieben“. Bei dem Tatgeschehen habe er sich gefühlt, „als wäre ich im Einsatz“, gab der Fallschirmjäger an: „Rein, suchen, vernichten, fertig“. Er habe vorher seine „gesamte Kampfausrüstung“ angelegt.
Präzise und sachlich wie die Planung erfolgte in der Einlassung auch die Darstellung des Vorgehens in beiden Häusern und seines anschließenden Aufenthalts am Weichselsee. Er habe sich „ein Bier aufgemacht“ und einen seinen vorbereiteten Whatsapp-Text an etwa 40, 50 Kontakte verschickt, an Kontakte aus der Bundeswehr, Freunde und Familie. Ein Kamerad habe ihn angerufen und ihn letztlich „überredet, mich nicht umzubringen und mich einfach zu stellen“. Im Zuge der Beantwortung etlicher Nachfragen erklärte der 34-Jährige in der Rückschau: „Ich hätte es gerne anders gelöst, ohne Gewalt“. Und ja, er bereue die Taten.
Der psychiatrische Sachverständige wird nun mit dem Angeklagten in der Untersuchungshaft noch ein weiteres Gespräch führen. Das Gericht sieht noch drei Fortsetzungstermine vor und möchte möglichst am 28. Februar das Urteil verkünden.