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Landgericht Verden Vierfachmord in Rotenburg: Gutachter zweifelt an Reue des Angeklagten

Ein Bundeswehrsoldat soll vier Morde begangen haben. Ein Gutachter stellt seine Reue in Frage. Der Prozess am Landgericht Verden geht weiter.
04.10.2024, 05:00 Uhr
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Von Angelika Siepmann

Aus Hass und Rache, soll der Angeklagte in der Nacht zum 1. März im Landkreis Rotenburg vier Morde begangen haben. Lange geplant und dann in kürzester Zeit gezielt umgesetzt wie eine militärische Aktion. Darauf ausgerichtet, diejenigen zu töten, denen er die Schuld am Scheitern seiner Ehe zuschiebt. Im Prozess am Landgericht Verden schweigt der 33-jährige Bundeswehrsoldat nach wie vor. Dem psychiatrischen Sachverständigen hat er im Frühjahr bei der Exploration in der Justizvollzugsanstalt Bremervörde viel erzählt. Und dabei auch eine Art Fazit gezogen, das fast Erleichterung vermuten lässt: „Die Menschen, die ich verantwortlich mache, sind nicht mehr da. Seitdem kann ich besser essen und schlafen“.

Einschätzung der Schuldfähigkeit bleibt abzuwarten

Wie der Gutachter die Schuldfähigkeit des ihm gegenüber geständigen Mannes zur Tatzeit einschätzt und wie die Gefährlichkeitsprognose ausfällt, bleibt abzuwarten. Am fünften Verhandlungstag war es die Aufgabe Christian Riedemanns, vor dem Schwurgericht über seine drei Gespräche mit dem „ungewöhnlichen Probanden“ zu berichten. Gespräche, die für den erfahrenen Psychiater, Chefarzt des Maßregelvollzugs Bad Rehburg, „emotional belastend“ waren und daher zweimal nach etwa anderthalb Stunden abgebrochen wurden. Der Angeklagte habe sich umfassend zur „Vorgeschichte“ der Taten, seiner Motivlage und dem Verhalten danach geäußert, so Riedeman. Ein Problem sei für ihn vor allem die „sehr kühle Art der Darstellung“ gewesen. „Es kam mir oft vor wie ein Rapport bei der Bundeswehr“.

Über seine dortige Karriere, aber auch über Konflikte sowie Erlebnisse bei Auslandseinsätzen, in Mali und Jordanien, hat der Fallschirmjäger ebenso ausführlich Auskunft gegeben, wie er die Entwicklung und den Niedergang seiner im August 2021 geschlossenen Ehe referierte. Diese ist inzwischen geschieden. Es soll eine schwierige Beziehung gewesen sein. Als seine Frau ihm, einige Monate vor den Morden, ihre Trennungsabsichten bekundet habe, sei sie wieder schwanger gewesen. Er sei heute nicht sicher, ob er der Vater des zweiten Kindes sei.

Offenbar präziser Plan für Taten

Er habe die Ehe noch retten wollen, sei von der Frau und deren neuem Partner „aber immer nur verarscht worden“. Irgendwann will er die Trennung angeblich „akzeptiert“ haben. Allerdings spionierte er schon die Häuser aus, in denen der „Nebenbuhler“ und die beste Freundin der Frau lebten. Weil seine Ehefrau und der Mann sich bedroht fühlten, zeigten sie ihn bei der Polizei an. Es gab zwar eine „Gefährderansprache“, aber die Beamten beließen ihm seine (Sport-) Waffen. Derweil reifte offenbar der präzise Plan für die Mordtaten, eingeteilt nach „primären und sekundären Zielen“.

Ganz genau habe der Angeklagte auch geschildert, wie er in den frühen Morgenstunden des 1. März vorging, in Scheeßel erst die schlafende Mutter des Rivalen erschoss, dann den Mann. Und wie er weiter nach Bothel fuhr und dort die Freundin der Frau umbrachte. Dass er auch deren dreijährige Tochter tödlich traf, habe er erst später erfahren, beteuerte er. Riedemann: „Nur beim Thema Kindstötung war eine gewisse Emotionalität spürbar“. Nach den Taten war der Angeklagte an den Weichelsee gefahren, einst der erste Treffpunkt mit seiner Frau. Sie erhielt eine Handynachricht von ihm: „Wer Wind sät, wird Sturm ernten“.

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