Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Träge Entwässerung Die Ollen stinkt zum Himmel

Erst waren es tote Fische im Motzener Kanal. Jetzt hat sich die Ollen schwarz gefärbt und stinkt zum Himmel. Welche Maßnahmen helfen können, den Zustand zu beseitigen.
14.08.2023, 19:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Die Ollen stinkt zum Himmel
Von Barbara Wenke

"Es stinkt", sagt Brigitta Rosenow und rümpft die Nase. Die Anwohnerin der Ollen ist nicht die einzige, die am Montagmorgen in Bardewisch und umzu lieber Fenster und Türen geschlossen gehalten hat. "Ich habe in meinem Auto die Lüftung auf Umluft gestellt, um keine Luft von außen anzuziehen", berichtet ein anderer Bardewischer. Das Gewässer sei derzeit schwarz, sagen die beiden Lemwerderaner.

Die dunkle Färbung führt Brigitta Rosenow auf einen stark erhöhten Eisengehalt der Ollen zurück. Ihr Mann Omit, der in einem Labor arbeitet, habe eine Wasserprobe analysiert. Nicht offiziell, nur privat, betont Brigitta Rosenow. Aber mit erschreckendem Ergebnis. "Der Industriegrenzwert für Eisen liegt bei drei Milligramm pro Liter", sagt die Bardewischerin. "In der Ollen lag er heute Morgen bei 25 Milligramm pro Liter."

Bereits ab einer Konzentration von einem halben Milligramm Eisen pro Liter Wasser kommt es laut Umweltbundesamt "bei Luftzufuhr zu einer Braunfärbung des Wassers." Die Behörde nennt die Verfärbung auf ihrer Homepage Rost. Die untere Umweltbehörde des Landkreises sei informiert und bereits aktiv, berichtet Brigitta Rosenow. "Am Freitag war schon jemand vom Landkreis hier und hat gemessen", berichtet die Bardewischerin.

Entwässern und bewässern

Auch Tobias Steinke, Techniker des Stedinger Entwässerungsverbandes, hat in seinem Büro in Motzen den unangenehmen Geruch wahrgenommen. Er tut, was er kann, um gegen den Zustand anzuarbeiten. Am Montag Morgen hat er alle Schotten aufgerissen, um den Motzener Kanal – und damit alle nachgelagerten Gräben – zu entwässern. "Wir konnten drei Stunden lang die Tide nutzen", sagt der Verbandstechniker erfreut. Der Wasserstand in der Weser war tief genug, dass die ablaufende Tide das Wasser aus dem Kanal mitgerissen hat.

Wenig später sprudelte das Wasser im Kanal dann in die entgegengesetzte Richtung. Steinke ließ mächtig Wasser ins Land laufen, um Frische und Sauerstoff ins abgestandene Brackwasser des Hinterlandes zu bringen. In dieser Woche werde auch die Absperrvorrichtung im Berner Ortsteil Campe geöffnet, um über Motzener Kanal, Ollen und Lichtenberger Siel eine Ringspülung zwischen Weser und Hunte zu ermöglichen.

Der für viele Gewässer-Anrainer aus unterschiedlichen Gründen unschöne Zustand hat verschiedene Gründe. Eine einzig richtige Strategie, ein Wiederholen zu verhindern, gibt es nicht. Bei den einen entwickelte das Gewässer den in manchen Gebieten bestialischen Gestank. In anderen Bereichen drohte das Wasser, nicht abzufließen und in Keller einzudringen.

Wichtig sei ein einwandfreier Zustand der Entwässerungsgräben, sagen Tobias Steinke und Entwässerungsverbandsvorsteher Bernd Döhle unisono. "Sonst können wir nicht viel machen", betont Steinke. Allerdings sei das mit dem Aufreinigen der Gräben nicht immer einfach. Obwohl die sogenannten Zuggräben dem Verband gehören und die Anrainer nur ein Nutzungsrecht besitzen, fehlten auf einige Grundstücken Räumstreifen."Manchmal müssen wir da jemanden mit der Schippe hinschicken", sagt Steinke. Der Grund: Einige Räumstreifen sind derart überbaut, dass ein Einsatz mit Bagger nicht mehr möglich ist.

Digitalisierung wäre hilfreich

Tiefere und breitere Gräben oder leistungsstärkere Pumpen hält der Verbandstechniker nicht für erstrebenswert. Wenn Tobias Steinke einen beruflichen Wunsch frei hätte, dann würde er Messgeräte in den Gräben der südlichen Wesermarsch installieren. "Digitalisierung könnte helfen", ist Steinke überzeugt. Derzeit müsse er jedes Mal ins Auto steigen, wenn Bürger ihm sehr hohe oder sehr niedrige Pegelstände meldeten. "Wenn wir digitale Pegelstände hätten, könnten wir vorausschauender arbeiten."

Doch nicht nur in der Fläche fließt das Wasser nach starken Regenfällen schlecht ab. "Der Regenwasserkanal ist nicht mehr in der Lage, die jetzigen Niederschlagsmengen aufzunehmen", hat Bernes Fachbereichsleiter Michael Heibült festgestellt. "Bei heftigen Regenereignissen wird Wasser auf der Straße stehen", stellt er fest. Heibült weist darauf hin, dass die Entscheider bei Ausweisung neuer Wohn- oder Gewerbegebiete unbedingt die Anlage von Rückhaltebecken für Regenwasser im Kopf behalten müssen.

Auch Michael Heibült plädiert an die Bevölkerung, Gräben offen zu halten. "Wir sollten so sensibel sein, zu erkennen, dass Grabensysteme einen Sinn haben." Bürger sollten keine eigenmächtigen Veränderungen an den Gräben vornehmen. "Ufer sollten möglichst flach angelegt werden", sagt der Fachbereichsleiter. Immer wieder bekomme die Kommission bei der Gewässerschau im Herbst allerdings Ufersicherungen zu sehen, damit Gartenhütten möglichst nah an Gräben gestellt werden können, oder sogar Staustufen, damit im Sommer ausreichend Wasser im Graben verbleibt.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)