Der 37-jährige Marcel Schmikale aus Lemwerder ist ein Youtube-Star. Zumindest unter Pflegeheimbetreibern. "Irgendwann hat sich das verselbstständigt", sagt der Geschäftsführer des Pflegedienstes "Achtern Diek". Er sagt noch einige Dinge, die man von einem Pflegeunternehmer eher nicht erwartet: "Einen Fachkräftemangel gibt es für mich nicht. Fachkräftemangel ist ein politisches Problem" oder "In der Pflege kann man jetzt richtig Geld verdienen".
2019 gründete Schmikale in Lemwerder den Pflegedienst "Achtern Diek". Zwischen seinem Studienabschluss in Betriebswirtschaft und der Gründung seines eigenen Pflegedienstes arbeitete der gebürtige Braker sieben Jahre lang in seiner Heimatstadt beim Pflegedienst "Helfende Hände". Im Controlling sowie als kaufmännischer Leiter. Nebenbei baute Schmikale zwei Tagespflegeeinrichtungen in der Kreisstadt auf. Seit Oktober 2019 ist er sein eigener Chef.
"Das erste Jahr war rasant", erzählt Schmikale. "Nach 15 Monaten hatte ich 55 Mitarbeitende." Mittlerweile hat sich die Anzahl auf 45 eingependelt – 20 in der Pflege, 22 in der Hauswirtschaft und Betreuung sowie zwei im Büro. Was ihm beim Aufbau seines Pflegedienstes geholfen hat, sei das Förderprogramm des Landes Niedersachsen "Stärkung der ambulanten Pflege im ländlichen Raum". Gerade hat er seinen dritten Zuwendungsbescheid erhalten. Rund 36.000 Euro.
An diesem Vormittag haben Marcel Schmikale und seine Pflegedienstleiterin Alina Kramer Besuch von der SPD-Landtagsabgeordneten Karin Logemann erhalten, die sich über das Förderprogramm informieren will. "Der Antrag ist supereinfach", beginnt Schmikale das Gespräch. Mit dem Satz zaubert er der Landtagsabgeordneten umgehend ein Lächeln ins Gesicht.
Digitalisierung schafft Ressourcen
Die erste Zuwendung hatte der Lemwerderaner Pflegedienst im April 2020 für den Förderschwerpunkt "Digitalisierung in der Pflege" erhalten. "Für die Pflege ist sowieso nicht viel Zeit. Da muss man die Verwaltung möglichst schlank halten", lautet Schmikales Credo. Ein Selbstzweck sei die Digitalisierung allerdings nicht. "Sie muss Zeit sparen", betont der Pflegeunternehmer.
In Lemwerder funktioniert das gut. Von der Förderung hat sich der Pflegedienst ein digitales Flipchart sowie I-Pads für alle Mitarbeitenden in der Pflege angeschafft. Mitschriften von Teambesprechungen können nun umgehend gespeichert und versendet werden. Auch die Tourenpläne und die Pflegeleistungen der einzelnen Patienten, die den Mitarbeitenden früher ausgedruckt wurden, erhalten die Pflegekräfte jetzt auf digitalem Weg. Das spart Zeit und Papier. "Nur die Daten für die Pflegekassen müssen wir noch ausdrucken", berichtet Marcel Schmikale leicht ironisch.
Rund 450 Patienten betreut der Pflegedienst "Achtern Diek". 250 Personen erhalten Pflegeleistungen. Für die übrigen 200 Personen erledigen Schmikales Angestellte hauswirtschaftliche Dienste. Manchmal wird auch nur betreut. "Wir sind kein Reinigungsdienst auf Akkord", betont der Pflegeunternehmer. "Wenn sauber gemacht wird, unterhalten wir uns auch. Und wenn Frau Müller sagt, dass heute nicht sauber gemacht werden muss und wir uns mal zu ihr setzen sollen, dann machen wir das auch."
Derzeit ist Schmikales Pflegedienst in der südlichen Wesermarsch sowie im Bremer Norden unterwegs. "Wir verlagern unseren Fokus aber gerade auf Lemwerder und Berne", sagt Pflegedienstleiterin Alina Kramer. "Wir machen alles möglich, dass wir in Lemwerder und Berne jeden aufnehmen, der anfragt." Schmikale ergänzt: "Innerhalb von einer Woche findet jeder einen Pflegedienst." Nachdem die Sozialstation Stedingen ihre Schließung zum Jahreswechsel angekündigt hatte, waren bei ihm 30 Anfragen eingegangen. Übrig blieben nur eine Handvoll Patienten. "Wir durften leider nur fünf aufnehmen", sagt Schmikale, der in der Zwischenzeit drei neue Pflegekräfte eingestellt hatte.
Zurück zum Förderprogramm: Die zweite Förderung nutzte der Pflegeunternehmer für Fortbildungen seiner Führungskräfte. "Wir haben uns wöchentlich mit Coaches zusammengesetzt", berichtet Schmikale. Die neueste Förderung wird er für weitere Digitalisierung nutzen sowie für Fortbildungen zu wertschätzender Führung. "Ich habe von Pflege keine Ahnung. Aber ich schaffe die Rahmenbedingungen", beschreibt der Unternehmer seine Rolle im Pflegedienst. Wenn er seine unternehmerischen Hausaufgaben mache, ließen sich die meisten Aufgaben gut regeln, sagt Marcel Schmikale.
Über das Förderprogramm "Stärkung der ambulanten Pflege im ländlichen Raum" könne er nur Gutes sagen. Die Antragstellung dauere nur einen Tag. Und sollte "etwas durchrutschen", frage die Förderstelle nach, ob eine weitere mögliche Förderung nicht auch in Anspruch genommen werden wolle. Politikerin Karin Logemann freute sich über die Mutmachgeschichte aus Lemwerder.