- Akribische Vorbereitung
- Eigenmarken und Sonderangebote
- Händler rät zur App
- Hack statt Fleisch im Stück
- Einkauf in kleinen Mengen
Gefühlt wird alles immer teurer – und zwar schneller als noch vor Jahren. Wegen der Corona-Pandemie konnte nicht so zügig produziert werden wie bisher, sodass Produkte mehr kosteten als sonst. Dann kam der Ukraine-Krieg, der zusätzlich für Lieferengpässe sorgte und die Preise noch mal nach oben trieb. Und nun drohen Zölle die Inflation zu befeuern. In der Serie "Teures Leben" wollen wir aufzeigen, wie sich der Alltag für Nordbremer verändert hat, wozu Helfer raten und wie Anlaufstellen und Firmen gegensteuern. In der dritten Folge geht es um Lebensmittel.
Der vierjährige Bennet gräbt mit einer Schaufel in der Kartoffelkiste. "Kartoffeln sind Marktfeeling", sagt Julia Meireis, während sie auf dem Wochenmarkt in Vegesack ihrem Jüngsten beim Abfüllen der Erdäpfel zuschaut. "Das Markterlebnis hat was Romantisches", stellt die Mutter fest. Auch Äpfel, Käse und Fisch kauft die Lemwerderanerin lieber am Stand als im Supermarkt oder beim Discounter. "Der Fisch ist frischer und der Käse schmeckt noch nach was." Frische und Geschmack haben allerdings ihren Preis.
Akribische Vorbereitung
Den wöchentlichen Großeinkauf für ihre vierköpfige Familie erledigt die Lemwerderanerin deshalb in Supermarkt und Discounter. "Dafür fahre ich samstags nach Ganderkesee. Da ist der Parkplatz größer", erzählt die 37-Jährige. Für den Einkauf ist sie stets gut vorbereitet. Sonntagabend, wenn die Kinder im Bett sind, schnappt sich Julia Meireis ihre Kladde und notiert, was die Familie für die kommende Woche braucht. "Ich schreibe einen Essensplan, was es zu Mittag und zu Abend geben soll", sagt die gelernte Kauffrau. "Dabei versuche ich, auf Vielfalt zu achten: einmal pro Woche Kartoffeln, einmal Nudeln, einmal Reis und einmal eine andere Getreideart." So landet nur das im Einkaufswagen, was in der Woche wirklich benötigt wird.
Von montags bis freitags isst Familie Meireis vegetarisch. Der achtjährige Mika möchte es so. "Das ist aber auch für unser Portemonnaie ganz gut", sagt die Lemwerderanerin, die festgestellt hat: "Was früher im Wocheneinkauf 89 bis 95 Euro gekostet hat, kostet heute locker 120 Euro. Das hat dazu geführt, dass wir jetzt doch häufiger zum Discounter gehen."
Eigenmarken und Sonderangebote
Damit sie am Preis, nicht aber am Geschmack spart, hat sich die Lemwerderanerin mehrere Strategien zurechtgelegt. "Wir haben ausprobiert, wo wir auf Eigenmarken ausweichen können." Bei Rote-Bete- oder Bohnenkonserven greife sie mittlerweile ebenso wie bei Schokoriegeln zu No-Name-Produkten. Bei Nudeln müsse es hingegen eine bestimmte Marke sein. "Die kaufe ich im Angebot und dann gleich drei, vier oder fünf Packungen." Auch beim Waschmittel macht Julia Meireis keine Abstriche: "Ich habe Kinderhosen mit Grasflecken." Die entfernt ihrer Meinung nach nur eine bestimmte Marke. Auch hier wird bei Sonderangeboten doppelt zugegriffen. "Hamsterkäufe habe ich früher nicht gemacht", stellt die 37-Jährige fest.
Und noch etwas ist neu. "Ich habe jetzt die Apps von Rossmann, Edeka, Famila und Payback." Früher fand sie es nervig, Apps durchzustöbern und Coupons zu aktivieren. "Jetzt mache ich das aber. Da gibt es dann mal zehn Prozent Rabatt oder mal fünf Euro weniger."
Bei noch einem Lebensmittel macht die Lemwerderanerin keine Abstriche: Fleisch. "Ich würde Fleisch nie abgepackt kaufen. Nur an der Fleischertheke oder beim Schlachter. Und unser Rindfleisch kriegen wir von einem Hof in Delmenhorst, der seine eigenen Highlandrinder schlachtet."
Händler rät zur App
Weil deutsche Händler europaweit zu den günstigsten Anbietern gehörten, seien die großen Firmen auf den Teuerungszug aufgesprungen, sagt Kaufmann Frank Damerow. Milch-, Fleisch- und Getreideprodukte seien aufgrund von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg teurer geworden. "Weil die Ernte schlecht war, ist der Preis für Kaffee auch hochgegangen." Andere Warengruppen wie Fertiggerichte oder Drogerieartikel seien hingegen relativ preisstabil geblieben, berichtet der Inhaber des Edeka-Marktes Damerow in Aumund.
Der Händler beobachtet in seinem Supermarkt an der Meinert-Löffler-Straße immer wieder einen Ansturm auf Sonderangebote. "Bei Angeboten verkaufen wir teilweise das Drei- bis Vierfache." Zudem werde viel auf die roten Etiketten geachtet. Die verraten Kunden, welche Artikel es im Supermarkt zu Discounterpreisen gibt.
Neben Sonderangeboten und Discounterpreisen kennt Damerow weitere Einsparmöglichkeiten: "Die Wochenendknüller und die App lohnen sich in jedem Fall." Bei einem Urlaub in Irland hat er beobachtet, dass die Supermarktkette Tesco für jedes Produkt einen Normal- und einen vergünstigten App-Preis anbietet. Damerow ist überzeugt: "Das kommt hier auch bald."
Hack statt Fleisch im Stück
Die Lemwerderaner Seniorin Anne Eichler kauft durchschnittlich zweimal pro Woche ein – für sich und eine befreundete alleinerziehende Mutter mit Tochter. Fast täglich essen die drei gemeinsam. Das Einkaufen teilen sie sich. "Wer dran ist, zahlt", sagt Anne Eichler, die sowohl den Supermarkt als auch die Discounter im Ort nutzt. "Obst und Gemüse kaufe ich am liebsten bei Lidl. Frischfleisch bei Edeka oder in der Schlachterei Horn." Fleisch im Stück gebe es bei ihr allerdings selten. Eher gehackt und dann in Soßen.
"Wo ich früher 30 Euro bezahlt habe, sind es jetzt 50 oder 60 Euro", bilanziert Anne Eichler ihre jüngsten Kassenbons. "Für eine Gurke habe ich früher 69 Cent bezahlt, jetzt einen Euro fünfzig." Mit Tomaten sehe es ähnlich aus. "Zehn kleine Naschtomaten kosten 2,50 Euro. Ein Stückchen Käse vier Euro. Das kann man nicht ständig kaufen." Einen kleinen Luxus hat sich die Lemwerderanerin jüngst am Fischwagen gegönnt. "Für zwei Stückchen Lachs habe ich elf Euro bezahlt."
Einkauf in kleinen Mengen
Vor den Regalen stehend stellt sich die Seniorin stets die Frage, "ob ich das ein oder andere wirklich brauche. Und wenn ich etwas im Einkaufswagen habe, von dem ich denke, dass ich es nicht brauche, geht es zurück." Eichlers Freundin Karin Baxmann geht ähnlich vor. "Ich kaufe nicht so viel auf einmal und laufe einmal öfter." Die Lebensmittel seien auf diese Art und Weise immer frisch.
Karin Baxmann hat sich nicht nur für den Einkauf eine Strategie überlegt, sondern auch für ihre Mahlzeiten. "Wenn etwas übrig bleibt, profitieren die Nachbarn." Die Lemwerderanerin erzählt lachend, aber ernst gemeint, Gäste nur zu empfangen, wenn diese Tuppertöpfe mitbringen. "Dann wird Essen mitgenommen, falls etwas übrig bleibt – und ich muss nichts wegwerfen."