Aus den eigenen Reihen will den Job, scheint‘s, niemand machen. Dabei ist Uwe Wrieden schon lange und gern Bürgermeister der Gemeinde Wietzendorf in Heidekreis. Geradezu vorbildhaft die Karriere vom Gemeindedirektor zum Bürgermeister – der dann auch noch wiedergewählt wurde. Aber niemand will ihm nacheifern. Weder die größte Fraktion im Rat, die den parteilosen Wrieden einst aufgestellt hatte, noch die SPD oder die Unabhängigen Wietzendorfer schicken eigene Kandidaten für Wriedens Nachfolge ins Rennen. Stattdessen soll ein Headhunter der örtlichen Findungskommission helfen und für ein Honorar von 7000 Euro das brachliegende Bewerberfeld beleben.
Uwe Wrieden spricht lieber von einem Personalberatungsunternehmen. Die Firma sitze in Hannover und habe den Zuschlag erhalten. Und das, obwohl das Geld erst zur Verfügung steht, wenn der Wietzendorfer Gemeinderat am 21. Juni den zweiten Nachtragshaushalt beschließen sollte. Weitere 3000 Euro, die im Wahl-Paket bewilligt werden sollen, seien „für Veröffentlichungen und anderes“ im Zusammenhang mit der Bürgermeisterwahl gedacht.
Uwe Wrieden ist zuversichtlich
Der 26. Mai 2019, Termin der Europawahl, könnte auch Tag der Entscheidung über das neue Gemeindeoberhaupt werden. Auch der Ratsbeschluss über den Termin stehe noch aus, sagt Uwe Wrieden – und verströmt Zuversicht. Schließlich haben die beauftragten Headhunter aus Wriedens Sicht beste Referenzen: „Ich kenne das Unternehmen, die haben mich als Kreisinspektorenanwärter ausgesucht, als ich 1982 beim Landkreis Rotenburg gestartet bin.“

Wietzendorf im Heidekreis findet keinen Nachfolger für Gemeindeoberhaupt Uwe Wrieden.
Mittlerweile ist Wrieden ein alter Hase in der Verwaltungswelt. Am 1. April 1990 wurde er Gemeindedirektor im seinerzeit 2800 Einwohner kleinen Wietzendorf, Anfang des Jahrtausends Bürgermeister. Die Wahlperiode wurde auf acht Jahre verlängert, der Bürgermeister ohne Gegenkandidat wiedergewählt. „Da saß ich ganz gut im Sattel“, sagt Uwe Wrieden. Nächstes Mal wird wieder für fünf Jahre gewählt.
Wriedens Amtszeit endet am 31. Oktober 2019. „Dann bin ich 65 Jahre und drei Monate alt und höre auf“, sagt er. „Auch wenn die Altersgrenze bei 67 liegt, will ich mir und anderen das nicht zumuten.“ Allein, bislang will niemand den Job übernehmen: Gegenwärtig haben 3464 Wahlberechtigte die Wahl unter null Bewerbern. „Dabei ist das nicht ganz schlecht bezahlt. B 1 plus Zulagen, das sind um die 5000 Euro im Monat – abzüglich der Krankenversicherung“, sagt Uwe Wrieden. „Die Ratsfraktionen wollen niemanden aus ihren Reihen vorschlagen. Sie wollen das offene Verfahren.“ Die CDU-Fraktion stellt zwei und die Fraktionen von SPD und der Unabhängigen Wietzendorfer jeweils ein Mitglied der Findungskommission, von der der Noch-Bürgermeister „profunde Vorschläge“ erwartet. „Natürlich wird am Schluss gewählt. Jeder, der die nötigen Unterstützer-Unterschriften bringt, kann gewählt werden.“ Wrieden ist selbst Kommissionsmitglied – „bis ich Wahlleiter werde und das Wahlausschreiben rausgeht“.
Der Headhunter-Einsatz, meint Wrieden, sei verbreitet, „wenn Kreisräte oder Inspektoren gesucht werden, aber auf der Suche nach Bürgermeisterkandidaten ist das ganz neu“, glaubt er. Thorsten Bullderdiek muss die Einschätzung relativieren. Dem Sprecher des niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes „sind in den vergangenen zwei, drei Jahren fünf bis zehn Fälle bekanntgeworden, die Dunkelziffer könnte noch mal zehn Fälle betragen“.
Problem des Fachkräftemangels
Das Problem des Fachkräftemangels habe auch den öffentlichen Dienst erreicht, „wir sind ein Spiegel der Gesellschaft“, sagt Bullerdiek. „Für Firmen ist das kein großer Markt. Fachkräfte werden meist aus den eigenen Reihen rekrutiert.“
Gemeinsam wollen die Bürgermeisterfinder „für die Nachfolgerin oder den Nachfolger, das ist natürlich immer gendermäßig gemeint“, ein Anforderungsprofil erstellen und, wie Wrieden verspricht, eine „pfiffige Ausschreibung im Spätherbst oder Frühwinter“ veröffentlichen. Potenzielle Kandidaten sollen sich bei Podiumsdiskussionen vorstellen. „Auf drei, vier Punkte legen wir schon großen Wert“, sagt Uwe Wrieden: Als „menschliche Qualität“ sei gefragt, „sich offen einzubringen“ in „ein intaktes Dorf“. Gute Verwaltungskenntnisse seien wünschenswert. „Denn der Bürgermeister muss hier im Haus kräftig mitarbeiten.“
Hinzu komme, dass der Job nicht in 30 Stunden zu erledigen sei. „Dafür kann man sich hier verwirklichen“, das weiß Bürgermeister Wrieden aus Erfahrung. „Die Fraktionen, das große ehrenamtliche Engagement im Dorf – die Arbeit ist in hohem Maße befriedigend.“
Alle Erfolge, auf die Uwe Wrieden zurückblickt, sind aus seiner Sicht dem Team zu verdanken. „Wir haben das Dorf in den vergangenen 28 Jahren vorangebracht.“ Die Einwohnerzahl ist von 2800 auf knapp 4200 gewachsen, Wasserver- und Abwasserentsorgung sind modernisiert. „Und unsere Schule ist top eingerichtet, mit Whiteboard und so – vom Feinsten.“