„Oh, eine Dummel. Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit in Karikatur und Satire“ – so nennt sich eine Ausstellung, die jetzt durch Niedersachsen tourt. Ihr Ziel: Rassismus auch mit Humor begegnen.
Darf man sich über Neonazis lustig machen? Darf man dumpfem Rassismus mit Humor begegnen? „Als ich mir diese Fragen stellte, habe ich sie mit einem sehr schnellen Ja beantwortet“, erklärte Niedersachsens Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) am Freitag in Hannover. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem ernsten Problem Rechtsextremismus könne und dürfe durchaus auch fröhlich sein, meinte die Ministerin. „Damit erreichen wir vielleicht auch diejenigen, die wir sonst nicht erreichen.“
Genau das ist eines der Ziele, die die Ausstellung „Oh, eine Dummel. Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit in Karikatur und Satire“, verfolgt. Mit 60 Zeichnungen sowie diversen Videos geht die von der CD-Kaserne Celle konzipierte Schau auf Wanderschaft durch Niedersachsen. Am Montag startet sie in Celle, danach macht sie Station in Hannover. Im Achimer Rathaus ist das ausländerfeindliche Insekt „Dummel“ vom 12. bis zum 26. August zu sehen. Weitere Orte, darunter auch Verden und Nienburg, sind bereits in Planung.
Dass den Betrachtern der Bilder oft das Lachen förmlich im Halse stecken bleibt, nimmt Projektleiter Kai Thomsen, Geschäftsführer des Kultur- und Jugendzentrums CD-Kaserne, bewusst in Kauf. „Wir wollen einen emotionaleren und jugendgerechteren Zugang zu der Thematik Rechtsextremismus“, erklärte der Musikpädagoge und Organisationsberater. Bisherige Konzepte seien wegen ihrer Kopflastigkeit daran oft gescheitert, meinte er. „Die jungen Menschen lachen zwar erst einmal“, betonte auch Kultusministerin Frauke Heiligenstadt. „Aber dann entwickeln sich Fragen aus den Cartoons, man denkt ernsthaft darüber nach.“
Die meisten Bilder nehmen denn nicht den stupiden Skinhead-Nazi auf die Schippe, sondern spießen hintergründig Vorurteile auf und versuchen so, versteckten Alltagsrassismus aufzudecken. „Wir wollen rechtspopulistische Parolen enttarnen“, sagte Thomsen. Die Zeichnungen stammen von renommierten Karikaturisten wie Ralph Ruthe, Klaus Stuttmann, Kostas Koufogiogos, Tetsche, Til Mette und Harm Bengen. Die meisten zeichnen auch für den WESER-KURIER. Ihre Karikaturen sind regelmäßig auf der Seite 2 zu entdecken. Viele Künstler haben ihre Werke für das Projekt honorarfrei zur Verfügung gestellt. In der Ausstellung sind auch satirische Filmbeiträge zu sehen, insbesondere solche aus Extra3 (NDR) und der „Anstalt“ (ZDF).
Dazu gibt es ein Begleitheft, das Präventionsprojekte präsentiert sowie über Symbole und Codes der rechten Szene aufklärt. Darin finden sich auch prägnante Aussagen und Interviews prominenter Unterstützer. „Ein Fremder ist nur so lange fremd, solange er nicht dein Freund ist“, erklärt etwa Rapper Cro.
Die Toten Hosen und Culcha Candela sind dabei, Milky Chance und Clueso machen mit, auch die Schauspielerinnen Jella Haase ( „Fack ju Göhte“) und Karoline Herfurth appellieren an Vernunft und Menschlichkeit. Dass der eine oder die andere Prominente bei einer der künftigen Ausstellungseröffnungen auftaucht, wollte Kai Thomsen nicht versprechen, aber auch nicht ausschließen.
Die Wanderschau kann von Schulen, Kommunen und gemeinnützigen Organisationen kostenlos gebucht werden. Lediglich für Transport, Aufbau und Versicherung ist ein Beitrag zu leisten. Der Eintritt für die Besucher ist immer frei. Lehrer und andere Multiplikatoren können sich vorher speziell schulen lassen. Sie wünsche sich, dass viele Schulklassen die Ausstellung besuchten, sagte Ministerin Heiligenstadt. Das Kultusressort in Hannover, das Bundesfamilienministerium, die NordLB, die Klosterkammer und der Lüneburgische Landschaftsverband unterstützen das Projekt finanziell. Mitgewirkt hat auch die Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten, die unter anderem das ehemalige Konzentrationslager Bergen Belsen betreut. „Weinen allein bildet nicht“, sagte Stiftungsgeschäftsführer Jens-Christian Wagner mit Blick auf die Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus und gegen Hetze gegen Flüchtlinge. „Lachen gehört auch dazu.“