Der Anfang lässt hoffen. In Windeseile und geräuschlos haben SPD und Grüne in Niedersachsen ihre Grundlagen für die nächsten fünf Jahre Regierungsarbeit gelegt. Über Streit und verletzte Eitelkeiten wurde aus den rot-grünen Koalitionsgesprächen nichts bekannt. SPD-Chef Stephan Weil und Grünen-Spitzenkandidatin Julia Willie Hamburg sind ihrem Ruf als nüchterne Pragmatiker mehr als gerecht geworden.
Das mögen manche Zeitgenossen als langweilig empfinden, das mag die Opposition bedauern. Für die meisten Menschen in Niedersachsen ist es ein wichtiges und richtiges Signal. Noch in diesem Jahr können Bürger und Betriebe, können die durch Corona-Pandemie, Kriegsfolgen und explodierende Preise gebeutelten Bereiche Soziales, Sport und Kultur ein landeseigenes Rettungspaket erwarten.
In diesem Punkt waren sich die künftigen Partner von vornherein einig. Echte Sollbruchstellen haben Genossen und Grüne entweder durch meist kluge Kompromisse, etwa beim Ausbauziel für die Windenergie, ausgeräumt. Oder, wo dies ausgeschlossen schien, einfach geschickt umschifft. Viel ist im 140-Seiten-Vertrag von Prüfaufträgen die Rede, von Dialogen mit Verbänden oder Kommunen. Die Grünen hätten gern einen weiteren gesetzlichen Feiertag, am liebsten den Internationalen Frauentag am 8. März. Innerhalb der SPD gehen die Meinungen auseinander. Lösung im Koalitionsvertrag: Man will erst „Gespräche mit gesellschaftlichen Akteuren führen“ und die Idee dann weiter ausloten.
Dreister räumen SPD und Grüne ihren ewigen Streit um neue Betonpisten wie die A 20 oder A 39 ab. Sie verweisen in ihrem Papier einfach nach Berlin. Die bundeseigene Autobahn GmbH sei schließlich verantwortlich. Das ist zwar formal richtig, aber zugleich feige. Wenn der Bund sich für oder gegen diese Projekte entscheidet, muss sich das Land ja irgendwie verhalten. Niedersachsen könnte durchaus auch aktiv Druck in die eine oder andere Richtung auf die Ampelregierung machen, insbesondere auf SPD und Grüne dort.
Offenbar setzen die Koalitionäre hier lieber auf den Faktor Zeit. In den nächsten fünf Jahren, so die unausgesprochene Hoffnung, werde in Sachen Autobahnen schon nicht viel passieren. Wenn aber doch, gibt es ein Problem.