Bremen/Hannover. Bremen will sich auch künftig am Erwerb von Steuer-CDs aus der Schweiz beteiligen. Das erklärte ein Sprecher von Finanzsenatorin Karoline Linnert. Die Grünen-Politikerin lehne das von der Bundesregierung seit Längerem geplante Steuerabkommen mit der Schweiz als „erkaufte Amnestie“ ab.
Davon profitierten Steuerbetrüger, die anonym blieben, sowie vor allem die Schweizer Banken. Zudem sei fraglich, ob die von der Bundesregierung prognostizierten Mehreinnahmen tatsächlich zu erzielen seien. Schwarzgeld und Steuerflucht ließen sich mit dem Abkommen nicht bekämpfen. In Bremen haben nach Auskunft des Finanzressorts seit Februar 2010 rund 180 Steuersünder Selbstanzeige erstattet; dies brachte 13 Millionen Euro an Mehreinnahmen.
Niedersachsen will die umstrittenen CDs dagegen nicht mehr kaufen. Auch beim Erwerb durch andere Bundesländer möchte sich Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) nicht mehr beteiligen. „Niedersachsen hat sich aus diesem Verfahren endgültig verabschiedet“, erklärte ein Sprecher des Finanzministeriums. Man wolle das Steuerabkommen mit den Eidgenossen nicht gefährden; dieses sei viel effektiver, um flächendeckend an Steuerhinterzieher heranzukommen. „Mit den CDs sind dagegen nur Zufallstreffer möglich. Das ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.“
Das klang vor nicht allzu langer Zeit noch anders: Niedersachsen war selbst aktiv geworden und hatte für 185.000 Euro eine CD mit brisantem Material gekauft. Beim Erwerb durch andere Bundesländer beteiligte sich Niedersachsen gemäß des Verteilerschlüssels der Länder mit zehn Prozent an den Kosten. Die Käufe haben allein in Niedersachsen zu rund 1200 Selbstanzeigen von Steuersündern geführt; dies erbrachte 107 Millionen an Mehreinnahmen für Bund und Länder.
Bank weist Vorwürfe zurück
Unterdessen eskaliert der Streit über ein Steuerabkommen mit der Schweiz. Hintergrund sind Berichte über die Hilfe eidgenössischer Banken bei der Steuerflucht. Per Kurznachrichtendienst Twitter verbreitete SPD-Chef Sigmar Gabriel: „Schäuble hat eben doch nicht gut genug verhandelt beim Schweizer Steuerabkommen.“ Was die Befürworter des umstrittenen Abkommens in Erklärungsnot bringen dürfte, lässt die Gegner des „Schweizdeals“ jubeln. Schweizer Banken sollen versuchen, deutschen Steuerbetrügern dabei zu helfen, Schwarzgeld gezielt ins sichere Ausland zu verschieben. Mit dem jüngsten Kauf von Daten über mutmaßliche deutsche Steuerbetrüger seien die Ermittler an Unterlagen gekommen, die diese Fluchthilfe belegten. Das von Berlin und Bern vereinbarte, aber noch nicht ratifizierte Steuerabkommen werde so vor dem geplanten Inkrafttreten am 1. Januar 2013 unterlaufen. Ab dann soll auf alle Kapitalerträge deutscher Kunden bei Schweizer Banken eine Steuer fällig werden, die so hoch ist wie die Abgabe in Deutschland.
In Berlin und Bern will man sich zu diesen „Gerüchten“ und „Meldungen mit unklaren Quellen“ nicht äußern. Die Schweizer Großbank UBS, die in diesem Zusammenhang genannt wurde, wies den Vorwurf vehement zurück. Doch unter Steuerfahndern und in deutschen Finanzbehörden wird schon länger über „neue Geschäftsmodelle“ Schweizer Geldhäuser gemunkelt, um deutsche Schwarzgeld-Kunden zu halten und zu schonen. Auch die Steuergewerkschaft, die Mitarbeiter in Finanzbehörden vertritt, munkelt mit: Schon seit Wochen und Monaten sei in Umlauf, dass Schweizer Banken Strukturen entwickelten, um hartgesottenen Steuerhinterziehern zu helfen, das Geld vor dem Stichtag wegzuschaffen – in Dependancen in Singapur oder Hongkong. Schon vor einem Jahr soll in Berliner Ministerien gelästert worden sein: Das Bankkürzel UBS stehe für „Umzugsunternehmen Bern-Singapur“.
Nordrhein-Westfalens Finanzminister Walter-Borjans (SPD) will weiterhin Daten-CDs kaufen: Erst seit im Jahr 2006 mit dem Ankauf solcher Daten begonnen worden sei, seien die Behörden überhaupt in der Lage, auf die Steuerhinterziehung in großem Stil zu reagieren.