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Rot-grünes Bündnis Die Harmonie in Hannover wird eine Weile anhalten

Anders als 2017 haben SPD und Grüne 2022 in Niedersachsen schnell und problemlos die neue Regierung gebildet. An der harmonischen Zusammenarbeit wird sich in nächster Zeit wenig ändern, meint Peter Mlodoch.
30.12.2022, 05:00 Uhr
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Die Harmonie in Hannover wird eine Weile anhalten
Von Peter Mlodoch

Die Harmonie zeigt sich auch in kleinen, eher unpolitischen Dingen. Kaum zwei Monate ist Niedersachsens neue Regierung aus SPD und Grünen im Amt. Und schon zweimal haben sich deren Protagonisten kräftig gefeiert. Rot-grüner Abend nennt sich das Format inoffiziell, das zu rot-grünen Bündniszeiten zwischen 2013 und 2017 ins Leben gerufen wurde und auch während der Großen Koalition von 2017 bis 2022 nicht unterging. Es ist ein feucht-fröhliches Treffen unter Ausschluss der Öffentlichkeit nach Abschluss eines Sitzungstages des Landtages. Als Anlass dafür reichten jetzt das kurze Sonderplenum im November und die ziemlich abgespeckte reguläre Parlamentswoche im Dezember. 

Wer will es der Mannschaft um Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), den 57 Abgeordneten seiner Genossen und den 24 Kollegen der Grünen auch verdenken? Souveräner Sieg bei der Landtagswahl am 9. Oktober, satte Mehrheit im Parlament, Rekordtempo erst bei den Koalitionsverhandlungen und dann auch beim ersten großen gemeinsamen Projekt, dem 2,9 Milliarden Euro schweren Nachtragshaushalt zur Abfederung der Kriegs- und Krisenfolgen: Rot-Grün hat geradezu einen Traumstart in die nächsten fünf Jahre Zusammenarbeit hingelegt. Das Wort „Liebesheirat“ ist nicht übertrieben;  Sozialdemokraten und Grüne mussten sich nicht mühsam zu einer Zweckehe wie 2017 die fremdelnden Partner von SPD und CDU zusammenraufen.  

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Dass es schon vor der Wahl beider Seiten die erklärte Wunschkonstellation war, machte es den Verhandlern relativ leicht. Mögliche Knackpunkte räumten sie geschickt beiseite. Autobahn-Neubauten, die die SPD befürwortet und die die Grünen vehement ablehnen? Ist ja Sache des Bundes, da halten wir uns einfach mal raus, lautet derzeit die gemeinsame Devise. Den Regenten in Hannover kommt dabei zugute, dass die Ampel-Koalitionäre in Berlin genauso uneins sind. Solange sich Grüne und FDP dort streiten, kommt es im Land nicht zum Schwur. Vertiefung von Unter- und Außenweser? Der Koalitionsvertrag lässt Befürwortern wie Gegnern genügend Interpretationsspielraum. Scharmützel auf offener Bühne lohnen sich da doch gar nicht.

Glück war der neuen Regierung zum Amtsantritt durch die vollen Kassen beschieden. Dicke Steuerüberschüsse machten den Nachtragsetat erst möglich. Das soll allerdings die Leistung nicht schmälern. SPD und Grüne haben die Gunst der Stunde genutzt und in Windeseile ein einigermaßen ausgewogenes Hilfspaket geschnürt. Kommunen, Wirtschaft, Kultur, Sport und vor allem die allermeisten Bürger dürfen damit zufrieden sein. Selbst die Opposition konnte und wollte die Programme nicht in Bausch und Bogen verdammen.

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Das neue Jahr wird an der rot-grünen Harmonie vorerst nicht viel ändern. Beide Seiten sind sich in den großen Zielen völlig einig – seien es der zügige Ausbau der erneuerbaren Energien, die Sanierung der Hochschulen oder die höhere Besoldung für Grund- und Hauptschullehrer. Zwar dürfte es bei der konkreten Umsetzung oder der Finanzierung hier und da mal haken. Sollbruchstellen aber tun sich aber keineswegs auf.

Es ist zu erwarten, dass SPD und Grüne auch im Mai ihre erste große Bewährungsprobe mit der Aufstellung des Haushaltes für 2024 einigermaßen pragmatisch absolvieren werden. Dafür stehen die beiden Hauptakteure: der sachorientierte Regierungschef Weil und seine unprätentiöse Stellvertreterin, Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne). Gewisse Eitelkeiten anderer Kabinettsmitglieder werden die beiden einzufangen wissen.

Und die Opposition? Sie hat es mit ersten Aufschlägen wie dem CDU-Antrag zum Erhalt der Förderschulen versucht, konnte die Koalition aber nicht ernsthaft in die Bredouille bringen. Ob dies der Union ausgerechnet mit den Vorwürfen gelingt, Ministerpräsident Weil habe früher eine zu große Nähe zum russischen Diktator Putin gepflegt, ist eher zu bezweifeln. Bei dem Thema habe sich viele andere, auch und gerade aus der CDU, ebenfalls nicht mit Ruhm bekleckert. Das macht es einfach, derartige Angriffe einfach auszusitzen.

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