Ein Formfehler hat ihn zurück in den Bundesvorstand seiner Partei gebracht: Der Brandenburger AfD-Politiker Andreas Kalbitz, den selbst eine Mehrheit des Parteivorstands der AfD für rechtsextrem hält, ist seit einem Urteilsspruch des Berliner Landgerichts am vergangenen Freitag wieder Mitglied des Bundesvorstands. Zumindest, bis das Schiedsgericht der AfD über seinen Ausschluss entscheidet – wann das sein wird, ist zur Zeit noch unklar. Und am Dienstag wählte ihn auch die Landtagsfraktion, der er für einige Wochen als offiziell „parteiloser Abgeordneter“ angehörte, wieder an ihre Spitze.
Aber Brandenburg ist weit, weit weg im Osten. Haben solche Vorgänge eigentlich auch für Bremen eine Bedeutung? An der Weser ist der Landesverband doch schließlich ganz anders unterwegs, oder? Nein. Wer so denkt, macht es sich zu einfach. Denn die Vorgänge rund um Kalbitz zeigen, dass es der AfD auf Bundesebene nicht gelingt, wirksam gegen den Rechtsextremismus in den eigenen Reihen vorzugehen. Sie zeigen, dass die Beobachtung ganzer Landesverbände durch den Verfassungsschutz in zwei Bundesländern – Brandenburg und Thüringen – nicht zum Nachdenken führt. Noch immer gibt es in diesen Ländern Mehrheiten für den Flügel, der in diesen Ländern ohnehin schon „der ganze Vogel ist“, wie es Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) kürzlich treffend formulierte.
Was auch Auswirkungen auf die Bundesebene und die anderen Landesverbände hat. Sie bewegen sich schließlich nicht im luftleeren Raum. Selbst wenn das Bundesschiedsgericht der AfD Andreas Kalbitz wegen falscher Angaben in seinem Aufnahmeantrag nun tatsächlich aus der AfD ausschließen sollte – er wird im Hintergrund weiter Strippen ziehen. Und das Ergebnis des Parteikonvents vom Wochenende, wo Parteichef Jörg Meuthen nur mit einer knappen Mehrheit über Kalbitz, Björn Höcke und deren Anhänger siegte, zeigt doch, wie stark die Rechtsextremisten und ihre Freunde in der Bundes-AfD weiterhin sind. Auch Parteimitglieder in Bremen und umzu müssen an dieser Stelle deswegen einmal kritisch in den Spiegel schauen. Wer immer noch glaubt, dass es in dieser Partei noch ein starkes bürgerlich-konservatives Element gibt, das es zu bewahren lohnt, ist schon seit langem auf dem Holzweg.
Was im Osten geschieht, passiert nicht in einer anderen Partei, es findet in ein und derselben AfD statt. Die Partei als Ganzes verdient es, bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden – weil es natürlich Querverbindungen und Netzwerke gibt, über alle Ländergrenzen hinweg. Weil es ihr nicht gelingt, sich von denen, die in den Ost-Landesverbänden den Ton angeben, politisch zu lösen. Ganz deutlich gesagt: Wer jetzt noch in dieser Partei ist, kann sich jedenfalls nicht damit herausreden, in einem anderen Bundesland und mit einer völlig anderen Programmatik unterwegs zu sein.
Keine Plattform vor einem Millionenpublikum verdient
Und während es in den ersten Jahren der AfD durchaus noch möglich war, mit den Kritikern des Euro öffentlich und manchmal sogar gewinnbringend zu diskutieren, sollte jetzt generell ein anderer Kurs eingeschlagen werden. AfD-Spitzenfunktionäre, zumindest aus den Ost-Verbänden, gehören ebenso wenig in bundesweite Talkshows, wie man seinerzeit Vertreter von NPD, DVU und Republikanern in derartige Sendungen eingeladen hat. So lange sie vom Verfassungsschutz beobachtet werden, sind sie für Demokraten nicht satisfaktionsfähig – und haben es auch nicht verdient, dass man ihnen vor einem Millionenpublikum eine Plattform gibt. Weswegen es im Übrigen auch richtig ist, dass der Ökumenische Kirchentag entschieden hat, Mitglieder der AfD nicht auf seinen Podien zuzulassen. Der Kirchentag soll im kommenden Jahr in Frankfurt am Main stattfinden.
Ja, auch einfache Mitglieder ohne Mandat und Funktion. Denn wer jetzt immer noch Mitglied dieser Partei ist, nimmt zumindest billigend in Kauf, was in der AfD gerade passiert – und muss sich selbst wohl oder übel irgendwo im Spannungsbogen zwischen „rechts“ und „noch weiter rechts“ einordnen lassen.