Viele französische Klassenzimmer blieben am Donnerstag unbesetzt – und diesmal nicht unbedingt, weil sich Schüler mit dem Coronavirus infiziert hatten. Aus Protest gegen das Corona-Krisenmanagement der französischen Regierung in den Schulen hatten fast alle Gewerkschaften für Schulpersonal, darunter Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und -leiter, aber auch Schulkrankenschwestern, zu Streiks und Demonstrationen aufgerufen. Viele Eltern unterstützten dies. Dem Erziehungsministerium zufolge beteiligten sich 31 Prozent der Betroffenen, die Gewerkschaften sprachen hingegen von 75 Prozent. Diese Diskrepanz illustriert bereits die verhärteten Fronten zwischen Vertretern der Schulen und der Regierung.
Kritisiert wird vor allem deren Schlingerkurs. Seit Ende der Weihnachtsferien am 3. Januar wurden die Maßnahmen dreimal geändert, weil sie jeweils kaum umsetzbar waren. Auch Verantwortungsträger erfuhren dies nicht auf direktem Weg, sondern über Interviews, die Erziehungsminister Jean-Michel Blanquer der Presse gab. Man fühle sich von Blanquer nicht respektiert, der seine Entscheidungen „ohne jeden sozialen Dialog trifft“, sagte die Generalsekretärin der Gewerkschaft Snuipp-FSU, Guislaine David. „Es ist, als wären die Lehrer nur da, damit die Eltern arbeiten können und damit die Wirtschaft auch in Zeiten von Corona läuft.“
Gibt es einen positiven Corona-Fall in der Klasse, müssen Grundschulkinder innerhalb von fünf Tagen einen PCR-Test und zwei Selbsttests absolvieren – und die Unterrichtenden dies überprüfen. Da die Eltern diese organisieren müssen, bilden sich oft lange Schlangen vor den Apotheken. Gerade außerhalb der Metropolen kann es schwierig sein, Termine für einen PCR-Test zu erhalten. Inzwischen fällt der PCR-Test weg.
Angespannte Corona-Lage in Frankreich
Denn die Infektionslage in Frankreich ist angespannt. Am Mittwoch wurden knapp 370.000 neue Fälle gemeldet, die landesweite Inzidenz liegt bei fast 3000. Die Regierung ist stolz darauf, die Schulen abgesehen vom ersten Lockdown im Frühjahr 2020 weitgehend offen gelassen zu haben. Auch jetzt schließt eine Klasse nicht automatisch, auch wenn mehrere Kinder positiv getestet wurden.
Es lastet großer Druck auf dem Personal, das mehr Hilfskräfte einfordert. Präsident Emmanuel Macron, dessen Ehefrau Brigitte selbst lange Lehrerin war, mischte sich nun ein. Er forderte mehr Planbarkeit und eine bessere Kommunikation. In drei Monaten finden die Präsidentschaftswahlen statt und der Amtsinhaber, der voraussichtlich erneut antritt, möchte keinesfalls Millionen Eltern und das Schulpersonal gegen sich aufbringen.