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Britischer Premier Keir Starmer sucht Dialog mit Washington

Die "besondere Beziehung" zwischen Großbritannien und den USA steht auf dem Prüfstand. Keir Starmer reist nach Washington, um mit Donald Trump zu sprechen.
21.02.2025, 19:27 Uhr
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Von Susanne Ebner

Ein „Test of Strength“, ein Kräftemessen. Das wird erwartet, wenn Keir Starmer in der kommenden Woche nach Washington reist, um Gespräche mit Donald Trump zu führen. Die Zeitung „Daily Mirror“ stellte die beiden Staatsmänner der historisch eigentlich eng verbündeten Nationen auf der Titelseite deshalb mit jeweils verstimmtem Gesichtsausdruck im Profil gegenüber. Denn während der US-Präsident den Regierungschef der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, gar als „Diktator ohne Wahlen“ bezeichnete, stellte Starmer klar, dass dieser demokratisch gewählt wurde. Zudem besteht London auf einer Sicherheitsgarantie der USA für das kriegsgebeutelte Land, obwohl Trump betont hatte, nach einem möglichen Deal mit Russland keine Truppen zur Friedenssicherung schicken zu wollen.

Verstimmt der Labour-Mann damit schon vor dem Abflug den Partner im Weißen Haus? „Er geht damit durchaus ein Risiko ein“, sagte Sophie Stowers von der Denkfabrik UK in a Changing Europe gegenüber dieser Zeitung. Denn Trump könne bekanntlich nicht gut mit Kritik umgehen. Es bestehe die Gefahr, dass er sich nach dem Treffen bei einer Pressekonferenz oder in den sozialen Medien abfällig über den Premierminister äußere. Wie der Rest Europas sieht sich damit auch Starmer im Umgang mit Trump in einer schwierigen Lage. Die „special relationship“, die „besondere Beziehung“ zwischen den beiden Nationen, die vorrangig auf der Insel immer wieder beschworen wird, sei nach Jahrzehnten der Zusammenarbeit „so instabil wie nie“, so die Politologin.

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Trotz der Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten seit dem 18. Jahrhundert blieben die beiden Länder durch Sprache, Kultur und Handelsbeziehungen eng verbunden. Im 20. Jahrhundert, insbesondere während der beiden Weltkriege und des Kalten Krieges, entwickelte sich eine enge strategische Partnerschaft, die sich auf die Zusammenarbeit der Geheimdienste, aber auch auf gemeinsame militärische Einsätze erstreckte. Vor diesem Hintergrund und weil Großbritannien nicht Mitglied der EU ist, versuche Starmer „als Brücke zwischen den USA und Europa zu fungieren“, so Gabriel Pogrund, Redakteur der „Sunday Times“. London habe zudem in den vergangenen Monaten in gute diplomatische Beziehungen investiert, schließlich gilt Trump als anglophil und Fan der königlichen Familie.

Trotzdem ist es eine Gratwanderung. So will Starmer in Washington einerseits die europäische Position vermitteln. Auf dem Kontinent löste der Kurswechsel der USA „Sorgen und Ängste“ aus. Andererseits will er Zugeständnisse an die US-Regierung machen, um die britisch-amerikanischen Beziehungen aufrechtzuerhalten. So habe der britische Regierungschef stärker als jeder andere europäische Staat deutlich gemacht, dass das Vereinigte Königreich bereit sei, Truppen zur Friedenssicherung in die Ukraine zu schicken und damit – wie von Trump gewünscht – mehr Verantwortung für die Verteidigung Europas zu übernehmen.

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„Wenn die USA Starmer als eine Art Vermittler zwischen der Ukraine, den USA und Russland agieren lassen und ihn in Gespräche zur Beendigung des Konflikts einbeziehen, würde er eine starke Rolle auf der internationalen Bühne spielen“, sagte Stowers. Ob es dazu kommt, ist jedoch offen. Starmers klare Haltung zur Unterstützung der Ukraine ergebe jedoch auch innenpolitisch Sinn. Nigel Farage und seine rechtspopulistische Partei Reform UK müssten sich nun entscheiden, ob sie Trumps skeptische Haltung gegenüber Selenskyj übernehmen oder bei der Mehrheitsmeinung bleiben.

Die meisten Briten befürworten eine Unterstützung Kiews und stehen Russland kritisch gegenüber. Auf europäischer Ebene versucht Starmer, die Position Großbritanniens zu stärken, indem er die Nato-Mitgliedsstaaten zur Verteidigung der Ukraine aufruft. Denn auch wenn die Labour-Regierung ihre „Vermittlerrolle“ zwischen den USA und der EU betonte, angesichts der sich verändernden Beziehungen mit Washington rückt London nun eher in die Nähe Europas, vermutet Stowers. Dies liegt auch im Interesse der Europäer, die sich ihrerseits aufgrund der militärischen Stärke Großbritanniens ein engagierteres Mitwirken des Landes wünschen.

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