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Präsidentschaftswahl in Frankreich Wiederauflage eines unpopulären Duells

Wie erwartet ziehen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die Rechte Marine Le Pen in die Stichwahl um das höchste Staatsamt. Für die traditionellen Parteien ist das Ergebnis ein Debakel.
10.04.2022, 20:42 Uhr
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Von Birgit Holzer

Wenn Meinungsforscher die Menschen in Frankreich in den vergangenen Wochen befragt haben, welche Konstellation sie bei der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl auf keinen Fall mehr sehen wollen, war das Ergebnis eindeutig. Marine Le Pen gegen Emmanuel Macron, lautete die Antwort der großen Mehrheit. Doch die erste Runde am Sonntag brachte eine Wiederauflage des unpopulären Duells von 2017: Der Präsident und die Rechtspopulistin qualifizierten sich für die Stichwahl am 24. April. Die Wahlbeteiligung war um mehrere Prozentpunkte zurückgegangen.

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Ersten Auszählungsergebnissen zufolge erzielte Macron 28,5 Prozent der Stimmen und Le Pen 24,2 Prozent – so viel hatten Umfragen ihnen in den vergangenen Tagen vorhergesagt. Der radikale Linke Jean-Luc Mélenchon erreichte demnach mit 20 Prozent den dritten Platz. Er hatte zuletzt eine beachtliche Aufholjagd in den Umfragen hingelegt und umwarb alle Wähler des linken Lagers, das insgesamt sechs der zwölf Kandidaten stellte. Außer Mélenchon blieben alle im kleinen einstelligen Bereich.

Im Vergleich zur letzten Wahl hat die extreme Rechte deutlich zugelegt. Le Pen kann eine Verbesserung im Vergleich zu 2017 verzeichnen, als sie in der ersten Runde 21,3 Prozent und in der Stichwahl gegen Macron 34 Prozent erreichte. „Sie befindet sich heute klar auf einem höheren Niveau als vor fünf Jahren“, sagte der Politologe Jérôme Fourquet vom französischen Meinungsforschungsinstitut IFOP noch vor der Wahl. Zum einen könnten viele Linkswähler im zweiten Wahlgang zuhause bleiben, anstatt wie 2017 für Macron zu stimmen. Denn diese Wählergruppe habe er stark enttäuscht. Zum anderen erhielten Le Pens Bemühungen um eine „Entteufelung“ ihrer Partei laut Fourquet einen „Beschleuniger“ in Gestalt des Ultrarechten Éric Zemmour. Neben dem früheren Journalisten, der vor einem „Bürgerkrieg“ durch Einwanderer warnte, wirkte die Tochter des Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen plötzlich professioneller und weniger radikal – bei einem sehr ähnlichen Programm, dessen Kern aus einem Einwanderungsstopp und einer systematischen Benachteiligung von Ausländern in Frankreich besteht. Indem sie Maßnahmen für die Kaufkraft, etwa eine niedrige Mehrwertsteuer auf Energie, versprach, traf sie einen Nerv.

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Im Zweikampf der Rechtsextremen hatte Zemmour das Nachsehen – der 63-Jährige erreichte nur sieben Prozent. Die Stimmen seiner Wähler dürften im zweiten Durchgang fast ausschließlich Le Pen zufallen. Dennoch betonte der Politikexperte Jérôme Fourquet, die Resultate der zweiten Runde noch vor der ersten vorherzusehen, sei schwierig: „Die entscheidende Etappe für die Stichwahl beginnt jetzt.“ Es ist davon auszugehen, dass Macron, der sich aufgrund des Kriegs in der Ukraine im Wahlkampf stark zurückhielt, diesen nun intensiviert. Lehnte er bis jetzt eine Fernsehdebatte mit anderen Kandidaten ab, so gilt dies nicht für ein TV-Duell der beiden Finalisten, das am 20. April stattfinden soll.

Die französischen Grünen mit dem Spitzenkandidaten Yannick Jadot konnten ihre jüngsten Erfolge bei kommunalen und Europawahlen nicht wiederholen und blieben mit 4,4 Prozent der Stimmen hinter den eigenen Erwartungen zurück, obwohl die Französinnen und Franzosen Umwelt- und Klimathemen als äußerst wichtig erachten. Besonders bitter ist der Wahlausgang für die einstmals stolzen Volksparteien Frankreichs. Fünf Jahre nach Macrons Sieg hat er diese dauerhaft geschwächt, indem er sich als starke Kraft in der Mitte etablierte.

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Die Sozialistin Anne Hidalgo fiel mit 1,9 Prozent der Stimmen sogar hinter den kommunistischen Kandidaten Fabien Roussel zurück. Ihre Vorschläge wie jener einer Erhöhung der Gehälter verhallten weitgehend ungehört. Schwer enttäuschte auch die republikanische Kandidatin Valérie Pécresse mit fünf Prozent der Stimmen, die einerseits Anleihen bei Macrons Reformprogramm nahm, andererseits bei den Rechtsextremen mit Themen wie der inneren Sicherheit und der Identität. Nicht einmal Ex-Präsident Nicolas Sarkozy sprach sich öffentlich für sie aus. Es wird davon ausgegangen, dass er in den kommenden Tagen eine Wahlempfehlung für Macron abgibt.

Zur Sache

Geldprämien und Rabatte als Wahlanreize

Mit ungewöhnlichen Einzelaktionen wurde in Frankreich versucht, die Wahlbeteiligung an der Präsidentschaftswahl zu erhöhen. So versprach der Chef einer Immobilienagentur in Le Creusot im Burgund seinen Beschäftigten eine Prämie von 100 Euro, wenn sie zur Wahl gehen, wie die Zeitung „Le Parisien“ berichtete. In Frankreich wird die Teilnahme an der Wahl in der Wählerkarte abgestempelt, der Nachweis ist also einfach. Insofern leicht zu praktizieren ist auch das Angebot im Wintersportort Gets in den französischen Alpen, der  Wählern den Ski-Pass am Sonntag für einen Euro statt für 37,50 Euro anbietet. Auch Spaziergänger, die gewählt hätten, könnten die Gondelbahn für einen Euro nutzen. Seinem Lieblingssport am Sonntag nachzugehen, müsse der Bürgerpflicht des Wählens nicht im Wege stehen, teilte der Ort mit, der mit der Aktion auch die Wintersportsaison beendet.

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