Schon vor der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern war der Titel des Buches nicht auf der Höhe der Zeit, jetzt ist er offensichtlich obsolet. Die in diesen Tagen erschienene Schrift heißt „AfD – Bekämpfen oder ignorieren?“, aber nach dem triumphalen Einzug der AfD in das neunte Landesparlament (in Schwerin) dürfte „ignorieren“ keine denkbare Option mehr sein. Das war auch den 14 Autoren klar, die in dem vom Journalisten Armin Fuhrer und dem PR-Berater Christian Nawrocki herausgegebenen Buch „intelligente Antworten“ (Buchuntertitel) auf das Phänomen AfD zu geben versuchen. Die „Intelligenz“ der Antworten wird niemand bestreiten, aber ob sie durchweg hilfreich sind, um der zunehmend rechtsradikalen Partei beizukommen, ist zu bezweifeln.
Das gilt zum Beispiel für die Anregung des ehemaligen Wahlkampfmanagers von Helmut Kohl, Peter Radunski, der AfD in den Kommunen und Ländern Regierungsbeteiligungen anzubieten. Das empfiehlt er gleichermaßen der CDU, der SPD, den Grünen und der FDP: „Für die AfD wäre die Zeit der politischen Unschuld vorbei.“ Ihre politische Unschuld ist für die Partei ganz offensichtlich kein Problem, aber interessant wäre zu hören, wie die Basis der anderen Parteien – und nicht weniger deren Wähler – auf entsprechende Koalitionsangebote reagieren würden.
Zwar sind sich alle Autoren darin einig, dass die AfD für die Demokratie eine immer ernster werdende Bedrohung darstellt, doch eine Patentlösung gibt es offenkundig nicht. Ralf Stegner, stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender, plädiert für die direkte Konfrontation: „Wir Demokraten müssen die AfD inhaltlich stellen, wo immer sich die Chance dazu bietet! Und inhaltlich meint, ihre Argumente sowie ihre Argumentationsmuster anzugehen.“ Es ist leicht, mit dieser Methode AfD-Funktionäre öffentlich bloßzustellen, doch dürfte es sich inzwischen herumgesprochen haben, dass sich die Mehrheit der AfD-Wähler von Argumenten nicht beeindrucken lässt.
Niemand wird der Ansicht des Linken-Fraktionschefs Dietmar Bartsch widersprechen, ein Grund für den Aufstieg der AfD sei die „vorsichtige Modernisierung“ der CDU in den vergangenen Jahren, die den National- und Rechtskonservativen ihre politische Heimat genommen habe. Schon richtig, aber war die Modernisierung deshalb ein Fehler, soll die CDU sich wieder zur Partei Helmut Kohls und Alfred Dreggers zurückentwickeln? Bartsch empfiehlt, die Wähler immer wieder darauf hinzuweisen, „was für eine Partei sie möglicherweise wählen“. Die AfD sei „eine Partei, die von Solidarität wenig hält“. Auch das ist nicht zu bestreiten, aber vielleicht wissen eben das zumindest Teile der AfD-Wählerschaft zu schätzen.
Der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen CDU, Armin Laschet, schlägt vor, den Wählern politische Entscheidungen und Probleme verständlicher zu machen, was auch bedeute, klarzumachen, dass viele Probleme komplexer seien als von der AfD behauptet. Auch das ist sicher richtig, wie überhaupt alle Autoren sehr richtige, sehr vernünftige, sehr intelligente Antworten bereithalten. Sie alle sprechen – wie es sich in einer Demokratie gehört – den Kopf an, aber bei einem großen Teil der AfD-Wähler ist es der Bauch, der am Wahltag entscheidet.