Drei Worte hat die Bundeskanzlerin vermieden, als sie die überhastet verkündete zusätzliche Osterruhe wieder einkassierte: impfen, testen, nachverfolgen. Genau auf diese drei Punkte müsste Angela Merkel jedoch ihre ganze Gestaltungsmacht und Richtlinienkompetenz konzentrieren, um weiteren Schaden von der Bevölkerung abzuwenden und deren Vertrauen zurückzugewinnen.
Doch nach drei Monaten liegt die Impfquote bei knapp zehn Prozent und keine fünf Prozent der Bevölkerung sind durch eine Zweitimpfung immunisiert. Das ist erbärmlich. Und nun gibt es offenbar plötzlich mehr Impfstoff, als die Impfzentren zügig injizieren können, während zigtausende Haus- und Betriebsärzte bis nach Ostern in Wartestellung verharren müssen. Bei den Tests macht jedes Land sein eigenes Ding - mal verpflichtend, mal freiwillig - und ein bundesweit einheitliches System zur Kontaktnachverfolgung und Fallanalyse fehlt nach einem Jahr Ausnahmezustand auch immer noch.
Klar, nach der Empfehlung von Virologen, Epidemiologen und Intensivmedizinern wäre es am sichersten, jetzt mal eben das ganze Land ins künstliche Koma zu versetzen. Aber diese Experten blenden die materiellen, sozialen oder psychischen Kosten eben aus. Politiker hingegen müssen auch in Kategorien wie Versorgungssicherheit, Lieferketten, Arbeitsplätze denken und die Verhältnismäßigkeit beim Eingriff in Grundrechte abwägen. Doch erst der Aufschrei der Wirtschaft führte nun zur Einsicht, dass man komplexe Produktionsverfahren oder logistische Prozesse nicht einfach kurzfristig unterbrechen kann.
Die These sei gewagt, dass bei einer ordentlichen parlamentarischen Beratung nicht so ein Murks herausgekommen wäre wie bei der übernächtigten Runde von 17 Regierungschefs. Einen Fehler persönlich einzuräumen, um ihre potenziellen Nachfolger in diesem Kreis zu entlasten, ist ein allzu durchsichtiges Manöver der Machtpolitikerin Merkel. Es reicht nicht, um ihre politische Insolvenz zu verschleiern.