Kurz nachdem die SPD-Führung nach Abschluss der Sondierungen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union beschlossen hatte, kursierten in den sozialen Medien schon erste Nachrufe auf die altehrwürdige deutsche Sozialdemokratie. Das war verfrüht. Denn die Debatte, die die Genossen führen, zeigt, dass die Partei ein quicklebendiges und diskussionsfreudiges Forum und kein bloßer Kandidatenwahlverein ist. Auf die derzeitige Diskussion kann die SPD stolz sein.
Die Sondierungsergebnisse sind weder Meilenstein noch Ausverkauf, sondern ein realistischer Ausdruck der politischen Kräfteverhältnisse. Ob das Glas halbvoll oder halbleer ist, kommt ganz auf den Blickwinkel des Betrachters an. Leuchtturmprojekte wie die Bürgerversicherung sind eben nur mit einer linken Mehrheit durchsetzbar, von der Deutschland derzeit aber weit entfernt ist. Diese Erkenntnis sollten Groko-Gegner akzeptieren lernen.
Eines haben Kühnert und Co. aber bereits erreicht: Sollten sich die Delegierten am Sonntag für Koalitionsverhandlungen entscheiden, wird die Union eine Schippe drauflegen müssen. Leicht werden die Sozialdemokraten für die Union nicht zu haben sein.