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Branche in Gefahr Bundesrat fordert Stahl-Gipfel

Der Bundesrat fordert auf Initiative unter anderen aus Bremen einen Stahl-Gipfel zur Sicherung dieser Industrie. Die Wettbewerbsfähigkeit der Branche ist durch Billig-Importe und hohe Energiepreise in Gefahr.
12.07.2025, 05:15 Uhr
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Bundesrat fordert Stahl-Gipfel
Von Markus Peters


Der Bundesrat hat auf Antrag der Länder Bremen, Brandenburg, Saarland, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen an die Bundesregierung appelliert, die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie in Deutschland zu sichern und zu stärken. Die Länder fordern unter anderem einen Stahlgipfel beim Bundeskanzler sowie die schnelle Umsetzung des europäischen Aktionsplans für Stahl und Metall. „Wir dürfen die Stahlproduktion in Deutschland in keiner Weise verloren geben. Wir brauchen sie auch künftig als industrielles Fundament unserer Volkswirtschaft“, sagte der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) in der letzten Sitzung der Länderkammer vor der Sommerpause.

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Unter anderem machen der Branche hohe Energiekosten, Exportbeschränkungen durch Zölle sowie der zunehmende Import von Billigstahl aus China und Indien zu Dumpingpreisen zu schaffen. Auf der anderen Seite verteuert die CO2-Abgabe innerhalb Europas die Stahlproduktion erheblich. Die Branche steht unter erheblichem Druck, auf klimafreundliche und klimaneutrale Produktion umzustellen. Allerdings ist das unter den gegenwärtigen Wettbewerbsbedingungen kaum möglich. Kürzlich hatte daher Arcelor-Mittal – der WESER-KURIER berichtete – seine Pläne zurückgezogen, die Flachstahlwerke in Bremen und Eisenhüttenstadt auf klimaneutrale Produktion umzustellen und damit auf millionenschwere staatliche Förderung verzichtet.

Bovenschulte fordert härtere Haltung

"Die Entscheidung von Arcelor-Mittal ist ein Alarmsignal", sagte Bovenschulte in seiner Rede vor der Länderkammer. Es müssten jetzt alle Hindernisse für eine erfolgreiche Transformation der Stahlindustrie auf den Tisch kommen - „ungeschminkt, klar und deutlich“, so der SPD-Politiker. Unternehmer und Gewerkschaften, Bund und Länder müssten bei einem Gipfel gemeinsam Lösungen suchen und finden. Eine solche Veranstaltung hatte Bundeskanzler Friedrich Merz bei der Regierungsbefragung im Bundestag in der vergangenen Woche in Aussicht gestellt, wenn diese "auch ein Ergebnis bringe".

Bovenschulte erwartet unter anderem auch eine härtere deutsche Haltung bei den Verhandlungen in Brüssel, wenn es darum geht, Billigimporte aus China zu verhindern. "Die Haltung der französischen Regierung ist in dieser Frage deutlich entschiedener", so der Bremer Bürgermeister.

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Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) sagte, die Politik habe für die Stahlindustrie und viele andere Branchen die Aussage getroffen, dass Dekarbonisierung der Wirtschaft ohne Deindustrialisierung möglich sei. „Und die Stahlindustrie ist ein prominentes Beispiel dafür, ob diese Aussage stimmt, ob wir in der Lage sind, alles dafür zu tun, dass wir nicht Lügen gestraft werden.“ Rehlinger warnte vor steigenden Preisen bei einem Rückzug dieser wichtigen Grundstoffindustrie aus Europa: "Wir sollten nicht die Hoffnung haben, dass China und andere den Stahl billig halten, wenn wir ihn nicht mehr produzieren."

Auch in einem weiteren Punkt konnte Bremen im Bundesrat überraschend punkten. Die Länderkammer beschloss eine Empfehlung, in welcher die Bundesregierung gebeten wird, die geplanten Maßnahmen zur Senkung der Stromkosten inklusive der Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß für alle Verbrauchergruppen – Unternehmen wie Haushalte – so schnell wie möglich umzusetzen. Auf den Weg gebracht hatten das Papier die vier grünen Finanzminister aus den Länden – unter anderem auch Bremens Finanzsenator Björn Fecker. Der Grünen-Politiker hält Nachbesserungen bei der Stromsteuersenkung für dringend geboten: „Der Bundesrat hat heute ein klares Signal für die Entlastung privater Haushalte sowie mittelständischer und kleiner Unternehmen gesendet. Die Verbraucherinnen und Verbraucher dürfen bei der Stromsteuersenkung nicht leer ausgehen. Das ist auch als Kompensation für die steigende CO2-Bepreisung wichtig."

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An der Entscheidung der Bundesregierung, die Stromsteuer nicht für alle Bürger und für alle Betriebe zu senken – wie im Koalitionsvertrag angekündigt, wenn auch unter Finanzierungsvorbehalt – , war zuletzt breite Kritik laut geworden, auch von Ministerpräsidenten der Union. Trotzdem kommt die klare Mehrheit auch für Fecker überraschend: "Ich hätte nicht damit gerechnet, dass wir damit durchkommen". Allerdings hat die Empfehlung keine bindende Folgen für die Bundesregierung.

Bremen verliert bis zu 60 Millionen Euro

Zuvor hatte der Bundesrat den Weg für das milliardenschwere Investitionspaket der Bundesregierung frei gemacht. Konkret sollen Unternehmen ihre Ausgaben für Maschinen und Geräte im laufenden und in den nächsten zwei Jahren von der Steuer abschreiben können - und zwar mit bis zu 30 Prozent. Ab 2028 soll schrittweise die Körperschaftsteuer sinken - und zwar von derzeit 15 Prozent auf zehn Prozent im Jahr 2032. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte im Bundesrat, es sei dringend, wieder für Wachstum zu sorgen. Davon profitierten finanziell alle staatliche Ebenen.

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Bund, Ländern und Kommunen entgehen durch das Paket Steuereinnahmen von rund 48 Milliarden Euro. Die Länder verlangten deshalb einen finanziellen Ausgleich, vor allem für die teils hoch verschuldeten Kommunen. Der Bund übernimmt die Steuerausfälle der Kommunen vollständig - befristet bis 2029. Die Länder bekommen Kompensationen für Krankenhäuser und Kitas. Dennoch dürften den Ländern Verluste entstehen. "Für Bremen sind ab dem Jahr 2027 Mindereinnahmen von 17,1 Millionen Euro zu erwarten, die bis 2029 auf beinahe 60 Millionen Euro pro Jahr anwachsen werden", rechnete Bremens Finanzsenator Björn Fecker vor.

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