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Früher Wahltermin Kleine Parteien fürchten Nachteile

Kleinparteien in Deutschland fürchten Nachteile durch einen frühen Wahltermin 2025. Sie warnen vor Nachteilen im Kampf um Stimmen, da die erforderlichen Unterstützerunterschriften schwer zu bekommen sind.
11.11.2024, 17:54 Uhr
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Kleine Parteien fürchten Nachteile
Von Markus Peters

Einige Kleinparteien in Deutschland fürchten angesichts eines möglichen schnellen Wahltermins der Bundestagswahl erhebliche Nachteile im Wettbewerb um Wählerstimmen. Marcel Krohn, Vorsitzender der Tierschutzpartei im Land Bremen und im Bund sowie Sprecher der Bundespartei, betont: "Ein Wahltermin schon im Januar ist für uns nicht machbar." Auch aus der Piratenpartei in Niedersachsen und von Volt in Bremen kommen ähnliche Bedenken.

Um zur Bundestagswahl antreten zu dürfen, müssen die Parteien auf Kreisebene oder – üblicher – in den Ländern entsprechende Unterstützungsunterschriften sammeln. Die erforderliche Summe liegt zwischen 460 Unterschriften in Bremen und 2000 Unterschriften in größeren Ländern wie zum Beispiel Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen oder Baden-Württemberg. Um bundesweit überall auf den Wahlzetteln zu stehen, muss also eine Partei mindestens 27.328 Unterstützungsunterschriften gesammelt haben.

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"In manchen Ländern, in denen wir viele engagierte Unterstützer haben, ist das einfach, in anderen, wo wir über eine nicht so starke Basis verfügen, schwieriger", sagt Krohn. Dennoch sei es wichtig, überall auf den Wahlzetteln aufgeführt zu sein, da ein erheblicher Anteil der Finanzierung der Partei vom Abschneiden bei den Wahlen abhängig ist.

"Ich kann die Bedenken der Kollegen nachvollziehen", sagt Christin Grützner-Stallmann vom Presseteam der Partei Volt in Bremen: "Eine Bundestagswahl im Januar ist für uns eigentlich nur machbar, wenn der Gesetzgeber die Anzahl der erforderlichen Unterstützungsunterschriften reduziert." Ihre Partei hat rund 100 Mitglieder im Land, müsste eigentlich 460 Unterschriften mit der Landesliste am 69. Tag vor der Wahl vorweisen, um teilnehmen zu können. Bei einem Wahltermin Ende Januar würde diese Frist schon in den kommenden Tagen ablaufen, bei einem Wahltermin bis Ende März bliebe der Partei bis Mitte Januar Zeit, die entsprechenden Unterschriften zu sammeln. "Das würden wir sicher schaffen", sagt die Parteisprecherin.

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Eine Reduzierung wurde zuletzt bei den Bundestagswahlen 2021 vorgenommen. Damals wurde aufgrund der Einschränkungen der Covid-19-Pandemie und der damit verbundenen erschwerten Bedingungen einmalig die Zahl der für Landeslisten notwendigen Unterschriften auf jeweils ein Viertel reduziert. Dafür allerdings müsste das Bundeswahlgesetz vom Bundestag entsprechend geändert werden. Doch das steht derzeit offenbar nicht zur Diskussion.

"Die im Bundestag vertretenen Parteien machen keine Anstalten, diese Zahl zu verringern. Daher habe ich eine Petition gestartet, die den Deutschen Bundestag auffordert, eine praktikable Lösung zu finden, um demokratische Wahlen sicherzustellen. Ansonsten werden bis zu elf Prozent der Wähler wohl nicht die Partei auf dem Wahlschein finden, die sie wählen wollen", erklärt Thomas Ganskow, Landesvorsitzender der Piratenpartei in Niedersachsen, die bei der Europawahl 2014 immerhin 21.028 Stimmen (0,5 Prozent) in diesem Land erringen konnte. "Das sorgt für Politikverdrossenheit und stärkt auch extreme Parteien. Das kann nicht das Ziel einer Politik für die Menschen in diesem Land sein.“

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Unterdessen äußert die Union heftige Kritik an Bundeswahlleiterin Ruth Brand, die in einem Brief an den Kanzler vor „unabwägbaren Risiken“ durch eine allzu frühe Wahl gewarnt hatte: „Das Grundgesetz sieht für vorgezogene Neuwahlen klare Fristen und ein geordnetes Verfahren vor“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Patrick Schnieder. „In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland war die Umsetzung dieser Neuwahlfristen nie ein Problem. Wir erwarten, dass auch die aktuelle Bundeswahlleiterin diese Vorgaben umsetzt und sich nicht vor den parteipolitischen Karren des Bundeskanzlers spannen lässt.“ Allerdings lagen im Jahr 2005 mehr als viereinhalb Monate zwischen der Ankündigung von Neuwahlen und dem Urnengang. 1982 beim konstruktiven Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt (SPD) vergingen mehr als sechs Monate zwischen der Abwahl des Kanzlers und den Neuwahlen.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit wies den Vorwurf der parteipolitischen Instrumentalisierung der Bundeswahlleiterin durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zurück. „Dieser Vorwurf ist absurd“, sagte er. Er verstehe das Ziel der Opposition, möglichst schnell zur Neuwahl zu kommen. „Trotzdem muss es eben eine ordentliche Wahl sein. Und da sollte man nicht zu viele Hinweise ignorieren auf dem Weg dorthin.“

Auch Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler warnt vor einem Wahltermin Ende Januar. „Ich kann nur raten, besonnen an das Thema heranzugehen, auf Fachleute zu hören und jetzt nicht in einen Sofortismus bei der Feststellung des Wahltermins zu verfallen“, sagte Bröchler. Natürlich müsse eine Neuwahl auch für Januar organisiert werden, wenn das politisch gewollt und vom Bundespräsidenten so entschieden werde. „Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass das die Qualität demokratischer Wahlen gefährdet.“

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Am Dienstag kommt der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages zu einer Sondersitzung zusammen, um über einen Neuwahltermin zu beraten. Dazu wird auch Bundeswahlleiterin Ruth Brand erwartet. Sie soll über den Stand der Vorbereitungen berichten.

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