Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Umfrage Kartenzahlung beliebt: Warum die Deutschen dem Bargeld untreu werden

Die Deutschen und das Bargeld – das ist eine innige Beziehung, so das Klischee. Gemäß einer Allensbach-Umfrage zahlen mittlerweile aber mehr als die Hälfte aller Deutschen unter 60 Jahren bevorzugt bargeldlos
16.12.2021, 12:32 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Sophia Allenstein

Die Deutschen und das Bargeld – das ist eine innige Beziehung, so das Klischee. Gemäß einer repräsentativen Allensbach-Umfrage zahlen mittlerweile aber mehr als die Hälfte aller Deutschen unter 60 Jahren bevorzugt bargeldlos. 53 Prozent der jungen und mittleren Generation greifen an der Kasse am liebsten zu Smartphone, Smartwatch und Karte. Sie haben sich vom Bargeld verabschiedet, mit Blick auf ältere Befragte zeigt sich ein Generationenunterschied. Dreiviertel der über 60-Jährigen präferieren nach wie vor Scheine und Hartgeld.

Als Innovationstreiber gilt den Studienmachern die Pandemie. Die Aufforderung zum kontaktlosen Zahlen an Supermarkt- und Tankstellenkassen scheint bei den Verbrauchern angekommen zu sein. Laut Studie hat sich das Zahlen per Girokarte durchgesetzt, die Befragten schätzten die Zahlweise als schnell, praktisch und hygienisch. Ein wenig geringer als im Bundesdurchschnitt fiel die Bereitschaft zum kontaktlosen Zahlen in Bremen aus. Bei jedem achten Bremer Einzelhändler wanderte während der Pandemie weniger Bargeld in die Kassen.

Lesen Sie auch

Datenschützer in Sorge: Bei bargeldlosem Bezahlen werden Informationen gesammelt

Wo Händler und Bezahlabwickler sich über den Trend zum bargeldlosen Kauf freuen, horchen Datenschützer auf. Die Hauptsorge: Durch Karten- und Smartphonezahlung entstehen Metadaten, es lassen sich Bewegungsprofile erstellen, der Kunde wird gläsern in seinem Einkaufsverhalten. Der Zeitpunkt des Einkaufs, Ort des Geschehens, Betrag und zum Teil Informationen über die Ware – diese Daten werden an Banken, Zahlungsdienstleister und Kreditkartenfirmen übermittelt.

Thomas Mai, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen, sieht besonders das Datensammeln von Smartphone-Apps kritisch. "Einige Bezahl-Apps senden unnötige Daten wie die Position des Nutzers. Dienstleister erfahren, in welcher Filiale eingekauft oder in welchem Restaurant gegessen wurde," erklärt er. Im Hintergrund würden diese Daten dann analysiert und für diverse Zwecke genutzt. "Harmlos ist etwa eine Internet-Statistik oder am Ende personalisierte Werbung. Aber es können auch Bonitäts- oder Kredit-Scores erstellt werden."

13 Prozent der Deutschen zahlen mit Apps

Zahlen per App, das ist in Deutschlandland seit 2018 populärer geworden. Immerhin 13 Prozent der Deutschen haben seitdem laut der Allensbach-Umfrage schon einmal Apple Pay, Google Pay oder ähnliche Bezahldienste genutzt. Am meisten Verwendung fanden Banking-Apps von Sparkasse und Volksbank, dicht gefolgt von Apple Pay, Google Pay und Payback Pay. Mit Blick auf Betrugsmöglichkeiten stuft die Verbraucherzentrale die Verwendung der Apps als sicher ein. "Für Betrüger ist es nahezu unmöglich, an Kundendaten zu kommen", sagt Finanzexperte Mai. Denn die Daten, die Smartphone oder Smartwatch via App an ein Empfangsgerät senden, werden nicht eins zu eins, sondern verschlüsselt wiedergegeben. "Wichtig ist eher, die Software stetig zu aktualisieren, Sorgfaltspflichten einzuhalten und bei Verlust des Smartphones unverzüglich den Sperrnotruf 116 116 anzurufen."

In der Debatte um eine mögliche Bargeldabschaffung hält sich währenddessen eine These hartnäckig: Bargeld fördere den Schwarzmarkt und Geldwäsche. Genau die digitalen Spuren, die Datenschützer beim elektronischen Kauf bemängeln, könnten immerhin in der Kriminalitätsbekämpfung bei der Rückverfolgung großer Geldsummen helfen. Ob illegale Aktivitäten durch eine Bargeldabschaffung tatsächlich eingeschränkt würden, darüber ist man in den Wirtschaftswissenschaften geteilter Meinung.

Lesen Sie auch

Friedrich Schneider, emeritierter Wirtschaftswissenschaftler der Universität Linz, geht nicht davon aus, dass eine Umstellung des Zahlungssystems organisierte Kriminalität dauerhaft beeinträchtigt. Der Experte für Schattenwirtschaft sagte gegenüber dem "Deutschlandfunk": "Eine Abschaffung des Bargeldes hätte für den Schwarzmarkt in Deutschland zu Beginn einen negativen Effekt, weil ein wichtiges, einfaches Transaktionsmittel,  entfällt. Da würde die Schattenwirtschaft vielleicht um fünf bis zehn Prozent zurückgehen. Ich möchte aber sagen, dass Bargeld keinerlei Ursache für Schwarzmarkt-Schattenwirtschaft ist." Schneider sieht stattdessen Steuerdruck, Arbeitslosigkeit und Rezession als Ursache für Schwarzmarktgeschäfte. Schon jetzt findet Geldwäsche im großen Stil digital statt – als Währung des Darknets gelten Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether.

EZB mit Gegenentwurf zu Kryptowährungen

Ein erhöhtes digitales Bezahlaufkommen und neue Digitalwährungen: Um auf die Umwälzungen der Zahlungslandschaft einzugehen, präsentierte die Europäische Zentralbank (EZB) in diesem Jahr Pläne für ein eigenes Digitalgeld. Der digitale Euro, über den Bürger per Geldkarte oder Mobiltelefon verfügen könnten, ist damit ein Gegenentwurf zu den vergleichsweise instabilen Kryptowährungen und eine Reaktion auf die möglicherweise wachsende Bedeutung ausländischer Digitalwährungen.

Leicht zugänglich, robust und sicher soll er sein – der digitale Euro. Und stünde anders als Kryptowährungen unter der Kontrolle der Europäischen Zentralbank. Gegenüber anderen digitalen Zahlweisen besäße er besonders einen Vorteil: Der digitale Euro soll die Privatsphäre seiner Nutzer wahren. Aktuell steckt das Vorhaben allerdings noch in einer zweijährigen Projektphase, 2023 soll ein erster Prototyp entstehen. Bis die neue Währung der Allgemeinheit zugänglich ist, wird es noch dauern. Vonseiten der Zentralbank ist zu hören, es sei frühestens im Jahr 2026 mit dem digitalen Euro zu rechnen. Damit hinkt die Europäische Union im Ländervergleich hinterher. Schon letztes Jahr führten die Bahamas als erster Staat eine Digitalwährung ein, China und Schweden zogen nach.

Zur Sache

Bitcoin erholt sich vom Kurssturz

Die Kryptowährung Bitcoin erholt sich weiter von ihrem starken Kursrutsch am Samstag. Der Kurs der weltweit bekanntesten Kryptowährung legte am Dienstag im frühen Handel circa ein Prozent auf rund 51 000 Dollar zu. Am Samstag war der Bitcoin um rund ein Fünftel bis auf 42 000 Dollar gefallen, danach stieg der Kurs Stück für Stück wieder. Bei anderen wichtigen Digitalwährungen wie Ether sah die Kursentwicklung in den vergangenen Tagen ähnlich aus.

Genaue Gründe für das plötzliche Absacken der Kurse der beiden größten Digitalwährungen am Samstag war Experten zufolge nicht direkt ersichtlich. Verwiesen wurde auf die gerade am Wochenende in dann weniger liquiden Märkten - teils größeren Schwankungen bei Kryptogeld. Stoßen dann einzelne Investoren größere Positionen ab, kann das stark auf den Kurs drücken.

Hinzukommt eine angespannte Stimmung auf den Finanzmärkten. Ursachen sind die Ungewissheit über die Folgen der Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus sowie die Erwartung, dass die US-Notenbank Fed - gezwungen durch die gestiegene Inflation - ihre in der Corona-Krise zur Konjunkturstützung aufgelegten Anleihenkäufe schneller zurückfahren dürfte als erwartet. Die beträchtlichen Kursschwankungen verdeutlichen nach Darstellung von Experten erneut das Risiko eines Investments in digitale Geldanlagen. Für den Bitcoin war es einer der größten Verluste seit Bestehen der Kryptowährung (dpa/soa).

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)