Die CDU hat die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt sensationell gewonnen. Nach Hochrechnungen von ARD und ZDF verbesserte sich die Partei von Ministerpräsident Reiner Haseloff am Sonntag auf 36,0 bis 36,6 Prozent. Die AfD, die in Sachsen-Anhalt als besonders rechts gilt und im Visier des Verfassungsschutzes steht, behauptete sich mit 22,0 bis 22,9 Prozent als zweitstärkste Kraft. Die Grünen legten leicht zu und erzielten 5,9 bis 6,0 Prozent. Die SPD rutschte auf einen historischen Tiefststand von 8,0 bis 8,4 Prozent. Die Linke kam auf 10,7 bis 11,0 Prozent, ihr bisher schlechtestes Ergebnis im Land. Die FDP kehrt mit 6,5 bis 6,8 Prozent in den Landtag zurück, in dem sie seit 2011 nicht mehr vertreten war.
Elisabeth Motschmann: Unglaublicher Wahlsieg
Haseloffs "klarer Kurs und seine bescheidene Haltung" hätten ihm diesen "unglaublichen Wahlsieg" beschert, kommentierte die Bremer CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Motschmann. Es sei zudem gut, "dass es nicht annähernd zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der AfD gekommen ist“.
Carsten Meyer-Heder: CDU geht zuversichtlich in den Bundestagswahlkampf
Für den Bremer CDU-Landesvorsitzenden Carsten Meyer-Heder zeigt das Ergebnis der Wahl, "dass der Kurs der Grünen in Sachsen-Anhalt nicht funktioniert. Das bestärkt uns in Bremen in unserem Bestreben, die Menschen für den Kampf fürs Klima zu motivieren statt sie zu frustrieren. Das ist der Weg der CDU in Bremen und auch der Armin Laschets im Bund: Wir müssen Wirtschaft und Klima zusammendenken und auf Innovationen statt auf Verbote setzen. Die Bremer CDU geht auch mit dieser Botschaft jetzt zuversichtlich in den Bundestagswahlkampf.“
Bürgermeister Bovenschulte: Auf Bundesebene sieht es anders aus
"In Sachsen-Anhalt wiederholt sich das aus anderen ostdeutschen Ländern bekannte Muster: Die Wähler versammeln sich hinter der jeweils stärksten demokratischen Partei, um die AfD auf die Plätze zu verweisen. Ich gratuliere meinem Kollegen Rainer Haseloff zu seinem Wahlerfolg", kommentiert Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). "Die SPD konnte in dieser polarisierten Auseinandersetzung mit ihren Themen nicht durchdringen. Ich gehe davon aus, dass dies bei der Bundestagswahl anders sein wird: Die politische Ausgangslage ist eine andere, und die SPD hat als einzige Partei einen Kandidaten, der Kanzler kann.“
Thore Schäck: Starke liberale Stimme
„Die FDP Sachsen-Anhalt hat gezeigt, dass gute inhaltliche Arbeit und ein engagierter Wahlkampf überzeugen können und dass es eine starke liberale Stimme im Parlament dringend braucht", so der FDP-Landesvorsitzende in Bremen, Thore Schäck. Und weiter: "Wir freuen uns, dass die Kolleginnen und Kollegen nun die Chance haben, sich in Sachsen-Anhalt in den nächsten fünf Jahren für eine starke Wirtschaft und Arbeitsplätze, für faire Chancen und Freiheit einzusetzen. Die Wahl hat die politischen Ränder geschwächt und die politische Mitte gestärkt – das ist ein gutes Zeichen für die kommende Bundestagswahl“.
Alexandra Werwath: Ausgangssituation für Grüne war nicht einfach
Enttäuscht? Nein, das sei sie nicht, sagt Alexandra Werwath, Landesvorstandssprecherin der Grünen in Bremen. „Das ist das zweitbeste Ergebnis der Grünen in Sachsen-Anhalt. Die Ausgangssituation war für uns nicht einfach. Die Angriffe auf uns Grüne und Annalena Baerbock der letzten Wochen hatten Auswirkungen auf den Wahlkampf in Sachsen-Anhalt. Gleichzeitig war es kein einfaches Regieren für uns in Sachsen-Anhalt in den vergangenen fünf Jahren“, so die Landesvorstandssprecherin. „Wir gehen gestärkt aus der Wahl, aber Reiner Haseloff wird entscheiden, in welche Regierungskonstellation er gehen möchte“. Aus ihrer Sicht wäre eine grüne Beteiligung wünschenswert, so Alexandra Werwath. „Wir haben versucht, in der Landesregierung für Stabilität und Kontinuität zu stehen. Dafür haben wir mit dem heutigen Wahlergebnis eine Wertschätzung erfahren. Für das Klima und den Punkt demokratische Teilhabe und soziale Gerechtigkeit wäre es wichtig, Grüne in der Landesregierung zu haben.“
Alexander Dobrindt: Keine Wechselstimmung im Bund
Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, sieht nach dem CDU-Erfolg bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt keine Wechselstimmung im Bund. „Diese Wahl zeigt, die Menschen wünschen sich eine Politik der Mitte und Stabilität und eine Union, die die gesamte Breite des bürgerlichen Spektrums abbildet“, erklärte Dobrindt am Sonntag in Berlin. „Diese Wahl hat auch gezeigt: Es gibt in Deutschland keine Wechselstimmung hin zu einer Linkskoalition“, betonte Dobrindt. „Die bürgerliche Mitte hat klar an Zustimmung gewonnen, das linke Lager deutlich verloren“, erklärte er.
Dreieinhalb Monate vor der Bundestagswahl bedeutet das Ergebnis deutlichen Rückhalt für die Union und Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU). „Natürlich bringt uns das auch Rückenwind für Berlin“, sagte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. Die Landtagswahl habe gezeigt, dass die CDU auch unter Laschet „regierungsfähig“ sei. In Umfragen hatte sich die CDU in Sachsen-Anhalt zeitweise ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der AfD geliefert.
Schwarz-rot-grüne Kenia Koalition könnte weiterregieren
Die schwarz-rot-grüne Kenia-Koalition unter Führung von Haseloff könnte nun weiterregieren. Durch die Stärke der CDU und die Rückkehr der FDP in den Landtag eröffnen sich aber auch neue Koalitionsoptionen. So wären auch eine sogenannte Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP möglich oder ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP. Haseloff wertete das Ergebnis auch als Zeichen gegen Rechts, ließ zunächst aber noch keine Präferenzen erkennen. Eine Koalition werde „nicht so einfach zu bilden sein“, sagte er am Abend. Man werde mit allen demokratischen Parteien sprechen.
Justizministerin Keding für "Deutschland-Koalition" aus CDU, SPD und FDP
Sachsen-Anhalts Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) hat sich für eine sogenannte Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP ausgesprochen. „Das ist jetzt für mich die natürliche Koalition“, sagte sie am Sonntag in Magdeburg. Bei einer Deutschland-Koalition sei die Schnittmenge am größten. Die „Kenia“-Koalition aus CDU, SPD und Grünen habe im Endergebnis gut zusammengearbeitet. „Die Schnittmenge mit der FDP in Sachsen-Anhalt halte ich für größer als die Schnittmenge mit den Grünen in Sachsen-Anhalt“, meinte Keding jedoch. Nun komme es auf die Verhandlungen an.
Grüne konnten nicht vom starken Bundestrend profitieren
Die Grünen, die im Osten traditionell schwächer sind, konnten nicht vom starken Bundestrend profitieren, sie erzielten nur 5,9 bis 6,0 Prozent. 2016 hatten sie es mit 5,2 Prozent nur knapp in den Landtag geschafft. Seither regierten sie mit CDU und SPD, lieferten sich aber vor allem mit der CDU immer wieder Auseinandersetzungen. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock räumte am Abend ein, dass man sich mehr erhofft habe. Viele Menschen hätten aber verhindern wollen, dass Rechtsextreme eine Regierung mitbestimmten, und deshalb die CDU unterstützt. Die Ausgangslage bei der Bundestagswahl sei eine komplett andere.
SPD rutscht auf historischen Tiefststand
Die SPD rutschte auf einen historischen Tiefststand, laut Hochrechnungen kam sie nur noch auf 8,0 bis 8,4 Prozent (2016: 10,6 Prozent). Damit setzt sich der Niedergang der SPD in den ostdeutschen Ländern fort. In Sachsen hatten die Sozialdemokraten 2019 mit 7,7 Prozent ihr schlechtestes Landtagswahlergebnis überhaupt eingefahren, in Thüringen kamen sie im selben Jahr auf nur noch auf 8,2 Prozent.
Parteichef Norbert Walter-Borjans führte das schlechte Ergebnis für die SPD auf eine starke Polarisierung zurück. Er machte zugleich deutlich, dass die SPD weiter als Regierungspartner bereitstehe. Man sei zur Beteiligung an einer demokratischen Regierung bereit, sagte er.
Die stellvertretende SPD-Bundes- und schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Serpil Midyatli hat das Ergebnis ihrer Partei bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt als nicht zufriedenstellend bewertet. Die CDU von Wahlsieger Reiner Haseloff habe von der Angst vor einer starken AfD profitiert und so viele Wähler der Mitte an sich gebunden. „Dass die AfD weit davon entfernt ist, stärkste Kraft zu sein, ist das beste Ergebnis des Abends“, konstatierte Midyatli.
Peter Tschentscher: Kein Kommentar zum Ergebnis der SPD
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat Sachsen-Anhalts Ministerpräsident zum Wahlausgang gratuliert. „Die CDU bleibt klar stärkste Kraft in Sachsen-Anhalt. Ich gratuliere Reiner Haseloff zu dem Ergebnis, wünsche viel Erfolg bei der Regierungsbildung und freue mich auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit“, schrieb der SPD-Politiker auf Twitter. Das erneut schlechte Abschneiden seiner Partei kommentierte Tschentscher nicht.
Größter Verlierer ist die Linke, die lange als Sachwalter ostdeutscher Interessen galt. Sie rutschte im Land auf 10,7 bis 11,0 Prozent ab, ihr schlechtestes Ergebnis seit der deutschen Einheit. Nach Ansicht von Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch hat die Linke auch deshalb Stimmen eingebüßt, weil Wähler mit einer Stimme für die CDU die AfD als stärkste Kraft verhindern wollten. Bartsch zeigte sich enttäuscht vom Einbruch seiner Partei. „Das ist zweifelsfrei eine Niederlage.“
Nach einer neuen Hochrechnung der ARD wäre in Sachsen-Anhalt auch eine Koalition nur zwischen CDU und SPD möglich. Nach Zahlen von 20 Uhr lag die CDU bei 36,6 Prozent, was im Landtag von Magdeburg 34 Mandate ergäbe. Die SPD käme auf 8,4 Prozent und acht Sitze im Parlament. Somit hätten beide Parteien dort eine hauchdünne Mehrheit von 42 Sitzen. Die Zahlen waren allerdings noch unsicher. Die AfD kam nach dieser Hochrechnung auf 22,0 Prozent (20 Mandate) die Linke auf 11,0 Prozent (10 Mandate) und die FDP auf 6,5 Prozent (6 Mandate). Für die Grünen wurden in diesem Zwischenstand 6,0 Prozent (5 Mandate) ermittelt. Bis zum vorläufigen amtlichen Endergebnis wurden aber noch Änderungen erwartet.
Der heute 67 Jahre alte Haseloff, der 2011 erst eine große Koalition und 2016 dann das Kenia-Bündnis geschmiedet hatte, hat eine Zusammenarbeit mit AfD und Linken kategorisch ausgeschlossen. Die politische Konkurrenz hatte im Wahlkampf aber immer wieder Zweifel geäußert, ob tatsächlich die gesamte CDU in Sachsen-Anhalt die strikte Abgrenzung gegenüber der AfD mitträgt. Aus den Reihen der CDU-Landtagsfraktion hatte es in den letzten Jahren immer wieder Forderungen gegeben, sich für eine Kooperation zu öffnen.
Die AfD muss leichte Verluste hinnehmen, bleibt aber zweitstärkste Kraft trotz einer ganzen Serie von Skandalen. 2018 musste Partei- und Fraktionschef André Poggenburg nach verbalen Ausfällen gehen. Fast der ganze Landesverband wird dem formal inzwischen aufgelösten „Flügel“ zugerechnet, ebenso wie die AfD in Brandenburg und Sachsen wird er vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet. In Thüringen hat sich ein solcher Verdacht bereits erhärtet.
Insgesamt waren 1,8 Millionen Menschen aufgerufen, über einen neuen Landtag abzustimmen. 2016 lag die Wahlbeteiligung bei 61,1 Prozent. Diesmal hatten coronabedingt viele schon vorher per Brief gewählt.
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