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Rundfunkbeitrag Wo Klotzen Programm ist

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten empfiehlt, den Rundfunkbeitrag 2025 um 58 Cent zu erhöhen. Das ist nicht viel, aber trotzdem nicht nötig, meint Silke Hellwig.
02.03.2024, 05:00 Uhr
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Wo Klotzen Programm ist
Von Silke Hellwig

Was sind schon 58 Cent im Monat? Für einen großen Teil der Bevölkerung ist ein solcher Betrag – die empfohlene Erhöhung des Rundfunkbeitrags – keine weitere Erwähnung wert. Das Plus ist maßvoll, das muss man der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten lassen. Allerdings gibt es auch Bürger, die haarscharf über der Befreiungsgrenze liegen. Für sie ist jede Preiserhöhung ein Problem, zumal in der Summe, überall steigen die Preise.

Im Fall der Öffentlich-Rechtlichen geht es nicht um die Beitragshöhe von 2025 an, es geht ums Prinzip. Der Landesvorsitzende des Wirtschaftsrates Bremen, Jörg Müller-Arnecke, formuliert es so: "Selbst eine Erhöhung um nur 58 Cent bedeutet letztendlich noch mehr Geld, das die Beitragszahler in ein reformunwilliges System pumpen sollen.“

Deutschlands öffentlich-rechtlicher Rundfunk (ÖRR) ist weltweit einzigartig, nämlich einzigartig komfortabel ausgestattet. Er verfügte 2023 laut dem Kölner Institut für Medienpolitik erstmals über mehr als zehn Milliarden Euro. 85 Prozent stammen aus Rundfunkgebühren, obendrein verdienen die Öffentlich-Rechtlichen mit Werbung, Sponsoring und Lizenzverkauf.

Die Zeiten, in denen Beitragserhöhungen kaum breit diskutiert wurden, sind allerdings vorbei, vermutlich endgültig. Der Fall Patricia Schlesinger, ehemalige Intendantin des RBB, die mit dem Geld der Beitragszahler offenbar besonders großzügig umgegangen ist, hat dazu beigetragen. Aber er war nur der Höhepunkt einer Entwicklung, die mehr und mehr Bürger kaum nachvollziehen können und nicht finanzieren wollen.

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Sie beginnt bei Doppelstrukturen und mordsmäßigem Aufwand für Übertragungen, nicht etwa nur bei royalen Hochzeiten. Die "Welt" wiederholte 2022 eine Bemerkung des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz beim Bundesparteitag in Hannover. "Ein besonderer Gruß gehe ,an die stolze Zahl von 58 Redakteurinnen und Redakteuren des öffentlich-rechtlichen Rundfunks'." Die Sender- und Programmlandschaft wuchert weiter, in den sozialen Netzwerken, das Programm wurde im Laufe der Zeit RTL-isiert, in Form von Boulevard-Magazinen und Telenovelas, Netflix will der ÖRR aber auch Konkurrenz machen.

Seichte Unterhaltung oder reißerische Dokumentation überlässt man nicht etwa den Privaten, um sich auf seriöse Information und den Bildungsauftrag zu konzentrieren (wo sich ARD und ZDF zweifellos Lorbeeren verdient haben), die sogenannte textgetriebene Berichterstattung nicht den Verlagen. Der ÖRR tummelt sich überall, und wo er ist, da wird eher geklotzt als gekleckert (siehe CDU-Parteitag). Warum? Weil er es kann – finanziell und personell (der ÖRR bezahlt ausgesprochen gut). Ein Veröffentlichungsplatz findet sich gewiss, in den digitalen Kanälen, die weiter ausgebaut werden sollen, in den rund 20 TV-Stationen und mehr als 70 Radiowellen. Die "Süddeutsche Zeitung" brachte es auf den Punkt: "Die Öffentlich-Rechtlichen haben genug Geld. Sie geben es nur falsch aus."

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Patricia Schlesinger stürzte den ÖRR in eine Krise, die sich im Nachhinein für ihn selbst als weniger tief herauszustellen scheint als angenommen. Der RBB, die ARD schienen um Aufklärung bemüht, große Reformen wurden versprochen. Juristisch ist der Fall noch nicht ausgestanden, aber Übergangsnachfolgerin Katrin Vernau erhielt für ihre Zweitwohnung in Berlin einen monatlichen Mietzuschuss in Höhe von 1000 Euro – bei einem Jahresgehalt von 297.000 Euro, wie unter anderem der "Tagesspiegel" berichtete. Wie kann das sein? Das kann sein, wenn im Laufe der Jahre Maß und Mitte verloren gehen. 

Es sieht alles danach aus, als ob der ÖRR auf den Boden zurückgeholt wird. Die Unterstützung schwindet, in der Bevölkerung, in der Politik. Sachsen-Anhalt widersetzte sich der jüngsten Beitragserhöhung, wenngleich erfolglos. Weitere Ministerpräsidenten, darunter Stephan Weil, haben angekündigt, dass sie dieses Mal ebenfalls nicht zustimmen werden. Bayerns Landesvater Markus Söder hat den politischen Aschermittwoch der CSU genutzt, um – verbrämt als Satire – deutlich zu werden: Die Abschaffung von Radio Bremen biete Einsparpotenzial, die von ganz Bremen noch mehr. Schon allein im Interesse Bremen wäre es also besser, der ÖRR stiege selbst vom hohen Ross. Darauf deutet bislang wenig hin, im Grunde nichts.

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