Wandern, das steht für Sportlichkeit, Naturerlebnis, Entdeckungsfreude. Und wer wandert, der ist fit und hat Kondition. Klar, dass bei solchen Assoziationen auch Politiker zum wandernden Volk gehören wollen. Vor allem Bundespräsident Karl Carstens liebte diese Art der Imagepflege. Rund 1000 Kilometer legte er bei seinem langen Marsch durch die Republik zurück – und gewann mächtig an Popularität.
Bis heute treten Politiker gern in Carstens’ Fußstapfen. Besonders emsig waren in diesem Sommer Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Niedersachsens Landesvater Stephan Weil unterwegs, beide ließen sich dabei nur allzu bereitwillig fotografieren. Doch das scheinbar Private ist durchaus auch eine politische Geste. Nicht ganz zufällig wollen beide 2022 wiedergewählt werden. Und bei der Bundestagswahl ist für Steinmeier ein gutes Abschneiden der SPD existenziell, um im Amt bleiben zu können. Bei Weil wäre es eine Steilvorlage für die Landtagswahl.
Gerne geht auch Olaf Scholz auf Wanderschaft – nicht erst, seitdem er Kanzlerkandidat der SPD ist. Doch aktuelle Fotos vom wandernden Vizekanzler sind rar. Vielleicht liegt das daran, dass solche Aufnahmen auch „in der Ruhe liegt die Kraft“ symbolisieren könnten. Und damit hat Scholz nun wirklich kein Problem. Dann lieber Bilder mit einem gewissen „Wumms-Effekt“. Vielleicht den segelnden Hanseaten, der bei starkem Sturm das Steuerrad herumreißt?
Grünen-Chef Robert Habeck liebt Wattwandern. Vergangene Woche ging er aber zusammen mit Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ins Moor. Dort stellten sie das „Klima-Sofortprogramm“ der Ökopartei vor. Das Duo posierte für die Kameras, verträumt gen Himmel blickend. Dennoch dumm gelaufen: Von der früheren Harmonie der beiden war nichts mehr zu spüren.
Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet indes hat es mit dem Wandern nicht so. Mag sein, dass ihn das Wort nervös macht: In den Umfragen wandern potenzielle CDU/CSU-Wähler zunehmend in Richtung SPD und Grüne ab.