Munter ist in den vergangenen Tagen spekuliert worden, wie weit die Kanzlerin und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten am Dienstag gehen werden. Dass die Abstimmung zwischen Bund und Ländern vorgezogen wurde, sollte schon was heißen: Es ist dringend, wenn nicht dramatisch. Die Sorgen wüchsen eher als sie schrumpften, hieß es, weil sich die Lage nicht umfassend erholt, weil sich Virus-Mutationen verbreiten. Von einem rigorosen Lockdown war die Rede, von der Schließung von Baustellen, Firmen, Schulen, Kitas, von Ausgangssperren. Die Kanzlerin rechne „mit großen Härten“ bis Ostern.
Vor diesem Hintergrund ist das Ergebnis eher dünn: Der Lockdown wird – wenig überraschend – erneut verlängert. Im Nahverkehr und im Handel müssen nicht etwa FFP2-, sondern nur medizinische Masken getragen werden. Eine recht weiche Formulierung zum Homeoffice wurde verabschiedet. Bei den Schulen wurde ein Mittelweg gewählt. Durchgreifen sieht anders aus.
Sicher, die Situation ist kompliziert: Im Osten sieht es anders aus als im Westen, im Norden anders als im Süden. Jeglichen Beschränkungen, das gilt besonders für drakonische Maßnahmen wie Ausgangssperren, stehen verfassungsrechtliche Bedenken entgegen. Die Bürger dürfen nicht überfordert werden. Es gibt kein Patentrezept für eine Corona-Strategie, die viel bringt, aber wenig verlangt.
In der Corona-Politik geht es jedoch auch um Stimmungen, um Signale. Es geht darum, keinen Zweifel daran zu lassen, dass die Bundes- und die Landesregierungen angemessen und entschlossen auf die aktuelle Lage zu reagieren imstande sind. Doch diese Bund-Länder-Runde zeugt von Halbherzigkeit, Angst vor der eigenen Courage, föderaler Dickköpfigkeit.
Es gibt wohl niemanden, der nicht hofft, dass die Beschlüsse zu einer Wende in der Corona-Entwicklung führen. Was wenn (wieder) nicht? Je häufiger die Ergebnisse von Krisensitzungen mit großem Bohei im Vorfeld so lau ausfallen, desto schwerer wird es werden, der Bevölkerung den Ernst der Lage zu vermitteln. Wer einmal kneift, dem glaubt man nicht – und es war nicht das erste Mal.