Der Koalitionsvertrag geht Vertretern aus Niedersachsen beim Breibandausbau nicht weit genug. Die Pläne von CDU, CSU und SPD, in den Ausbau der Infrastruktur für leistungsfähiges Internet massiv zu investieren, enthielten demnach Ungenauigkeiten. Besonders ein Satz im Papier stört die Kritiker: „Unser Ziel lautet: Glasfaser in jeder Region und jeder Gemeinde, möglichst direkt bis zum Haus.“
Die Einschränkung hält Stefan Muhle, Staatssekretär im niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, für nicht richtig – gerade für das Flächenland Niedersachsen. „Wir müssen nicht ‚möglichst‘ mit der Glasfaser direkt bis zu den Häusern, sondern definitiv.“ Der Oldenburger Telekommunikationsanbieter EWE sieht hier ebenfalls einen Knackpunkt im Koalitionspapier.
„Die Regierungsparteien bleiben bei einer schwammigen Beschreibung eines Glasfaserausbaus. Aber nur Glasfaser bis in die Häuser ist zukunftssicher und führt uns in die Gigabitgesellschaft“, sagt dazu ein Sprecher. Hier wünscht sich die EWE ein eindeutigeres Bekenntnis. Förderung sollte es nur für entsprechende Ausbaupläne geben.
Wenn die Leitung nicht bis ins Haus führe, hätten Betriebe und Familien auf dem Land nichts von der Glasfasertechnologie, sagt Muhle. Zwischen Stadt und Land dürfe es aber keine Unterschiede in der Glasfaserversorgung geben. Wer sage, dass die „letzte Milchkanne“ nicht angeschlossen werden könne, habe die Ausmaße des Themas nicht erfasst.
Gigabitnetze für besonders schnelles Internet bis 2025 schaffen zu wollen, sei eine wichtige politische Zielsetzung. „Ich würde mir den Koalitionsvertrag im Bereich des Breitbandausbaus und der Digitalisierung allerdings mutiger und verbindlicher wünschen.“ Gerade Niedersachsen brauche die finanzielle Unterstützung für den Ausbau der Glasfaserinfrastruktur dringend, betont Muhle.
„Wir haben in der Breitband- und Mobilfunkinfrastruktur zu viele Versorgungslücken. Gerade in der Fläche. Die müssen wir zügig schließen. Ohne die nötige Infrastruktur laufen digitale Prozesse nicht oder nicht störungsfrei.“ Die Koalition von SPD und CDU in Niedersachsen will die Digitalisierung vorantreiben und dazu eine Milliarde Euro investieren.
Plädoyer für Vereinfachung der Anträge
Pläne für Niedersachsen und Bremen haben zudem EWE und Telekom. Gemeinsam wollen sie den Nordwesten mit Glasfaserhausanschlüssen ausstatten. Derzeit sind nach Angaben der EWE in Niedersachsen in der Regel flächendeckend bis zu 16 Megabit pro Sekunde vorhanden, in sehr vielen Orten auch bis zu 50 oder 100 Megabit pro Sekunde.
Es gebe aber Bereiche, in denen nur eine niedrigere Bandbreite verfügbar sei: „Diese Bereiche sind für Telekommunikationsunternehmen oft nicht wirtschaftlich erschließbar.“ Fördermaßnahmen seien darum wichtig. Peer Beyersdorff plädiert dafür, dass die Anträge vereinfacht werden. „Die Förderprogramme waren bisher viel zu bürokratisch. Darum hat sich der Ausbau verzögert“, sagt der Geschäftsführer des Breitband-Kompetenzzentrums Niedersachsen.
In der vergangenen Legislaturperiode habe sich die Groko einfach zu spät auf den Weg gemacht. Probleme gebe es überall im ländlichen Raum, nicht nur in Niedersachsen, doch weiße Flecken sogar in Städten. Ob die Gigabitnetze bis 2025 kommen? Da bleibe noch viel zu tun, so Beyersdorff.
In Bremen ist eine Markterkundung gerade abgeschlossen. „Wir haben grundsätzlich eine außerordentlich gute Verfügbarkeit von Breitbandverbindungen“, sagt Tim Cordßen, Sprecher des Bremer Wirtschaftsressorts. Der Breitbandatlas bestätigt das: Fast alle Haushalte, genau 93,6 Prozent, könnten theoretisch mit einer Geschwindigkeit von mindestes 50 Megabit pro Sekunde im Netz unterwegs sein. In Hamburg sind es 96,5 Prozent. Doch ein Problem sind die letzten Meter vom Verteilerkasten bis in die Häuser. Dieser Abschnitt, auf dem häufig Kupfer liegt, bremst die Geschwindigkeit.
Cordßen begrüßt, dass die Notwendigkeit eines flächendeckenden Breitbandausbaus erkannt worden sei. Zehn bis zwölf Milliarden Euro sollen laut Koalitionspapier dafür ausgegeben werden. Friedhelm Behrens, Sprecher der Bremer SWB, sieht Chancen für neue Geschäftsmodelle, wenn die Infrastruktur ausgebaut ist – auch im Energiesektor. In Bremen könne ein gemeinsamer Masterplan zum Breitbandausbau von Politik und Wirtschaft hilfreich sein.