Herr Schüler, die Digitalisierung und der Ausbau der Breitbandnetze werden heftig diskutiert, weil Deutschland angeblich anderen Ländern hinterherhinkt. Eine notwendige Debatte?
Lutz Schüler: Ich finde, wir sind in Deutschland zu negativ und pessimistisch, was die Digitalisierung angeht. Sowohl in der Politik als auch in der Branche nörgeln einige gerne. Ich schlage vor, zu machen statt darüber nur zu reden.
Was macht denn Unitymedia?
Wir decken heute 75 Prozent der Bevölkerung in NRW, Hessen und Baden-Württemberg mit schnellem Internet mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 400 Megabit pro Sekunde ab. Im zweiten Quartal werden wir Bochum als erste Stadt in Deutschland mit 1000 Megabit, also einem Gigabit, versorgen. In den nächsten Jahren werden über die Kabelnetze 70 Prozent der Bevölkerung in Deutschland mit Gigabit-Speed versorgt. Wir werden es tun. Und die Konkurrenten müssen in ihre Netze investieren, wenn sie den Anschluss im Rennen um die Kunden nicht verlieren wollen.
Und was passiert mit den unversorgten 30 Prozent?
Wir als Unitymedia haben allein in den vergangenen 30 Monaten 500.000 Haushalte in den drei Bundesländern neu an unser Netz angeschlossen. Wir haben ausgebaut. Ein anderes Beispiel: Ich lebe in einem Dorf in Oberbayern. Bislang gab es Internetanschlüsse mit zwei Megabit. Jetzt baut die Firma Deutsche Glasfaser dort ein Glasfasernetz. Das heißt, auch in ländlichen Gebieten entsteht Wettbewerb. Nur ein ganz, ganz kleiner Teil von Deutschland wird nicht erschlossen. Dort kann man den Ausbau der Netze gerne subventionieren.
Wird da unnötig dramatisiert und hochgespielt?
Genau das ist mein Eindruck. Vielleicht ist nicht jeder Konkurrent in der Lage, so wie wir 25 Prozent seines Umsatzes in Netze investieren zu können. Man sollte aber zunächst auf Wettbewerb bauen.
Unitymedia hat aber auch den Vorteil, zu Liberty Global, einem der größten Kabelnetzbereiter weltweit zu gehören, der über eine enorme Finanzkraft verfügt.
Wir wie zahlreiche andere Tochterunternehmen von Liberty Global haben über Jahre massiv investiert, um Millionen von Haushalten in Europa fit für Gigabit-Internet zu machen. Unsere Wettbewerber, die meist größer und finanzstärker sind, haben das nicht in dem Umfang gemacht.
Brauchen wir überhaupt Gigabit-Anschlüsse?
Wenn niemand Speed braucht, dann hätten wir die vergangenen sieben Jahre alles falsch gemacht. Wir sind aber seit 13 Quartalen der am schnellsten wachsende Breitbandanbieter in Deutschland, weil wir vor allem Hochgeschwindigkeit anbieten. Deshalb kommen Kunden zu uns.
Raten Sie also Ihren Konkurrenten, die extrem teuren Glasfaserleitungen bis in die Gebäude zu legen, weil damit hohe Übertragungsgeschwindigkeiten möglich sind?
Alle reden jetzt nur noch über Glasfaser. Das erinnert mich sehr stark an den Transrapid – mit seiner überlegenen, aber sehr teuren Technik. Zum Glück hat die Deutsche Bahn auf die gute alte Schiene und den ICE gesetzt. Natürlich brauchen wir Glasfaserleitungen. Auch die Kabelanbieter arbeiten mit Glasfaser. Aber bei uns liegt auf dem letzten Stück zum Haushalt ein sogenanntes Koaxialkabel, mit dem wir aber trotzdem Gigabit-Highspeed realisieren können. Auf den richtigen Technologiemix kommt es an. Die Groko plant ein Recht auf schnelles Internet. Das finde ich gut. Dies erst im Jahr 2025 zu erreichen, halte ich indes für etwas unambitioniert. Ich glaube, die Kabelnetzbetreiber können es schneller machen. Und sie werden die anderen Anbieter damit herausfordern.
Wir brauchen die zehn bis zwölf Milliarden Euro an Subventionen also gar nicht?
Es besteht die Gefahr, dass private Investitionen in Netze durch konkurrierende Projekte mit staatlichen Subventionen verhindert oder sogar entwertet werden. Das wäre das Schlimmste, was passieren kann. Hier müssen wir höllisch aufpassen. Das Geld können wir anderswo besser gebrauchen.
Auch Unitymedia könnte dabei zu den Opfern gehören. Was empfehlen Sie dem künftigen Infrastrukturminister?
Absolut weiter auf privaten Wettbewerb setzen. Denn wir werden nur dann weiter investieren, solange es dafür die richtigen Rahmenbedingungen gibt.