Das Ende einer Illusion: Afghanistan sollte ein politisches, wirtschaftliches und gesellschaftliches „Leuchtturm-Projekt“ werden, das auf Nachbarstaaten wie Pakistan hätte ausstrahlen können. Was nach den Terrorangriffen vom 11. September 2001 als Nato-Solidaritätsaktion mit den USA begann, steht nach 19 Jahren vor dem Aus. Donald Trump will einen Großteil der US-Truppen abziehen. Für die Bundeswehr könnte dies weitreichende Folgen haben.
Dabei ist die umstrittene Äußerung des verstorbenen Verteidigungsministers Peter Struck immer noch gültig: „Die Sicherheit Deutschlands wird heute auch am Hindukusch verteidigt.“ Doch die Nato pflegt ihr eigenes Mantra: „Gemeinsam rein, gemeinsam raus.“ Das ist politischer Wille, könnte für die Bundeswehr aber auch militärische Notwendigkeit werden. Denn ohne die Unterstützung der USA bei Logistik, Aufklärung und Luftunterstützung ist nicht mehr viel zu holen – oder die Deutschen würden einen hohen Blutzoll riskieren.
Der Einsatz gegen die Taliban und anderen islamistischen Milizen sollte für die Bundeswehr kein langwieriger Kampfeinsatz sein, sondern nur eine ein- bis zweijährige Intervention zur Stabilisierung des Landes. Doch es kam anders: 59 Soldaten sind am Hindukusch gestorben. Die Zeit der Kampfeinsätze ist für die Bundeswehr überwiegend vorbei. Seit 2015 beteiligt sie sich maßgeblich an der Mission „Resolute Support“. 1200 Soldatinnen und Soldaten sollen die afghanischen Sicherheitskräfte ausbilden und unterstützen. Ein Programm mit mäßigem Erfolg. Die einheimische Armee hat einen miserablen Ruf, sie ist den religiös motivierten islamistischen Milizen deutlich unterlegen.
Von den Taliban überrollt
War alles umsonst? Nein. Ohne ausländische Militärhilfe wäre Afghanistan bereits 2006 oder 2007 von den Taliban überrollt worden. Welche Folgen das für die Menschen gehabt hätte, dafür braucht es nicht viel Fantasie: Willkürherrschaft, Entrechtung der Frauen, Schulverbot für Mädchen.
Was kann Deutschland aus der Mission lernen? Die Invasion zum Jahresende 2001 war exzellent vorbereitet. Aber für die Zeit danach und für eine Beendigung des Konflikts war niemals ein Plan erkennbar. Was aber das Wichtigste ist: Fremde Einsatzkräfte müssen die Herzen der Menschen gewinnen. Das ist der Bundeswehr gelungen. Die US-Soldaten hingegen ließen es an Fingerspitzengefühl missen. Sollten die USA nun ihre Truppen abziehen, wäre das ein gefährliches Geschenk an die Taliban. Es droht die Neuauflage eines Terror-Kalifats.